Erfahren Sie in den aktuellen Updates die Neuigkeiten aus der Pharma & Healthcare Branche. Die Konferenzmanager*innen des Fachbereichs Pharma & Healthcare waren auf einigen Weiterbildungsveranstaltungen vor Ort und haben für Sie wichtige Informationen kompakt zusammengefasst. Profitieren Sie von den quartalsweisen Meldungen aus erster Hand.
Sie beziehen noch keinen Newsletter aus dem Bereich Pharma & Healthcare?
Dr. Henriette Wolf-Klein
Head of Department Pharma & Healthcare
+49 6221 500-680
h.wolf-klein@forum-institut.de
Das Seminar „Beratung vor Marktzugang: Zulassungsbehörde, HTA-Agentur, EU-HTA-Verfahren“ fand am 12. Dezember 2024 online statt und wurde von Expert*innen mit regulatorischem und HTA-Background gestaltet.
Dr. Stefan Blesse, Granzer Regulatory Consulting & Services, beleuchtete die wissenschaftliche Beratung durch die Zulassungsbehörden und stellte hier eine SWOT-Analyse zur Auswahl der notwendigen nationalen Behörden vor. Wichtige Faktoren neben dem „Commercial Weight“ des Landes sind u.a. behördliche Erfahrungen in der betreffenden Indikation sowie die medizinische Praxis in diesem Land.
Dr. Stefan Blesse machte aber auch deutlich, dass bereits beim TPP (Target Product Profile) HTA-Anforderungen mit berücksichtigt werden müssen. Dies kann bei den sekundären Endpunkten der klinischen Entwicklung geschehen. Der HTA-Aspekt ist insb. Investoren wichtig.
Insgesamt hob er, aber auch alle Co-Referierenden, hervor, dass man zu jeder behördlichen Beratung gut vorbereitet gehen sollte. Dazu gehört ein eigener Ansatz zur Beantwortung der Fragen, d.h. eine eigene Position, die mit den Behörden dann diskutiert werden kann. Aus diesem Grund steht er allgemeinen Portfoliomeetings eher skeptisch gegenüber.
Dr. Peggy Beinlich berichtete nachfolgend aus dem Alltag wissenschaftlicher Beratungsgespräche. Sie empfahl eine sorgfältige Auswahl der Fragestellungen, um Meetings nicht in die Länge zu ziehen und wenn möglich den Fokus auf einen Bereich (z.B. CMC oder klinische Entwicklung) zu legen. Wenn unterschiedliche Fachexpert*innen benötigt werden, kann dies zu einer längeren Vorlaufzeit bis zum Meeting führen. Aktuell sind im regulatorischen Bereich der überwiegende Teil der Meetings online, beim G-BA sogar zu 100%.
Dr. Thomas Ecker, Ecker + Ecker informierte über seine Erfahrungen aus dem EMA-HTA Body Scientific Advice und erläuterte, in welcher Form in Zukunft Beratungsgespräche im Rahmen des EU-HTA ablaufen könnten. Bei der künftigen JSC (Joint Scientific Consultation) werden maximal 10 Fragen zulässig sein, die keine rein nationalen Themen adressieren dürfen. Angeboten wird eine reine Frühberatung vor der pivotalen Studienphase, keine Presubmission-Meetings. Dabei wird es nur ein ganz begrenztes Beratungskontingent (5-7 in 2025) geben. Zur Auswahl der Beratungen wurden daher Selektionskriterien transparent gemacht.
Dr. Daniel Ritter, G-BA ging näher auf die Beratungsmöglichkeiten des G-BA ein. Dabei wurde im Gespräch deutlich, dass eine solch umfassende Beratungsoption nur in wenigen Ländern Europas zu finden ist. Hervorzuheben ist hier u.a. das Assessment Scope Explanation Meeting, eine Beratung vor Dossiereinreichung.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 9. Dezember 2024 fand zum ersten Mal das neu konzipierte Seminar „Patientenrekrutierung in klinischen Prüfungen - Neue Wege durch Patient Engagement, Social Media, KI & Co.“ statt. Hierfür ließen Jessica Cordes (Senior Consultant & Trainer, Clinical Excellence GmbH), Jan Paus LL.M., LL.M. (Leiter der Geschäftsstelle der Ethik-Kommission der Ärztekammer Westfalen-Lippe) und Dr. Tobias Kruse (CEO, Trials24 GmbH) die Teilnehmenden an ihrer Expertise und ihren jeweils eigenen Blickwinkeln und Erfahrungen mit dem Thema teilhaben.
Die Patient*innenrekrutierung stellt eine der größten Herausforderungen in klinischen Studien dar. Sie ist entscheidend für den Erfolg einer Studie, da eine unzureichende Anzahl an Teilnehmenden zu verzerrten Ergebnissen, kostspieligen Verzögerungen oder gar zum Abbruch der Studie führen kann. Die Rahmenbedingungen bildeten den Auftakt des Seminars. Hier wurden die Bedeutung der Patient*innenrekrutierung für die gesamte Studie unterstrichen sowie die rechtlichen Grundlagen, insbesondere der Datenschutz und die Anforderungen der Ethikkommissionen, erläutert. Ein hilfreiches Dokument, welches die Referierenden hier teilten, sind die Empfehlungen für Rekrutierungsmaßnahmen des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (https://www.akek.de/wp-content/uploads/RichtlinienfuerRekrutierungsanzeigenVersion10112012.pdf), welches die übergeordneten Vorgaben aus EU CTR 536/2014 bzw. dem Arzneimittelgesetz in praktische Anhaltspunkte zusammenfasst.
Herr Paus LL.M., LL.M. gab daraufhin weitere Einblicke, wo und warum die Ethikkommissionen bei der Patient*innenrekrutierung genauer hinsehen. Neben Regulatorik, Methodik oder Qualifikation von allen Ansprechpartnern betrifft dies insbesondere den Schutz der Autonomie von Proband*innen bzw. Patient*innen sowie eine faire Verteilung von Risiko, Belastung und Nutzen. Ebenso wurden Themen wie eine angemessene Vergütung für Teilnehmende und Prüfer besprochen, sowie Checklisten und Vorlagen, die bei der Beurteilung durch die Ethikkommissionen von Nutzen sind.
Im Weiteren ging es dann um die klassische Site-Feasibility - nach wie vor ein unverzichtbares Tool für die Planung einer Studie. Jedoch ändert sich auch hier mehr und mehr die konkrete Durchführung durch z.B. den Einsatz digitaler Tools und den Aufbau von Datenbanken. Mit Start der Rekrutierungsphase tauchen dann zumeist neue Herausforderungen auf, welche Jessica Cordes darlegte. Es wurde deutlich, dass eine Vielzahl von Faktoren die Rekrutierung beeinflussen können, u. a. die Motivation des Studienteams, die Komplexität der Studie oder die Verfügbarkeit geeigneter Patient*innen. Es wurden verschiedene Strategien zur Optimierung der Rekrutierung vorgestellt, wie z. B. die Anpassung von Einschlusskriterien, vorgeschaltete Pre-Screenings oder die erneute Schulung des Studienteams durch z. B. praktische Übungen und Simulationen. Auch eine Auslagerung bestimmter Tätigkeiten an externe Dienstleister, wie die Beauftragung von Flying Study Nurses, kann eine lohnende Investition sein. Ebenso wurde hier die Zusammenarbeit mit Patient*innenvereinigungen und -netzwerken betont, welche immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Der Schwerpunkt des Seminars verlagerte sich am Nachmittag mit Dr. Tobias Kruse auf die Online-Welt der Patient*innenrekrutierung. Nach einem kurzen Crashkurs in die Welt des Online-Marketings mit Pay-Per-Click Advertising, Copywriting Grundsätzen und den verschiedenen Plattformen inkl. ihrer Policy-Vorgaben ging es dann um die spezifische Anwendung in klinischen Studien. Die Online-Rekrutierung wurde als vielversprechende Alternative zur traditionellen Rekrutierung vorgestellt, z. B. in Sachen des Vorteils einer größeren Reichweite und einer schnelleren Rekrutierung. Es wurden konkrete Handlungsempfehlungen mitgegeben, was die Herausforderungen beim Datenschutz und der Genehmigung durch die Ethikkommissionen angeht; zudem wurden Patient Reported Feasibility Studien als patient*innenzentrierte Ergänzung zur klassischen Feasibility-Studie präsentiert, da diese eine frühzeitige Einbindung der Patient*innen in die Studienplanung ermöglichen.
Abschließend wurden mittels Case Studies die praktische Umsetzung der Online-Rekrutierung in verschiedenen Studien demonstriert. Dabei wurden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Online-Kanäle diskutiert und man konnte anhand konkreter Zahlen ein Eindruck gewinnen, welche Budgets realistisch und welche Ergebnisse möglich sind. Ebenso wurden erste Ergebnisse beim Einsatz von KI-generierten Übersetzungen bzw. Video-Avataren besprochen – ein Feld, dass sich sicherlich in der Zukunft weiterentwickeln wird und sich bei bedachtsamem Einsatz als große Hilfe erweisen kann.
Autorin
Dr. Verena Klüver
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
v.kluever@forum-institut.de
Am 4. Dezember 2024 fand eine Sendung des Online Pharma FORUMs zum Thema eSubmission mit Herrn Karl-Heinz Loebel, PharmaLex GmbH statt. Herr Loebel adressierte die Neuerungen in den Bereichen eCTD, PLM, Verfahrensmanagement in IRIS, European Shortages Monitoring Platform (ESMP), ePI und das EMA IRIS Daterverse.
eCTD 4.0 kommt in 2025 optional für CAPs in der EU zur Nutzung, in den USA und in Japan ist es bereits im Einsatz. Für 2026 ist eine optionale Nutzung auch für Produkte im MRP/DCP oder in nationalen Verfahren vorgesehen. Ein wichtiger Aspekt des eCTD 4.0-Formats ist die Tatsache, dass der Review ohne ein Review-Tool (also im Webbrowser) nicht mehr möglich sein wird.
Beim Thema IDMP/SPOR zeigte sich, dass die SPOR-Datenbank im Regulatory Affairs-Alltag angekommen ist. Die Daten aus den Teildatenbanken für Substanzen, Referentials und Organisations werden bereits umfänglich genutzt, im großen Bereich der Produktdaten (PMS) beschränkt sich der Datenbestand aber im Wesentlichen auf die aus der XEVMPD-Datenbank importierten Angaben, die erst nach und nach erweitert werden müssen.
Das PLM (Product Lifecycle Management Portal) ist mittlerweile auch im operativen Betrieb angekommen und kann in zunehmendem Umfang zur eApplication Form (eAF) Erstellung genutzt werden. Es sollte in 2025 für die Erstellung von Variation Application Forms für alle Produkte verwendet werden, was für das Portal eine hohe Auslastung bringen wird. Das PLM Portal kann zudem für die Einsichtnahme in die PMS-Daten und die bisher erstellten elektronischen Produktinformationstexte (ePI) genutzt werden.
Bei den Erläuterungen zur europäischen Shortages Monitoring Platform (ESMP) wurde deutlich, dass die Industrie erweiterte Angaben zu den Packungsgrößen ihrer Produkte (im Moment noch ein Freitextfeld in XEVMPD) und zu den an der Produktherstellung beteiligten Herstellern im PMS ergänzen muss, um den Behörden ein umfangreiches Lieferengpassmonitoring zu ermöglichen.
Am Ende der Sendung wurde das Fazit gezogen, dass schon einiges in Puncto Digitalisierung erreicht wurde, aber insbesondere im Bereich der zu erfassenden und zu pflegenden PMS-Informationen noch großer Handlungsbedarf besteht.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 28. November fand das Seminar „Variations für Praktiker“ statt. Das Seminar bot den Teilnehmenden einen umfassenden Einblick in die aktuellen EU-Regularien sowie die neuen Anforderungen der Variation Regulation, die ab dem 1. Januar 2025 gelten. Unter der Leitung von Susanne Winterscheid, Dr. Peter Bachmann und Dr. Hans Rensland wurden zentrale Aspekte des Variationsmanagements praxisnah vermittelt.
Die Teilnehmenden erhielten von Frau Winterscheid und Herrn Dr. Bachmann eine detaillierte Einführung in die rechtlichen Grundlagen. Sie erfuhren, warum Variations notwendig sind und welche Alternativen bestehen. In einem anschaulichen Vortrag wurden die verschiedenen Typen (IA, IB, II) von Variations erläutert. Vorträge zu Grouping und Worksharing gaben wertvolle Einblicke in die Vorteile gemeinsamer Einreichungen und die effektive Nutzung harmonisierter Verfahren.
Ein besonderes Interesse lag darauf, was sich ab dem 1. Januar 2025 mit der Regulation (EC) No. 1701/2024 ändern wird. Herr Dr. Bachmann betonte, dass es sich nicht um eine ganz neue Regulation handelt, sondern dass es nur eine Ergänzung (ein „Amendment“) der Regulation (EC) 1234/2008 ist. Ziel der neuen Regulation ist es, die Verfahren für Zulassungsinhaber und Behörden weiter zu vereinfachen.
Frau Winterscheid erläuterte, dass eine wesentliche Änderung sein wird, dass alle Typ IA Variations eines Jahreszeitraumes verpflichtend in das „Annual Update“ gruppiert werden müssen. Ausnahme sind Typ IAIN Variations („immediate notifications“) und Supergroupings oder Höhergruppierungen. Das Annual Update muss 12 Monate nach der ersten Implementierung einer Typ IA Variation eingereicht werden und die Einreichung des jährlichen Updates ist frühestens 9 Monate nach der ersten Implementierung möglich.
Außerdem wird das Supergrouping es Zulassungsinhabern ermöglichen mehrere gleichartige oder verschiedene geringfügige Änderungen des Typs IA, die gleichzeitig für mehrere ihrer Arzneimittelzulassungen gelten, in einer einzigen Mitteilung zusammenzufassen. Diese Mitteilung muss gleichzeitig an die Referenzbehörde und alle betroffenen Behörden erfolgen.
Herr Dr. Rensland beleuchtete im Folgenden die Planung und Umsetzung von Änderungen auf internationaler Ebene, inklusive Fristenmanagement und der Koordination zwischen verschiedenen Abteilungen im Unternehmen. In interaktiven Workshops konnten die Teilnehmenden anhand klassischer Beispiele ihr Wissen vertiefen und den Umgang mit Antragsformularen üben.
Das Seminar bot eine gelungene Mischung aus fachlichen Vorträgen, praktischen Übungen und regem Austausch zwischen den Teilnehmenden und den Referierenden; es endete mit einem positiven Fazit: Die Teilnehmenden fühlten sich bestens vorbereitet, um zukünftige Herausforderungen im Variationsmanagement erfolgreich zu meistern.
Autorin
Dr. Rebekka Bitsch
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
r.bitsch@forum-institut.de
Am 19. November 2024 fand eine Online Pharma FORUM-Sendung mit Dr. Peter Bachmann statt. Im Fokus stand die EU Pharmaceutical legislation, im Laufe der Sendung wurden jedoch ebenfalls ePI und Variation Regulation adressiert – ein regulatorischer Rundumschlag gewissermaßen.
Es wurde schnell deutlich, dass das Inkrafttreten der EU Pharmaceutical Legislation trotz der bereits erfolgten Kommentierung durch das EU-Parlament im April diesen Jahres noch dauern wird.
Einige zentrale Ansätze in den Vorschlägen der EU-Kommission wurden durch das EU-Parlament geändert, so z.B. die Data Exclusivity von 6 + 2+ 0,5+0,5 (= max. 9 Jahre) hin zu 7,5 + 0,5/1 (= max. 8,5 Jahre) zuzüglich 2 Jahren Market Protection und 1 Jahr bei zusätzlicher Indikation… Das wichtige Anliegen der Kommission, über die data exclusivity Anreize zu setzen für eine Arzneimittelverfügbarkeit in ganz Europa, ist hier nicht mehr zu finden.
Mit der EU Pharmaceutical Legisation wird es eine deutliche Reduzierung der human Committees auf zwei (CHMP und PRAC) geben. Dr. Peter Bachmann erwartet hierdurch positive Effekte für die pharmazeutische Industrie hin zu einem „One Stop Shop“ bei der Antragstellung für eine zentrale Zulassung.
Einige Nachfragen rief das Thema „Substance Master File Certificates“ hervor. Hier werden „Additional Quality Master Files“ möglich sein, d.h. auch für Excipients. Das europäische Parlament möchte zusätzlich auch „Additional platform master files“, ein Thema, was gerade im Bereich der kommenden mRNA-basierten Produkte relevant werden wird.
Im Bereich der Produktinformationen wurde das Thema ePI adressiert. Gemäß EU Pharmaceutical Legislation soll es den Mitgliedsstaaten offen gelassen werden, in welcher Form die Packungsbeilage vorliegen sollen. Das europäische Parlament hat hier nachgeschärft und klargestellt, dass eine elektronische Form auf jeden Fall gewünscht wird.
Zum Ende der Sendung machte Dr. Peter Bachmann noch auf die Neuerungen bei Variations ab 1.1.2025 aufmerksam. So sollen TypIA Variations nur noch als Grouping im Annual Update eingereicht werden (mit wenigen Ausnahmen). Worksharing wird darüber hinaus verpflichtend werden.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleitern Pharma & Healthcare & QMB
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 11. und 12. November fand die diesjährige Pharma Trends statt.
Es gab im AMNOG-Bereich spannende Diskussionen zur Attraktivität der vertraulichen Erstattungsbeträge: Der GKV-Spitzenverband erwartet hier industrieseitig ein Interesse für bis zu 75% der Wirkstoffe, aus der Industrie kommen andere (wesentlich niedrigere) Einschätzungen. Es bleibt GKV-seitig die Hoffnung auf geringere Erstattungsbeträge, der französische Rechnungshof konnte dies für französische vertrauliche Preisverhandlungen nachweisen.
Aus dem BMG wurde Hoffnung verbreitet, die Arzneimittelnutzenverordnung trotz Ende dieser Legislaturperiode in Vorbereitung auf das EU-HTA noch fertigstellen zu können. Für 2025 sind zwei Joint Scientific Consultation-Antragszeiträume im EU-HTA Prozess vorgesehen, ab 2026 drei. Man erwartet zehn Beratungen durchführen zu können, geht aber von circa 25 Joint Clinical Assessments pro Jahr aus. Am 28. November findet das nächste Treffen der zugehörigen Coordination Group statt. Dort werden dann letzte Guidance-Dokumente fertiggestellt und das Arbeitsprogramm zur JSC festgelegt. Die deutsche Orphan Drug-Sonderstellung wird bestehen bleiben, fürs EU-Dossier wird aber auch Deutschland ein PICO übermitteln.
Generika, Lieferengpässe und Versorgungsprobleme wurden ebenfalls intensiv diskutiert. Hier wurde payerseitig mittelfristig ein Anstieg der Preise erwartet. Als besondere Herausforderungen wurden die „Urban Wastewater Treatment Directive“ aber auch die F-Gas-Verordnung adressiert. Bei der F-Gas-Verordnung muss das UBA kurzfristig entscheiden, wie die Kennzeichnungsverpflichtungen für Dosieraerosole umzusetzen sind. Ein komplettes Überlabeln von Marktpräparaten wird als nicht realisierbar eingestuft. Insgesamt sieht aber die Arzneimittelversorgungslage in 2024 deutlich besser als in 2023 aus.
In der politischen Diskussionsrunde mit Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war das Thema Eigenverantwortung von Patient*innen und mehr Prävention ein wichtiges Thema. FDP-seitig wurden mit Fokus AMNOG zwei Modelle vorgeschlagen: Modell 1 = klassische Nutzenbewertung, Modell 2 sollte die Möglichkeit hochinnovative Arzneimittel einer vorläufigen Bewertung zu unterziehen beinhalten. CDU-seitig wurde der vertrauliche Erstattungspreis in Zweifel gezogen.
Digitalisierung und KI-Nutzung waren gerade an Tag 2 wichtige Themen. Es wurde in den Vorträgen deutlich, dass KI-Anwendungen dazu führen können, Arbeiten in die pharmazeutischen Firmen wieder einzusourcen (Beispiele aus Marketing und Market Access).
Spannend waren die Ausführungen zum Remote Patient Monitoring, das in Deutschland beginnt stattzufinden und im Bereich der Herzinsuffizienz bereits erstattungsfähig ist.
Seitens der Krankenhausreform gab es wenig Neues, hier wird der 22. November (Bundesratstagung) darüber entscheiden, ob es noch zur Verabschiedung des Gesetzes in dieser Legislaturperiode kommt. Die deutsche Krankenhausgesellschaft plädiert hier dafür, das NRW-Modell auf ganz Deutschland zu übertragen, eine Option, die sich jedem Bundesland auch jetzt schon stellen würde. NRW verschickt in Kürze die Feststellungsbescheide zu den Leistungsgruppen an die Krankenhäuser. Es wird hier eine Verringerung von Leistungsgruppen und eine Konzentration der Leistung erwartet.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleitern Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 09.10.2024 fand das 10. KrankenkassenFORUM statt.
Expert*innen aus dem Healthcare-Bereich, insbesondere von verschiedenen Krankenkassen, diskutierten dabei aktuelle Themen wie die Auswirkungen des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes und derie Krankenhausreform.
Den Anfang machte Prof. Dr. med. Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der Technische Universität Berlin, mit dem aktuellen Stand und möglichen Auswirkungen der Krankenhausreform. Kurz vor der Veranstaltung hatten sich die Bundestagsabgeordneten auf finale Änderungsanträge für die Krankenhausreform geeinigt. Große Änderungen am Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) soll es später nicht mehr geben. Als Kernprobleme der aktuellen Krankenhauslandschaft identifizierte Prof. Dr. med. Busse folgende: Notwendige Fälle verteilen sich auf viele, oftmals nicht adäquat ausgestattete Krankenhäuser und es gibt zu viele unnötige Krankenhausaufenthalte (unangemessene Fälle, zu viele Fälle, zu lange Verweildauer). Seiner Ansicht nach hätten die Länder wichtige Kernelemente der Krankenhausreform unterbunden, wodurch die genannten Kernprobleme nicht mehr ausreichend angegangen werden. Insbesondere die fehlende Effizienz werde nicht gesehen und daher auch nicht angegangen. Entgegen der medialen Meinung von vielen Krankenhausschließungen durch die Reform konnte er am Beispiel NRW im Falle von Lebereingriffen zeigen, dass nahezu alle Kliniken weiter bestehen bleiben würden.
Anschließend folgte ein Beitrag von Gina Opitz, Referentin für Arzneimittel beim AOK-Bundesverband, zu Chancen durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Auch wenn das Gesetz verabschiedet sei, wird es ihrer Meinung nach noch ein längerer Weg bis zur praktischen Umsetzung. Die Ziele des GDNG werden seitens der AOK jedoch in jedem Fall geschätzt, um auch in Zukunft eine hochwertige Gesundheits- und Pflegeversorgung sicherstellen zu können. Als Schwierigkeit wird aktuell noch die adressatengerechte Kommunikation mit Leistungserbringern bei Auffälligkeiten gesehen. Die Frage aus dem Publikum ob die Kassen durch das GNDG auch die Möglichkeit hätten, Datensätze von Familienmitgliedern zur besseren Früherkennung zu verknüpfen, musste von Frau Opitz verneint werden.
Anknüpfend an den vorherigen Beitrag stellte Anne-Kathrin Klemm, Vorständin beim BKK Dachverband, die Auswirkungen des Digitalgesetzes auf die GKV vor. Laut Frau Klemm sei die Akzeptanz neuer Technologien und auch der Wunsch danach bei Versicherten groß. Das Digitalgesetz sei dabei ein wichtiger Schritt. Die größte Herausforderung der nächsten Jahre bestehe darin, alle Akteure im Gesundheitswesen von der Nutzung neuer Technologien zu überzeugen. Ihre Hoffnung ist es, dass durch die flächendeckende Einführung der ePa auch mehr Transparenz an der Schnittstelle stationär/ambulant geschaffen wird. Auf die Frage inwiefern die Digitalisierung in der aktuellen Krankenhausreform berücksichtig wird, reagierte Frau Klemm ernüchtert. Letztlich ginge es ihrer Einschätzung nach bei der Krankenhausreform nur noch darum, welche Klinik überlebt und wer wie viel Geld bekommt. Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit würden keine Beachtung geschenkt werden.
Im Anschluss an Frau Klemm sprach Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel bei der Techniker Krankenkasse, über die künftige Finanzierung der GKV. Er zeigte dabei, dass in Deutschland im Vergleich zur gesamten EU Arzneimittel am teuersten sind. Gleichzeitig sind diese jedoch auch sehr schnell und umfassend erhältlich. Um die stark steigenden Preise zu regulieren, sieht er die Lösung in einer Priorisierung von Arzneimitteln, deren Kriterien vom G-BA festlegt werden könnten. So könnten beispielsweise Produkte mit bestehenden Alternativen erst auf dem Markt erhältlich werden, wenn dafür ein Vertrag mit der Krankenkasse abgeschlossen wurde.
Dr. Felix Schönfeldt, Fachbereich Arzneimittel bei der DAK-Gesundheit, referierte anschließend über Auswirkungen des Lieferengpassgesetzes (ALBVVG) auf Rabattverträge. Laut seiner Einschätzung verursachen die Änderungen des ALBVVG Mehrkosten ohne dass der Pharmastandort Europa nachhaltig gestärkt wird, da es hierfür einer gesamteuropäischen Lösung bedarf. Eine europäische Wirkstoffproduktion sei nicht gleichbedeutend mit absoluter Liefersicherheit und die Umsetzung eben dieser birgt viele Hindernisse, wie zum Beispiel durch das EU-Vergaberecht. Eine Alternative wäre seiner Einschätzung nach nur eine positive Anreizpolitik zur Relokalisierung der Pharmaunternehmen durch die EU und nationaler Wirtschaftspolitik und nicht durch die deutschen Beitragszahler*innen. Diese könnte dann mit eine vorrangingen EU-Belieferung mit Arzneimitteln verbunden sein.
Abschließend stellte Dr. Stefan Plantör, Senior Principal, Real-World Insights bei IQVIA, Auswirkungen des Medizinforschungsgesetzes vor. Der Bundesrat hat am 27.09.2024 die Beratungen zum Medizinforschungsgesetz abgeschlossen. Zu einer besonderen Diskussion führten der vertrauliche Erstattungspreis. Mögliche Auswirkungen könnten laut Herr Dr. Plantör beispielsweise das Aufweichen der Berechnung von Festbeträgen, das Wegfallen von europäischen Vergleichspreisen, fehlende Einsparpotentiale durch Importförderung sowie fehlende Planungssicherheit der Kosten auf Seiten von Arzneimittelherstellern sein. Sein Fazit zum Medizinforschungsgesetz fiel gemischt aus: Die Startup-time einer klinischen Studie in Dtl. werde durch das MFG beschleunigt und die Neuordnung der Ethikkommissionen, Vorgabe von Bearbeitungszeiten, Standardvertragsklauseln sowie die Beschleunigung des Genehmigungs-/Anzeigeverfahren beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) seien positiv zu bewerten. Der vertrauliche Erstattungspreis ist seiner Einschätzung nach eine vom pU teuer erkaufte Option mit schwierigen Bedingungen. Den Nachweis einer fünf-prozentigen deutschen Zulassungskohorte sieht er als große Herausforderung an und es sei fraglich, ob sich in den nächsten drei Jahren (Gültigkeit der MFG-Gesetzgebung für die Änderung im SGB V) schon Effekte in der nationalen Patientenrekrutierung zeigen würden.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Am 22. Februar 2024 stand das Thema „Werbung & Marketing für Medizinprodukte“ im Fokus des Online Medizinprodukte FORUMs. Besonders adressiert wurde hier durch Rechtsanwältin Dr. Kirsten Plaßmann (PlassmannLEGAL) Artikel 7 MDR mit erstmalig europaweit einheitlichen Regelungen zum Irreführungsverbot. Dies hat zu Anpassungen von § 3 HWG geführt. Hier sind Medizinprodukte aus dem Anwendungsbereich herausgenommen worden, Verfahren und Behandlungen sind dagegen noch Gegenstand des § 3 HWG. Einzelne Gerichtsentscheidungen zu Artikel 7 Buchst. a) MDR sind bereits in Deutschland ergangen.
Für Nachweise zu Wirkaussagen wird nach den bislang vorliegenden Entscheidungen grundsätzlich weiterhin der sog. Goldstandard (randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie) gefordert. Fachlich umstrittene Aussagen müssen als solche in der Werbung deutlich kenntlich gemacht werden.
Die Regelung des Artikels 7 Buchst. c) MDR gibt vor, den Patienten über zu erwartende Risiken, die mit der Verwendung des Produkts gemäß seiner Zweckbestimmung verbunden sind, zu informieren. Bislang ist dies in vergleichbarer Form nur über das UWG adressiert. Wie über die GBA hierüber informiert werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt. In der Praxis sind daher derzeit unterschiedliche Ansätze zu beobachten, z. B. Zugang zur GBA über QR-Codes oder downloadbare pdf-Dokumente.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Our comprehensive online seminar on maintenance and sustainment of human medicinal product approvals offered a deep dive into all aspects of maintenance activities throughout the product lifecycle. This one-day event was designed to provide participants with thorough training on important regulatory responsibilities encompassing dossier updates, variations, pharmacovigilance (PV) activities, and labelling maintenance duties.
Dr. William Shang from Kenvue, Part of the Johnson & Johnson Family of Companies, commenced the seminar with a detailed overview of lifecycle management, focusing on crucial elements such as time and deadline management, internal company interactions, and coordination, alongside change control and planning strategies. The morning session continued with Ingrid Prieschl (hier fehlt ihre Firma) discussing the variations system and procedures, enlightening attendees on Type IA/B and Type II variations and notifications under Article 61(3). She explained the variation classification with practical examples and showed how grouping and work-sharing can safe time and efforts.
Next, Siniša Belina from MAIN5 GmbH & Co. KGaA led an engaging session on electronic lifecycle management, covering essential topics like eCTD, eAF, European portals (CESP, PLM), as well as updates on SPOR and IDMP.
Dr. Shang returned to delve into safety-related obligations, highlighting the management of labelling and product information changes, as well as the implementation of PRAC decisions. He also covered regulatory product activities in the lifecycle, including the roll-out of approvals in other markets and product reclassification issues (RX, OTC).
The day concluded with Ingrid Prieschl exploring other post-approval activities such as renewals, referrals, and various procedures post-approval, including Articles 45 and 46 of the Paediatric Regulation, transfer of marketing authorisation, and post-authorisation measures. The seminar ended with a session for final questions and a lively discussion.
Author
Dr Rebekka Bitsch
Conference Manager Pharma & Healthcare
r.bitsch@forum-institut.de
Am 6. und 7. Februar fand unser kompaktes Grundlagen-Seminar zu Packungsbeilage, Artwork und Qualitätskontrolle statt. In diesem Seminar wurde den Teilnehmenden profundes Know-how entlang der Labelling-Prozesskette von der Erstellung der Packungsbeilage über das Artwork und die Verpackung bis hin zu GMP-relevanten Aspekten vermittelt.
Am ersten Tag startete Herr Dr. Jörg Fuchs von PAINT-Consult® mit den Themen SmPC, Packungsbeilage und Verpackung. Dr. Fuchs erläuterte wie man von einer SmPC zu einer patientenfreundlichen Packungsbeilage kommt und welche Guidelines dabei zu beachten sind. Im Detail ging er auf die QRD-Templates und die Readability-Guideline ein. Viele Praktische Beispiele und wissenschaftliche Daten zum Thema Packungsbeilage rundeten den ersten Teil ab. Danach ging Dr. Fuchs auf die SmPC-Inhalte, die für die Verpackung relevant sind, ein. Er erläuterte die Kennzeichungs-Richtlinien sowie die Blue-Box-Guideline und die Braille-Vorgaben.
Am zweiten Tag übernahmen die Referierenden Dr. Claudia-Carolin Keil von der Biotest AG und Andreas Brunner von der Packpool swiss GmbH. Dr Keil startete mit Ihren Ausführungen zur Erstellung von Druckvorlagen für Packungsbeilagen und Packmittel und deren Freigabeprozess sowie der Rolle des Informationsbeauftragten nach §74a Arzneimittelgesetz. Später beleuchtete sie die Pflege der XEVMPD-Datenbank sowie die Themen IDMP und SPOR. Herr Brunner ging auf die GMP-gerechte Dokumentation beim Labelling und die Qualitätskontrolle entlang der Prozesskette ein. Frau Dr. Keil erklärte dann was bei GMP- und GVP-Inspektionen zu beachten ist.
Praktische Übungen zu den Themen „Druckvorlage erstellen“ und „Audits und Inspektionen vorbereiten“ rundeten den zweiten Tag ab. Ein Seminarteilnehmer beschrieb das Seminar rückblickend folgendermaßen: „Angenehme Redner, die souverän vorgetragen haben, so dass man gut folgen konnte. Inhaltlich sehr praxisnah. Kann ich sehr empfehlen.“.
Autorin
Dr. Rebekka Bitsch
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
r.bitsch@forum-institut.de
Am 6. Dezember 2023 fand das Online Medizinprodukte FORUM zum Thema „Update zu harmonisierten und weiteren relevanten Normen“ statt. Als Experte war Dr. Christoph Schär, Senior Consultant in der QUNIQUE Group, zugeschaltet.
Er adressierte das komplexe System aus harmonisierten europäischen Standards, nicht-harmonisierten europäischen Standards, internationalen und nationalen Standards und setzte diese in Bezug zu den kommenden Anforderungen durch die Medical Device Regulation. Klar war, dass die meisten Standards freiwillige Standards darstellen, die Firmen unterstützen, eine Konformitätsvermutung zu untermauern. Daneben gibt es jedoch auch verbindliche Standards, wie die EN ISO 15223-1 zur Verwendung von Symbolen.Am 4. Dezember 2023 fand zum 9. Mal das KrankenkassenFORUM mit Referent*innen der DAK-Gesundheit, der Techniker Krankenkasse, der BARMER, des AOK-Bundesverbands und der Bundesinnungskrankenkasse Gesundheit statt. Im Fokus standen insbesondere die praktische Umsetzung des Lieferengpassgesetzes, Auswirkungen der kommenden Krankenhausreform sowie aktuelle Entwicklungen im Bereich der Kassen-Digitalisierung.
Zu Beginn stellte Marcel Fritz, Bereichsleiter Arzneimittel bei DAK-Gesundheit, seine Einschätzung zum ALBVVG und dessen Berücksichtigung in künftigen Ausschreibungen vor.
Laut seiner Einschätzung verursachen die Änderungen des ALBVVG vor allem Mehrkosten, ohne Lieferengpässen entgegenzuwirken. Maßnahmen wie die Auflösung von Festbeträgen und eine Preiserhöhung um 50% führen seiner Einschätzung nach beispielsweise nicht zu einer besseren Verfügbarkeit von Arzneimitteln; stattdessen schaffen sie jedoch Anreize zum Missbrauch. Für eine krisenresistente Arzneimittelversorgung fordert die DAK Gesundheit verschärfte Lagerhaltungspflichten als im ALBVVG verankert. Die teils vorgeschriebene Berücksichtigung von Arzneimittelherstellern mit europäischer Wirkstoffproduktion sieht Marcel Fritz ebenfalls kritisch. Aus Sicht der DAK-Gesundheit wäre eine EU-weite Anreizpolitik für Pharmaunternehmen einhergehend mit einer vorrangingen EU-Belieferung mit Arzneimitteln eine effektivere Lösung.
Im Anschluss zog Sabine Jablonka, Abteilungsleiterin Arzneimittel beim AOK-Bundesverband, ein Fazit zur Umsetzung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. Anhand von Auswertungen der letzten Monate konnte sie zeigen, dass die Effekte des GKV-FinStG überwiegend unzureichend sind. Aus Sicht der GKV sei das „Highlight“ des GKV-FinStG die größere Wirkung des erhöhten Herstellerabschlags. Dieser könne jedoch das Einspar-Defizit der anderen Maßnahmen nicht ausgleichen.
Einen Einblick zur Digitalisierung im Kassen-Umfeld gab unter anderem Michael Hübner, Bereichsleiter Versorgung II - Ambulante Versorgung, Pflege, und Innovation bei der BARMER. Laut ihm steigt der Anteil der E-Rezepte zwar stark an, jedoch machen sie immer noch einen geringen Anteil an der Gesamtzahl der Arzneimittel-Rezepte aus. Das E-Rezept bietet neue Möglichkeiten einer direkten Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen. Laut Interviews der BARMER mit Apotheken werden die Vorteile der Direktabrechnung zwar gesehen, die Bereitschaft zur Veränderung sei jedoch noch gering ausgeprägt. Zu den erfolgreichsten Digital-Projekten der BARMER zähle die Entwicklung und Umsetzung strukturierter AMTS-Prozesse. Erkenntnisse durch das Innovationsfondsprojekt „AdAM“ sind unter anderem, dass digitales Medikationsmanagement die Sterblichkeit von Polypharmazie-Patient*innen um bis zu 20 % senken kann.
Spannende Einblicke zu Herausforderungen in der Erstattung und Versorgung von Orphan Drugs gab Detlef Böhler, Leiter Arzneimittel der BARMER. Sein Fazit lautete folgendermaßen: Das prospektive Kohorten-Modell löse die zentralen Herausforderungen, insbesondere die konkrete erfolgsbezogene Vergütung, nicht. Für die Umsetzung eines Erfolgspreismodells mit Jahreszahlungen seien durch das BAS und BMG zunächst regulatorische Zugeständnisse erforderlich. Aus Kassen-Sicht sei sowohl aus regulatorischer als auch monetärer Perspektive nur eine Einmalvergütung umsetzbar.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Am 28.11.2023 fand erstmals unser neues Online-Seminar zum Thema „Real World Data in der Klinischen Forschung“ statt - ein hochaktuelles und zukunftweisendes Thema. Unsere drei Referierenden, Dr. Angela Ibald-Mulli, Alexander Maur und Dr. Michael Schultze, haben den Seminartag spannend gestaltet.
Los ging es, nach einer Vorstellungs- und Erwartungsrunde, mit den wichtigen Begriffsdefinitionen Real World Data (RWD) und Real World Evidence (RWE). Herr Dr. Schultze, Director of Real-World Evidence & Safety Data Analytics am ZEG Berlin, beschrieb im Anschluss den Paradigmenwechsel, der innerhalb der klinischen Forschung festzustellen ist, und welche große und auch wachsende Bedeutung hierbei RWD und RWE haben. Basierend auf einer von ihm durchgeführten Umfrage mit Decision Makers konnte er zum Einstieg in die Thematik auch zeigen, dass es für die Industrie immer wichtiger wird, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen – siehe Abbildung 1.
Abbildung 1
In diesem Zusammenhang wurden auch die dadurch entstehenden Herausforderungen besprochen, welche Lösungsansätze es derzeit gibt und wie die Industrie plant, auf die neue Situation zu reagieren. Neben einem interessanten Rückblick, wie sich die RWE-Forschung innerhalb der letzten Jahre entwickelt hat, wurde aber auch der Blick in die Zukunft gerichtet und zum Beispiel auf die Bedeutung des im laufenden Verfahren befindlichen „Gesundheitsdatennutzungsgesetzes“ verwiesen.
Auch wichtige Grundlagen wurden in diesem Seminar erläutert: Hinsichtlich der genutzten Daten muss zwischen Primär- und Sekundärdaten unterschieden werden. Primärdaten werden speziell zur Beantwortung von Studienzielen erhoben, z. B. in prospektiven nicht-interventionellen Studien. Sekundärdaten (z. B. Abrechnungsdaten) hingegen wurden bereits für andere Zwecke erhoben und können weiterführend genutzt werden. Letztere haben den Vorteil, dass sie zum Beispiel sofort verfügbar und kostengünstiger sind - dafür aber im Umgang auch ein spezielles Know-How voraussetzen, das man für die fachgerechte Umsetzung der Studien letztendlich benötigt.
Neben den Rahmenbedingungen wurden auch die Spezifikationen von Real-World Data thematisiert. Kurzum: Wie werden Zugangsmöglichkeiten zu Sekundärdaten identifiziert und bewertet? Wem gehören eigentlich die Daten? Wie und wem dürfen diese zugänglich gemacht werden? Wie liegen die Daten vor (Vollständigkeit, Format, etc.)? In diesem Zusammenhang wurden sowohl von Herrn Dr. Schultze als auch von Frau Dr. Ibald-Mulli erste, kleine ‚Machbarkeitsstudien‘ der Daten empfohlen, also ein erster Einblick in die Daten anhand eines Beispiels aus der Praxis. Zur konkreten Einbindung von RWD in ein Forschungskonzept unterstrich Dr. Schultze die Bedeutung einer klaren Zielsetzung und Strategie, sowie die rechtzeitige Planung und Konsultation von Behörden und Expert*innen. Zudem sei eine gute Kommunikation mit internen sowie externen Stakeholdern unabdingbar.
Herr Maur, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht der Kanzlei am Ärztehaus, ging im Folgenden auf den Rechtsrahmen von RWD und RWE ein. Insbesondere beleuchtete er dabei minimalinterventionelle klinische Prüfungen und nicht-interventionelle Studien nach CTR und AMG, sowie die Anforderungen an mobile Apps und Software im Rahmen der Medizinprodukteverordnung. Auch das Thema Datenschutz, Pseudonymisierung und Joint Controllership sprach er an. Hier konnten einige Fragen von Teilnehmenden beantwortet werden, so dass Fallbeispiele in der gesamten Gruppe diskutiert wurden.
Interessante Insights zu praktischen Herausforderungen bei der Arbeit mit RWD gab im Anschluss Frau Dr. Ibald-Mulli, Managing Director Germany & Global Head of Real World Evidence bei EMMES Biopharma. Sie betonte die Bedeutung, sowie die großen Chancen von RWD-Studien, da diese die Möglichkeit bieten, viel größere Populationen zu erfassen im Vergleich mit randomisierten Studien unter strengen Ausschlusskriterien (siehe z. B. Mauricio D, Westerbacka J, Nicholls C, Wu J, Gupta R, Eliasson B. How many people with type 2 diabetes fulfil the eligibility criteria for randomized, controlled trials of insulin glargine 300 U/mL in a real-world setting?. Diabetes Obes Metab. 2021;23(3):838-843. doi:10.1111/dom.14264).
Unter Verwendung von RWD sind auch neue Studiendesigns möglich, wie Frau Dr. Ibald-Mulli erläuterte (Abb. 2). Welches Design dabei zielführend ist und welche Daten ausgewählt werden, kann nach Top Down oder Bottom up-Herangehensweise entschieden werden. Bei Ersterem steht der Zweck der Studie im Vordergrund, bei Zweiterem die Datenquellen, die zur Verfügung stehen. Hierbei wurde auch nochmals der genaue Blick auf die Daten empfohlen bzgl. Qualität und Validierung; Stichwort „fit for purpose“ Daten. Anhand mehrerer praktischer Case Studies aus den letzten Jahren diskutierte die Gruppe die Herausforderungen und Lösungen zur Durchführung von RWD-Studien.
Abbildung 2
Mit wertvollen Ratschlägen für Projektleiter*innen und ohne zu sehr auf Details im Datenmanagement einzugehen, sprach Herr Dr. Schultze wichtige Überlegungen und Vorgehensweisen im Umgang mit RWD an – insbesondere, wenn diese zum ersten Mal Verwendung finden sollen. Er riet dazu, auch bereits in der ersten explorativen Phase die gewohnten Standards einzuhalten sowie medizinische Expert*innen hinzuzuziehen. Gerade die Arbeit mit noch unbekannten Quellen von Sekundärdaten wird oft zu einer „Fleiß- und Detailarbeit“, wenn diese bereinigt und vorbereitet, sowie erste Analysen durchgeführt werden. Er betonte auch, die Limitationen zu beachten; auch sollte man sich immer vor Augen führen, wofür diese Daten ursprünglich erhoben und welche Faktoren eventuell gar nicht beachtet wurden (Erhebung bestimmter klinischer Parameter, Datenstruktur, etc.).
Um RWD zu interpretieren, bedarf es also immer des Kontexts der Daten. Bias und Verzerrungen müssen dabei beachtet werden und Vergleichsgruppen helfen bei der Einordnung von Ergebnissen. Letztendlich ist auch der Abgleich mit der Praxis durch medizinische Expert*innen unerlässlich.
Zum Abschluss gab Frau Dr. Ibald-Mulli noch einen kurzen Exkurs zur Datenerhebung und Datenlage von RWD außerhalb Deutschlands. Sie stellte dabei Europäische Initiativen wie das ENCePP oder DARWIN EU vor, sowie landesspezifische Netzwerke aus Finnland, der Schweiz und Frankreich. Der Vorsprung der USA in diesem Feld ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Ausschlaggebend dafür sind frühere gesetzliche Regelungen, größere (kommerziell) erhältliche Datensätze, weniger Bedenken bzgl. des Datenschutzes und innovative Technologien für Tokenization und Data Linkage.
Einer internationalen, gemeinsamen Datennutzung stand Frau Dr. Ibald-Mulli eher pessimistisch gegenüber, da universal akzeptierte Methoden und Datenstandards noch fehlen. Datensicherheit wird global sehr unterschiedlich reguliert und (noch) ist der Markt rund um RWD sehr kompetitiv, da sich große Potenziale abzeichnen. Umso wichtiger sei es, die Chancen von RWD und RWE in Deutschland aktuell zu realisieren und Kompetenzen aufzubauen.
Unser Dank an dieser Stelle geht an Frau Dr. Angela Ibald-Mulli sowie Herrn Alexander Maur und Herrn Dr. Michael Schultze für einen hoch informativen Seminartag, einsichtsreiche Vorträge und die Beantwortung aller Fragen rund um RWD!
Autorin
Dr. Verena Klüver
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
v.kluever@forum-institut.de
(überarbeitet von Dr. Michael Schultze)
Am 15. November 2023 fand das Online Pharma FORUM zum Thema „Clinical Trial Regulation und ihre Umsetzung in die Praxis“ statt. Diese EU-Verordnung 536/2014 ist seit dem 1. Februar 2022 anzuwenden und löst die bisherige EU-Richtlinie über Klinische Studien (Nr. 2001/20/EG) ab. Hierdurch soll die Durchführung von Klinischen Studien durch einheitliche Anforderungen und Bewertungs- und Überwachungsverfahren harmonisiert werden.
Herr Dr. Matthias Klüglich, Lead Program Leader Oncology bei der Boehringer Ingelheim GmbH fokussierte in seinem Vortrag auf die Unterschiede zwischen Richtlinie und Verordnung, das neue CTIS-Portal für Klinische Studien und auf das Submission Management.
Über CTIS kann erst eingereicht werden, wenn alle Unterlagen aller beteiligter EU-Länder zur Verfügung stehen; die Dokumente des Parts II unterscheiden sich dabei von Land zu Land. Inhaltliche Rückfragen sind innerhalb von 12 Tagen zu beantworten, d.h. alle internen und externen Experten müssen zur Verfügung stehen. Das Einreichungsdossier wird nach Abschluss des reviews öffentlich einsehbar sein. Die Kommunikation aller Beteiligten findet ausschließlich über CTIS statt. CTIS ist hochkomplex, und erfordert eine strukturierte Planung im Vorfeld. Für die Nutzung CTIS sind verschiedenste User-Rolle Rollen mit unterschiedlichen Leserechten und Aufgaben vorgesehen. Die EMS stellt eine umfangreiche CTIS-Trainingslandschaft zur Verfügung. Für Studien, die unter CTD begonnen worden sind, gibt es Übergangsregeln. Alle Klinischen Prüfungen, die bis zum 31. Januar 2025 nicht beendet worden sind, müssen in das neue Portal übertragen werden.
Aktuell gibt es bei CTIS vereinzelt noch technische Probleme – insgesamt aber ist die mehrheitliche Erfahrung positiv.
Autorin
Dr. C. Michaela Gottwald
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
m.gottwald@forum-institut.de
The Expert FORUM Labelling, an online conference focussing on digital, patient-friendly and safety labelling, took place on October 16th and 17th 2023. Nine European authority and industry experts provided the latest on the impact of the EU pharmaceutical legislation on labelling, the future of the digital package leaflet and important aspects about fulfilling the requirements of product information, patient empowerment and safety labelling.
Dr Peter Bachmann opened the conference with a summary of the impact of the EU pharmaceutical legislation on labelling. First, he highlighted the main objectives of the new legislation by the European Commission: access to and availability of affordable medicines across the entire EU, a competitive and innovation-friendly regulatory environment, environmental sustainability and addressing antimicrobial resistance. The new regulations on product information can be found combined all together in chapter VI of the new Directive. Importantly, the new Directive leaves the definition of the package leaflet as “paper only”, “paper and electronically” or “electronically only” in the responsibility of the member states. In addition, there is no definition of “electronically” included but the right for the patients to always receive a paper version on request. However, it is stated that “the Commission shall adopt implementing acts (…) to establish common standards for the electronic version of the package leaflet”. The specific required items of labelling are not longer listed in the Directive itself but in the Annex which also contains a correlation table of current and planned requirements.
Dr Kim Sherwood from the Swedish Medical Products Agency (MPA) thereafter started her talk with an important clarification of the definitions around electronic product information. Remarkably, ePI refers to a dynamic digital (semi-)structured format for product information, whereas ePL is the same content and structure of the paper version of the package leaflet displayed electronically. The EMA is currently running an ePI pilot providing a portal and editor tool for semi-structured PI documents. The approved PIs are published in ePI format as well as other usual formats. Dr Sherwood highlighted the advantages that a dynamic structured format has for the searchability and the transferability between different portals/sources. Furthermore, she presented three applications of AI (artificial intelligence) that are in testing at the Swedish MPA: identification of sentences of similar content for further harmonisation and standardisation of PI, sorting of package layout (mockups) into categories to avoid similar packages which could lead to mix up medication errors and categorisation of adverse events from a plain text.
Nina Malvik from the Norwegian Medicines Agency highlighted that the European Commission confirmed that Directive 2001/83/EC requires a printed package leaflet to be included in the medicinal package. However, there are exemptions possible to market medicinal products without a printed package leaflet in national language for orphan medicinal products, medicinal products to be administered by health care professionals or in case of severe availability issues. Currently, the Directive opens the possibility to have a link to additional digital information. For the access to additional information or the digital PL in the national language for example QR codes or the 2D matrix code (FMD code) can be used. Among the advantages is that information can be faster updated compared to print versions. However, the digital process behind the scenes is highly complex. In general, the aspects to be considered before having digital PL only are legislation, accessibility, awareness and delivery. For the delivery the legislation would most likely require a “push” situation. It won’t be acceptable that patients need to search on different websites for the information they need, but there has to be a QR code or similar on the pharmaceutical package for a barrier-free access.
Diving deeper into the topic of patient-friendly labelling, Dr Rüdiger Faust from UCB Biosciencs GmbH addressed the challenge of achieving a label for childbearing and breastfeeding individuals. Dr Faust highlighted that there is a clear unmet need in this respect and that a big problem is the systemic lack of data for individuals of childbearing and lactating age. At the moment, data generation happens mostly post-authorisation with safety data and registries. Thereafter the labelling language to be used should be adopted to the data in respect to discouraging use or not. It will be very important in the future to follow a structured approach to encourage earlier conduct of reproductive toxicology studies, as well as clinical studies for pregnancy and lactation as it will be also included in ICH E21 guideline.
Dr Jörg Fuchs from PAINT-Consult® talked about different methods for readability tests to ensure legible, clear and easy-to-use package leaflets. He opposed the verbal interview (Australian method) and the written readability test by PAINT- Consult®. The focus of the readability testing should be the systematic optimisation of the entire package leaflet instead of only achieving success criteria. Dr Fuchs stipulated that the QRD checklist focuses on a test report evaluation of how verbal interview tests have been performed, instead of the package leaflet’s quality. He would suggest to reduce the current QRD template from over 850 to 200 words to achieve better patient compliance (Fuchs et al., PharmInd, 2007, 69(2):165-172).
Dr Olga Kolcak from Bayer Consumer Care AG talked about the importance of labelling compliance. She highlighted that any inaccuracy or errors can lead to significant risks to the user and serious legal troubles for the provider. Dr Kolcak explained the company core data sheet (CCDS) as the company position on the medicinal product and its labelling. According to her, a CCDS can also be very important for OTC products not only for Rx products. In organising the labelling process a pharmaceutical company should also keep in mind that an isolated labelling system can loose the contact to the regulatory information management system but often you need the full picture of all product related changes and not only the labelling changes.
Dr Thomas Grüger talked about educational material as tool for additional risk minimisation. Importantly, educational material should add or augment and not duplicate the SmPC and PL. For educational material user testing is encouraged (according to GVP XVI, draft Rev 3). Dr Grüger presented different ways of communicating the access to educational material, like the blue hand symbol (Germany). Since April 2023 France has established a red-box warning on the outer package with a QR code to scan for further information e. g. on severe side effects and their reporting. In regards to the impact of the EU pharmaceutical legislation on labelling Dr Grüger stressed the discontinuation of renewals, the discontinuation of the black symbol for adverse drug reactions (ADR) reporting and the mandatory Rx status as well as the “awareness cards” for antimicrobials. There has then been a short discussion about the necessity of readability testing according to the new EU pharmaceutical legislation. In the Directive it is clear that readability testing will be further required. It seems like the readability testing results have been forgotten in the list of documents that need to be submitted which can be found in the Annex to the Directive.
Robert Begnett from Kyowa Kirin International plc linked to the presentation of Olga Kolcak and talked on global labelling compliance throughout the product lifecycle. He highlighted the cross-functional nature of labelling and the importance that all involved departments are aware of labelling. A key take away of his presentation was that the labelling personnel needs to be involved early in the lifecycle, at the clinical development stage, to be aware of risks and to evolve a developmental reference safety information (dRSI). Concerning the global labelling aspect reference labelling (CCDS, RSI) is core guidance, but Mr Begnett recommended to be flexible for local adaptation on an approved basis.
The conference was concluded by Tris Nockles who is the Regulatory Networks Leader at Navitas Life Sciences giving insights on ePI from industry pioneers. She showed that there are numerous initiatives for the testing of ePI, especially on the national level. Patient safety, supply chain resilience, streamlined regulatory processes and sustainability are reasons to progress with ePI. However, the benefits inevitably come with challenges like complexity, technology requirements, compliance and fitness for purpose. Mrs Nockles recommendation to industry was to get involved and give it a try.
Author
Dr. Rebekka Bitsch
Conference Manager Pharma & Healthcare
r.bitsch@forum-institut.de
Am 12. September 2023 fand die Tagung „Das neue Lieferengpass-Gesetz (ALBVVG) - was kommt?“ online statt. Dr. Lars-Christoph Nickel (Bundesministerium für Gesundheit) schuf hier eine gute Diskussionsbasis durch die Ausführungen zum Gesetz und den neuen daraus resultierenden Anforderungen für alle Stakeholder. Hierbei ging er besonders auf die Regelungen für Arzneimittel für Kinder ein. Auch das Pilotprojekt im Bereich der Rabattverträge zur Diversifikation der Lieferketten bei Antibiotika stand im Fokus. Hier werden neue Ausschreibungen den Ort der Wirkstoffherstellung stärker in den Mittelpunkt rücken. Eine Erweiterung auf andere Arzneimittel/Indikationen ist dabei im Gesetz bei Bedarf vorgesehen.
Eine Reevaluierung der Maßnahmen ist zum 31.12.2025 geplant.
Dr. Michael Horn ging nachfolgend auf das Lieferengpassmanagement des BfArMs ein. Durch das ALBVVG gibt es hier erweiterte Auskunftspflichten des pharmazeutischen Unternehmers bei drohenden Lieferengpässen. Darüber hinaus wird aktuell ein KI-basiertes Frühwarnsystems entwickelt.
Im weiteren Verlauf der Tagung adressierten Vertreter aus Industrie, Großhandel und Krankenkassen die Herausforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten – insbesondere bei Rabattvertragsneuausschreibungen. Klar wurde, dass Liefer- und gegebenenfalls Versorgungsengpässe nur durch alle Stakeholder gemeinsam bekämpft werden können.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 21. und 22. August 2023 fand das Online-Seminar „Risikomanagement in klinischen Prüfungen“ mit den beiden Referentinnen Dr. Steffi Hansen und Heike Reinstädtler statt. Nach einer kurzen Einführung und Vorstellungsrunde wurde erst einmal der Begriff „Risikomanagement“ im Kontext klinischer Prüfungen definiert und z. B. gegenüber dem Pharmakovigilanz Risk Management Plan abgegrenzt.
Dann ging es für die Teilnehmer*innen auch schon in die erste Gruppenarbeit – viele weitere sollten folgen. Es wurden kritische Qualitätsfaktoren besprochen und sich aktiv ausgetauscht über Beispiele aus dem eigenen Arbeitsalltag.
Dr. Hansen informierte über die ICH Regularien und legte dabei ein besonderes Augenmerk auf die Neuerungen der ICH E6(R3). Auf diesen Grundlagen aufbauend ging sie anschließend auf die konkrete Implementierung von Risikomanagement in die Unternehmenspraxis ein. Auch Monitoring-Prozesse, sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Monitoring-Strategien, wurden besprochen.
Frau Reinstädtler stellte im nächsten Teil verschiedene Werkzeuge vor, die zur Abschätzung, Bewertung und Protokollierung von Risiken genutzt werden können. Hierbei sind u. a. die Risikomatrix, eine Failure Mode and Effect Analysis (FMEA), eine Risk Library oder das Risk Log zur Sprache gekommen.
Beide Referentinnen betonten immer wieder, dass eine Risikoabschätzung und -bewertung am besten im Team funktioniert, da jede Partei eigene Ansichten, Erfahrungen und Ideen mitbringt. Dies konnten die Teilnehmer*innen dann auch direkt selbst erfahren, denn als nächstes stand die Bearbeitung einer Fallstudie auf dem Plan.
Zunächst sollten Risiken identifiziert und mit Hilfe eines „Ursache-Risiko-Auswirkung“-Schemas ausformuliert werden. Als nächstes wurden Mitigierungsmöglichkeiten und der jeweilige Einfluss auf die Risk Priority Number (RPN) erörtert. Als letztes wurden Quality Tolerance Limits diskutiert, sowie eine effektive Kommunikationsstrategie zur Einbindung aller Stakeholder.
Für jede dieser aufeinander aufbauenden Übungen arbeiteten die Teilnehmer*innen in Breakout-Sessions, stellten ihre Ergebnisse vor, besprachen diese im Plenum und bekamen Feedback von den beiden Referentinnen. Dadurch konnten alle Teilnehmenden den Risikomanagement-Prozess in klinischen Prüfungen einmal von Anfang bis Ende „durchspielen“ – in kleine Häppchen aufgeteilt, so dass das „große Ganze“ gar nicht mehr so unmöglich aussah. Immer wieder wurden auch spezifische Fragen geklärt, so dass am Ende alle Teilnehmer*innen essentielles Wissen für ihre Arbeit in klinischen Prüfungen mitnehmen konnten.
Vielen Dank an dieser Stelle an Frau Dr. Hansen und Frau Reinstädtler für die äußerst interaktiven zwei Tage und die kompetente Beantwortung aller Fragen rund um das Risikomanagement in klinischen Prüfungen!
Autorin:
Dr. Verena Klüver
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
v.kluever@forum-institut.de
Im Rahmen des Online Medizinprodukte Forums gab Herr Dr. Markus Fuderer, Rechtsanwalt der Kanzlei Meisterernst Rechtsanwälte PartG mbB in München am 2. August ein Update zum „Import und Handel von Medizinprodukten“.
Zu Beginn erläuterte der Rechtsexperte die rechtlichen Grundlagen für Handel, Vertrieb und Import. So gehören neben den Verordnungen (EU) 2017/745 und (EU) 2017/746 auch MDCG-Guidances, delegierende und ausführende Rechtsakte im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens sowie deutsches Recht (MPDG, MPAMIV, MPDGGebV, MPAV, HWG und weitere) zum zu berücksichtigen, maßgeblichen Rechtsrahmen.Wichtiges Detail ist, dass alle Abverkaufsfristen entfallen sind, so Herr Dr. Fuderer abschließend.
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-instsitut.de
On July 19th 2023 Dr Anika Schröter contributed to the live webcast series with her talk on 'RNA-based drugs – classification and impact on non-clinical development'.
She covered the following content:
- Variety of RNA-based product class
- Regulatory classification
- Why does definition and classification matter?
- Non-clinical programs dependent on classification
- „Real life“ examples: some common hurdles and pitfalls
First, Dr Schröter provided an overview of the variety of RNA-based products, which are „generally“ divided into a) Coding (mRNA) and b) Non-coding drugs (ASO, RNAi, saRNA etc.). She illustrated exemplarily the mode of action of products of the two main categories.
She summarised the definition of product classes by regulatory authorities: 1. Small Molecule, 2. Biological Medicinal Product (a) Advanced Therapy/Cell and Gene Therapy, b) Biotechnology-derived Product), 3. Vaccine.
In addition, Dr Schröter gave an overview of the relevant key guidelines, e.g. ICH M3(R2), ICH S6(R1), WHO guidelines, FDA Guidance for Industry etc.
She than explained the factors, which influence regulatory classification of mRNA-based drugs: a) mode of action, b) manufacturing process/origin, c) indication (and d) regulatory agency)).
With the help of a list of different products, Dr Schröter explained the classification very clearly.
An example: Two mRNA products having the same mode of action, differing in the indication are classified as two different products.
Dr Schröter gave some additional information on the regulatory classification of “gene therapy“ and underlined with “real life examples/cases”.
„Borderline Case Oligonucleotides“: As all non-coding RNAs are currently chemically derived, they are not considered as „biological medicinal products“, consequently they cannot be defined as advanced therapy / gene therapy.
BUT principles of ICH S6 might be applied for the non-clinical development of oligonucleotides.
The EMA plans on a separate non-clinical guideline on oligonucleotides (until 2024).
Dr Schröter demonstrated the different regulatory views of classification of RNA-based products between the EMA and the FDA too. Again ,she provided real life examples and emphasised the challenges during the non-clinical development stage.
The definition “gene therapy“ (and therefore the harmonisation between different regulatory areas) is still under discussion, and an aligned definition is not yet available, except for a description as provided in the newly released ICH S12 guideline.
As a first take-home message, Dr. Schröter emphasized that It is important to define what product you develop, as based on the definition/classification different guidelines apply and thus, a different non-clinical program might be needed.
The three keystones of a NC program for RNA-based products are: a) pharmacology, b) pharmacokinetics, c) toxicology.
Dr Schröter compared the non-clinical program for different products dependent on the classification. And again, she underlined with a couple of real-life examples/cases and also outlined the implication on timeline and costs of the non-clinical program dependent on the classification of the product.
Dr Schröter closed with some more real life examples on class-related risks and challenges.
An excerpt from the final take home message:
Ausgangspunkt der Veranstaltung war der G-BA-Beschluss vom 15. Juni 2023. Hier wurde die Austauschbarkeit bei ärztlich verordneten Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln mit biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen in Apotheken geregelt und damit der Startschuss für Biosimilar-Aut idem gegeben.
In den jetzigen Regelungen muss für den Austausch sowohl Anwendungsgebiet als auch Applikationsart übereinstimmen, eine Extrapolation von Indikationen im Austausch ist anders als in Arzneimittelzulassungsverfahren nicht möglich.
Im nächsten Schritt ist vorgesehen, Aut idem in allen Wirkstoffklassen zu ermöglichen, auch hier wieder nur bei gleichem Anwendungsgebiet und gleicher Applikationsart. Herr Professor Hecken, unparteiischer Vorsitzende des G-BA, avisierte jedoch in 2-3 Jahren eine Reevaluation, bei der dieses Vorgehen auf den Prüfstand kommt.
Dr. Sabine Vogler von Gesundheit Österreich verglich die Biosimilars-Regeln europaweit. Hier war interessant zu sehen, dass Deutschland neben Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Island eines der wenigen Länder ohne Preislink für Biosimilars ist. In ersten Ländern der EU besteht darüber hinaus bereits eine automatische Biosimilarsubstitionspflicht, so z. B. in Estland.
Detlef Böhler, BARMER, adressierte nachfolgend die nächste geplante Open-House Ausschreibung in Bayern gemeinsam mit der KV Bayerns, der AOK Bayern und weiteren Partnern im Bereich der chemisch definierten Onkologika, die jedoch als eine Blaupause für nachfolgende mögliche Biosimilars-Ausschreibungen angesehen werden kann.
Abschließend äußerte Walter Röhrer von der AG Pro Biosimilars die Hoffnung, dass das BMG den G-BA Beschluss noch beanstandet und die Regelungen so nicht in Kraft treten.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
„Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)“ war das Thema des Online Medizinprodukte Forum am 4. Juli 2023. Ursprünglich bereits für den Februar geplant, freuten wir uns, mit Frau Dr. Wiebke Löbker eine ausgesprochene Expertin für diese Nachholsendung gewonnen zu haben. Frau Dr. Löbker leitete das Thema mit dem Leitsatz der Sesamstraße ein: Wieso?Weshalb?Warum? … gibt es „DiGA“ (in der Kostenerstattung): Innerhalb der letzten Jahre ist das Angebot an Gesundheits- und Fitness-Apps rasant gestiegen. 2013 wurden von IQVIA über 66.000 gezählt. 2021 lag die Anzahl bereits über dem fünffachen Wert, wobei das Spektrum der reinen Gesundheitsanwendungen zwar divers ist, aber sich fast die Hälfte auf Erkrankungen aus dem Bereich „Mental health & behavioral disorders“, „Diabetes“ und „Heart/circulatory disorders“ konzentriert.
In diesem Zusammenhang ging die Expertin auch auf eine Studie der Bertelsmann Stiftung von 2018 ein. Darin rangiert Deutschland beim Digital-Health-Index auf Platz 16 (von 17). Das heißt, Deutschland hatte (und hat) in Sachen Digital Health dringenden Nachholbedarf. Allerdings, so Frau Dr. Löbker, lag und liegt es nicht am Fehlen innovativer Gesundheitsanwendungen, sondern vielmehr an der Unübersichtlichkeit bei der Kostenerstattung der Apps durch die Gesundheitsträger (2018 Sonderheft Bundesgesundheitsblatt – Umfrage unter Herstellern zu „eHealth und Medizinprodukte“): Zu viele Wege „verderben den Brei …“. Zudem fehlte bisher Transparenz zur Evidenz dieser zahlreichen Angebote. Mit Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und der Digitalen Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) wurde 2019/2020 ein Weg geschaffen, Apps „auf Rezept zu verschreiben“ und Deutschland, zumindest für einen Teil, aus der digitalen Diaspora zu führen. Bereits im Mai 2020 fanden dann schon die ersten Beratungen durch das BfArM statt.
Weiter stellte Frau Dr. Löbker das Fast-Track-Verfahren beim BfArM vor. Wichtige Voraussetzung für das Verfahren und damit Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis ist, dass es sich um Medizinprodukte handelt und deren Konformitätsbewertungsverfahren abgeschlossen sind (CE muss also vorhanden sein). Weitere wichtige Bausteine sind, dass die App eine digitale Hauptfunktion hat, für eine Erkrankung nach Indikation ICD-10 vorgesehen ist, und ganz wichtig, ein positiver Versorgungseffekt (pVE / Evidenz!) nachgewiesen wird. Interessantes Detail am Rande: In der ersten Phase des Verfahrens, die drei Monate dauert und der Bewertung der App dient, gibt es kein sog. „Clock-Stop“ wie man es in der Arzneimittelzulassung kennt. Daher ist es auch empfehlenswert, worauf Frau Dr. Löbker wiederholt hinwies, die Beratungen durch das BfArM zu nutzen. Dies soll sicherstellen, dass von Anfang an alle notwendigen Informationen vorhanden sind.
Hat eine App – nach voläufiger Aufnahme - auch die Erprobungsphase, die auf 12 Monate festgelegt ist, erfolgreich durchlaufen, sprich die Evidenznachweise sind vorhanden und patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen (pSVV) sind sichtbar, kann die Gesundheitsanwendung zur DiGA werden und somit dauerhaft in das BfArM-Verzeichnis aufgenommen werden. Danach ist der Zeitpunkt gekommen, Preisverhandlungen für die Kostenerstattung durchzuführen und den EBM (Einheitlichen Bewertungsmaßstab) festzulegen. Seit Einführung des DiGA-Verfahren sind 18 Gesundheitsanwendungen in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen worden.
Im Weiteren stellte die Expertin das relativ junge Verfahren zur Einführung von Digitalen Pflegeanwendungen (DiPA) vor. Ermöglicht wurden dieses erst durch Inkrafttreten des DVPMG (Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz) und der DiPAV (Digitale Pflegeanwendungen-Verordnung). Im Gegensatz zu DiGA ist hier der Kostenträger die soziale Pflegeversicherung und eine vorläufige Aufnahme zur Erprobung in das DiPA-Verzeichnis ist nicht vorgesehen. Aber auch hier muss ein pVE nachgewiesen werden. Bislang befindet sich eine DiPA im Prüfungsverfahren. Sobald die erste DiPA das Antragsverfahren positiv durchlaufen hat, wird das DiPA-Verzeichnis gestartet.
Am Ende gab Frau Dr. Löbker noch einen kurzen Einblick in die Digitalisierungsstrategie 2023 (Stichwort: Digitales Gesundheitsökosystem) von Dr. Karl Lauterbach und das DigiG(Digitalgesetz). Ein großer Erfolg auf internationaler Ebene, so Frau Dr. Löbkers Fazit, ist das DiGA-Verfahren. So befindet sich das BfArM mit vielen Ländern im regen Austausch und Deutschland hat ganz klar hier Vorreiter-Funktion: So hat vor ca. drei Wochen Österreich in Anlehnung an das deutsche Verfahren den „Digital Austrian Act“ verabschiedet und auch Frankreich plant ein Beschleunigungsverfahren für digitale Gesundheitsanwendungen.
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-instsitut.de
Am 04. Juli 2023 fand in Mannheim erstmalig das Seminar „Regionaler Market Access für Praktiker*innen“ statt. Im Zentrum stand die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Playern des Gesundheitssystems wie Krankenkassen und KVen.
Zu Beginn gab Hans-Holger Bleß, Partner der fbeta GmbH, einen Überblick zum aktuellen politischen Umfeld im regionalen Market Access. Hierbei ging er vor allem auf die Lösungsansätze des Kabinettsentwurf des ALBVVG zur Bekämpfung von Lieferengpässen ein und diskutierte diese mit den Anwesenden:
Laut Frau Dr. med. Marschall werde dabei immer bedacht, ob die neue Versorgungsidee ein bestehendes Versorgungsdefizit adressiert. Pharmazeutische Unternehmen müssten bei der Einbringung von Ideen dennoch immer wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, da aufgrund eines drohenden Mitgliederverlusts die Steigerung des Zusatzbeitrags auf jeden Fall vermieden werden sollte.
Ulrike Fahrland, GB Verordnungsmanagement bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, stellte nachfolgend u.a. die Arzneimittelvereinbarungen der Region für 2023 vor. Sie betonte, dass es in den letzten Jahren im Rahmen von Regressen nur zu Einzelfallprüfungen aber nicht zu Gesamtwirtschaftlichkeitsprüfungen kam. Der Ablauf der Richtgrößenprüfung in Westfallen-Lippe mit mehreren Entscheidungsinstanzen trage dazu bei, dass es kaum zu Regressen kommt. Zu Diskussionen hat gegen Ende ihres Parts insbesondere die Übersicht der Verträge zur intravitrealen operativen Medikamentenapplikation (IVOM) geführt, da diese nach Ansicht der Teilnehmenden den Off-Label-Use fördern, obwohl es anderweitig zugelassene Produkte gibt.
Zum Abschluss des Seminartags referierte Dr. med. Michael Viapiano, Leiter des Geschäftsbereichs Qualitätssicherung und Verordnungsmanagement bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Er gab den Teilnehmenden Tipps welche seiner Ansicht nach die Do´s und Don´ts bezüglich der Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie und KVen sind und verdeutlichte diese mit realen Beispielen. Grundsätzlich sei für ihn immer wichtig, dass vor Einschaltung der Rechtsabteilung des pharmazeutischen Unternehmens mit einer entsprechenden Stellungnahme erst einmal der Dialog mit der KV gesucht wird.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Am 14. Juni drehte sich die Sendung im Rahmen des Online Pharma FORUMs ganz um die aktuellen Herausforderungen in PV-Inspektionen.
Frau Dr. Kimberley Sherwood startete ihren Vortrag mit den für PV-Inspektionen maßgeblichen regulatorischen Rahmenbedingungen.
Danach stellte sie die aktuellen Schwerpunkte bei PV-Inspektionen vor. Dr. Sherwood betonte, dass nicht nur PUs angehalten sind, ihre Audits risikobasiert durchzuführen. Auch Behörden sind dazu verpflichtet, risikobasiert zu inspizieren. Die Auswahl der Inspektionskandidaten richtet sich nach einer Vielzahl von Risikoinformationen aus vornehmlich drei Unternehmensgruppen:
Für die Eingruppierung in critical/major/minor sind weitere Kriterien, z. B. den Ausmaß und Kontext des Findings, Anzahl der Findings in einem Prozess und Wiederholung von Findings relevant. So können z. B. 5 minor- Findings, die alle im Signaldetektionsprozess lokalisiert wurden, zu einem „Sammel-Major“ führen. Nach dieser einleitenden Erläuterung präsentierte die Expertin die häufigsten Findings, die sich z. B. im QPPV- oder QM-Bereich, bei Schulungsprozessen oder der Signaldetektion und –evaluierung ergeben.
Abschließend skizzierte die Referentin mögliche Konsequenzen für das inspizierte Unternehmen, also im Prinzip das Follow-up einer Inspektion mit Routine-Maßnahmen: CAPA und anlassbezogenen Maßnahmen wie getriggerte Inspektionen oder Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gemäß § 97 AMG.
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-instsitut.de
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-instsitut.de
Am 09. Und 10. Februar 2023 fand das Seminar „Das 1x1 der Arzneimittelsicherheit“ statt.
Dr. Rainer Heißing, promovierter Humanmediziner mit langjähriger Erfahrung in deutscher, europäischer und internationaler Pharmakovigilanz führte im 2-tägigen Seminar in alle Teilbereiche der Arzneimittelsicherheit ein. Zusätzlich wurden Im Rahmen des Seminars auch viele Praxisbeispiele der Teilnehmer diskutiert und es gab Tipps und Tricks zum Meistern alltäglichen Situationen als PV Beauftragte*r.
Zum Einstieg ins Seminar führte Herr Dr. Heißing zunächst durch wichtige Definitionen und die gesetzlichen Grundlagen der Arzneimittelsicherheit, wie zum Beispiel dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG), den Anforderungen aus der EU-Gesetzgebung und den zuständigen Behörden. Am Nachmittag des ersten Tages ging es mit der Definition von Nebenwirkungen, sowie der Fragestellung, wie man Arzneimittelrisiken sammelt und ICSRs an die zuständige Behörde übermittelt, weiter. Außerdem wurden die Aufgaben der beauftragen Personen in der PV am Beispiel der Stufenplanbeauftragte und der EU-QPPV besprochen.
Der zweite Seminartag startete mit einem kurzen Wrap-Up und den noch offenen Fragen der Teilnehmer*innen. Danach ging es direkt mit Dokumentations – und Meldepflichten vor und nach der Zulassung eines Arzneimittels weiter und der Fragestellung, wie man durch Risikominimierende Maßnahmen und einen Risk Management Plan Risiken in der Pharmakovigilanz vermindern kann. Der Nachmittag wurde mit Wissen zu den Anforderungen eines PV-Systems und PSURs / DSURs gefüllt. Der letzte Themenkomplex des Seminars befasste sich mit Inspektionen und Audits und wie man sich auf diese passend vorbereiten kann. Zum Abschluss des 2. Seminartags gab es noch eine offene Frage- und Antwort Runde, bei der alle noch verbleibenden Fragen geklärt werden konnten.
Ist Ihr Interesse geweckt? Dann besuchen Sie die Veranstaltung im September 2023.
Autorin
Dr. Myriam Friedel
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
m.friedel@forum-institut.de
Am 26. Januar 2023 fand die Online-Tagung „AMNOG 2023 & EU-HTA“ statt. Marcus Guardian, Chief Operating Officer des EUnetHTA Secretariats ging auf die Details der Roadmap bis zum Start von EU-HTA im Jahr 2025 ein. Ein Großteil der EUnetHTA21-Deliverables sind schon publiziert, von der EU-Kommission akzeptiert und nun zur HTA-Koordinierungsgruppe weitergeleitet worden. Die Koordinierungsgruppe kann nun die Guidelines übernehmen, aber auch noch modifizieren.
Ab April 2023 arbeiten die Subgroups der Koordinierungsgruppe an folgenden Themen
Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, machte deutlich, dass der G-BA ein hohes Interesse am Vorsitz in der Subgroup „Joint scientific consultation“ hat. Er erwartete noch ca. 5 Jahre Parallelverfahren (AMNOG/EU-HTA).
Nachfolgend adressierte Herr Professor Hecken nationale Themen und ging auf die Herausforderungen der anwendungsbegleitenden Datenerhebung ein. Eine AbD ist nur im Bereich von Orphan Drugs, bei besonderen Zulassungen etc. angezeigt, aber nicht, wenn eine reguläre RCT möglich gewesen wäre. Der G-BA möchte hier auch die G-BA internen Prozesse beschleunigen, da der AbD-Start im Moment sehr spät ist. Dr. Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG, ging in diesem Zusammenhang auf deutsche Register ein, die einer umfassenden Erweiterung in Qualitätsaspekten zur AbD-Nutzung bedürfen. Zur Evidenzgenerierung schlug sie insbesondere für Orphan Drugs/ATMPs registerbasierte pragmatische RCTs oder Adaptive/Plattformstudien vor.
Prof. Dr. Stefan Huster, Vorsitzender der Schiedsstelle nach § 130b SGB V und Dr. Antje Haas, Abteilungsleiterin Arznei- und Heilmittel, GKV-Spitzenverband gingen abschließend auf die neuen Anforderungen zur Erstattungsbetragverhandlung und Spruchpraxis unter dem GKV-FinStG ein. Prof. Dr. Stefan Huster sah hier künftig die Nacherstattung durch den pU als regelhaft an und nicht mehr – wie aktuell – als Ausnahme. Eine erste Entscheidung zur Preis-Mengen-Regelung (PMR) ist unterdessen bereits gefallen.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 24. Januar 2023 fand unsere jährliche Tagung zu neuen Arzneimittel-Vereinbarungen statt. Neben Rechtsanwalt Dr. Christian Stallberg waren Vertreter unterschiedlichster KV-Regionen vertreten.
Zu Beginn gab Dr. Christian Stallberg einen Überblick zum Rechtsrahmen und der Funktionsweise der regionalen Verordnungssteuerung und Wirtschaftlichkeitsprüfung. Er verdeutlichte dabei, dass Regresse zwar nachträglich, jedoch innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides oder für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen müssen. Eine Verordnung unter Rabattvertrag wird laut Herrn Stallberg immer als wirtschaftlich angesehen.
Zu Diskussionen führte vor allem die Frage nach dem Zusammenspiel von Biosimilar-Quoten und Festbeträgen bei Alt-Originalen. Sollten die Preise tatsächlich dieselben sein, könne es laut Herrn Stallberg tatsächlich zu einer „Diskriminierung“ bestimmter Produkte aufgrund von Biosimilar-Quoten kommen.
Die erste Referentin einer KV war Dr. Cornelia Czupalla, Beratungsapothekerin bei der KV Sachsen. Sie stellte unter anderem die Wirtschaftlichkeitsziele 2022 und 2023 gegenüber: Beispielsweise sollen in 2023 Zielwerte in Zielen mit Wirkstoffpräferenzen nicht über 90% liegen. Der G-BA-Beschluss vom 20. August 2020 zu Biosimilars wird berücksichtigt, indem rabattierte Original-Biologika nicht in Biosimilar-Quoten eingerechnet werden.
Anschließend referierte Dr. Holger Neye, welcher in der Pharmakotherapieberatung der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein tätig ist. Seiner Meinung nach hängt die Steuerung der Arzneimittel kaum noch an Quoten, sondern vor allem an Festbeträgen und Rabattverträgen. Den Medikationskatalog sieht er als wenig relevant zur finanziellen Arzneimittel-Steuerung, jedoch für qualitative Aspekte weiterhin als bedeutsam an. 2023 gab es unter anderem folgende Änderungen in den Arzneimittelvereinbarungen: Der KBV-Medikationskatalog enthält nur noch eine Quote für Standard plus Reserve und es gibt eine teils quantitative Quote für Reserveantibiotika.
Als Referent der KV Bayerns war Dr. Peter Killian, Leiter Team Arzneimittel, mit dabei und stellte u. a. Grundsätze für die Verordnung für Ärzt*innen vor: Wann immer möglich, sollen Generika und Leitsubstanzen verordnet werden und bei der Verordnung von medizinisch gleichwertigen Alternativen soll auf bestehende Rabattverträge geachtet werden. Durch das „Punktesystem“ wirken sich auch Altoriginale mit Rabattvertrag und sogar patentgeschützte Originalpräparate mit Rabattvertrag positiv auf die Zielerreichung aus. Ärzt*innen sollen wie gewohnt auf das Setzen von „aut idem“ Kreuzen möglichst verzichten und bei Biologika-Verordnungen auf verfügbare Biosimilars achten.
Monica Sørum-Kleffmann, Leiterin Sachgebiet Verordnungsmanagement der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, zeigte nochmal, wie sehr die Einführung der RW-Systematik insgesamt zum Rückgang eingeleiteter und unbegründeter Prüfungen beigetragen hat. Ein Wermutstropfen in diesem Zusammenhang sei die Zunahme der Einzelfallprüfungen um 23% im Jahr 2022 im Vergleich zu 2020. Prüfgegenstände sind vor allem OLU-Anträge.
Zum Abschluss stellte Julia Jachmich, Beratende Apothekerin GB Verordnungsmanagement bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe unter anderem die Neuerungen für 2023 vor. So werden beispielsweise nun im Bereich der direkten Antikoagulantien rabattierte Nicht-Leitsubstanzprodukte vollständig bei der Zielerreichung berücksichtigt.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-institut.de
Am 26. September 2021 fand das Online-Seminar „Market Access ATMP/Gentherapeutika“ mit Dr. Antje Haas (GKV-Spitzenverband), Prof. Dr. Stefan Huster (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Alexander Natz (Novacos Rechtsanwälte), Prof. Dr. Helmut Ostermann (Universitätsklinik Heidelberg), Benedikt Zanders (Orchard Therapeutics) und Tim Steimle (Techniker Krankenkasse) statt.
Artikel I: Germany-wide outcomes-based pricing comes up against unresolved data linkage, not willingness – umbrella payer group
von Hélène Mauduit, Redakteurin, APM Health Europe, Berlin
„BERLIN, 27 Sep (APM) - The possibility to conclude Germany-wide outcomes-based pricing agreement comes up against an unresolved data linkage issue, but not a willingness to do topic, we have been addressing technical prerequisites for years' but no one has found this 'interesting enough' to make the necessary changes, said the head of medicines at GKV-SV Antje Haas at Forum Institut für Management's online conference 'Market access ATMPs' on Monday. […].“
hm/nh
helene.mauduit@apmnews.com
Artikel II: No risk of price renegotiation 'flood' following AMNOG changes, says Germany's umbrella payer group
von Hélène Mauduit, Redakteurin, APM Health Europe, Berlin
„BERLIN, 27 Sep (APM) - The special right to terminate current price agreements included in the bill reforming the AMNOG pricing scheme will not lead to a 'renegotiation flood', but rather targeted procedures, according to Germany's umbrella payer group GKV-Spitzenverband (GKV-SV).
The bill to stabilise the SHI finances (GKV-FinStG) must include a special right to terminate current price agreements in order to apply new pricing rules but GKV-SV 'will calmly look at it and consider what to prioritise', said the head of medicines at GKV-SV Antje Haas at Forum Institut für Management's online conference 'Market Access ATMPs' on Monday. […].“
Artikel III: Germany's umbrella payer group suggests quicker AMNOG price implementation in hospital sector von Hélène Mauduit, Redakteurin, APM Health Europe, Berlin
„BERLIN, 28 Sep (APM) – Germany's umbrella payer group GKV-Spitzenverband has suggested a quicker turnaround of prices negotiated in the AMNOG procedure in the hospital sector for individual payers, to be added in the bill to stabilise the statutory health insurance (SHI) finances (GKV-FinStG).
The provision is aimed at suppressing overcharges for payers due to the existing time lag for implementing the price negotiated in the outpatient sector - via the AMNOG procedure - in the inpatient sector, GKV-SV said in its position paper to the bill. […].“
Artikel IV: Drug arbitration procedures in Germany on upward trend – body chair von Hélène Mauduit, Redakteurin, APM Health Europe, Berlin
„BERLIN, 29 Sep (APM) - Arbitration procedures on drug pricing are in a 'clear upward trend', partly due to a tighter economic environment, according to the head of the arbitration body.
'We have had 53 applications [since July 2019], 15 in 2020, 18 in 2021 and, with a clear upward trend, 20 applications by August of this year,' said healthcare jurist professor Stefan Huster at the Forum Institut für Management's online conference 'Market access ATMPs' on Monday. […].“
Sie möchten einen bzw. alle Artikel in ihrer Gesamtheit lesen?
Bitte nutzen Sie den folgenden Code FI0921, tragen ihn auf dieser Webpage in das Feld 'job title' ein und geben eine geschäftliche E-Mail-Adresse an, um eine kostenlose Leseprobe zu erhalten.
Ansprechpartnerin
Dr. Birgit Wessels
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
b.wessels@forum-institut.de
Prädikat: wertvoll! Mit anderen Worten kann man gar nicht das Augsburger Forum für Medizinprodukterecht beschreiben, das Herr Prof. Dr. Ulrich M. Gassner am 22. September zum 18. Mal organisierte. In den Räumlichkeiten der juristischen Fakultät der Universität trafen sich vor allem Juristen, aber auch interessierte Zuhörer verschiedener Medizinprodukte- und Arzneimittel-Hersteller, um am Forum teilzunehmen.
Neun Vorträge, sehr gut und abwechslungsreich zu aktuellen Medizinprodukterechtsthemen vorgetragen, ließen den Tag wie im Flug vergehen. Das Auditorium beteiligte sich rege mit Fragen und Diskussionen, wodurch es dem Veranstalter mit fortschreitender Zeit und trotz „Allgäuer Kuhschelle“ schwer fiel, den gesetzten Zeitrahmen einzuhalten. Es wäre aber schade gewesen, auf die interessanten Fragen nach den Vorträgen zu verzichten. So z. B. nach dem Vortrag von Frau Dr. Kirsten Plaßmann, PlassmannLEGAL, Stuttgart, die zur „Werbung mit Wirkaussagen für Medizinprodukte – Aktuelle Rechtsprechung zum Irreführungsverbot des Art. 7 a MP-VO“ referierte.
Frau Dr. Plaßmann diskutierte darin jüngste Rechtsprechungen wie z. B. das Urteil vom 21. April 2022 des OLG Hamm (4-U39/22 EV-Verfahren), worin das sog. 'Strengeprinzip“ (§ 3 HWG) zum Schutz der Verbraucher nicht nur bei gesundheitsbezogener Werbung für Arzneimittel zur Anwendung kommt, sondern auch, wenn Medizinprodukte, welche nur physikalisch wirken und nicht vom Körper resorbiert werden (hier: eine Wundauflage zur Aufnahme und Bindung von Wundexsudat), mit heilenden Wirkungen beworben werden (im Anschluss an OLG Frankfurt, Urteil vom 02.12.2021 – 6 U 121/20, GRUR 2022, 581 – Heilerde zur Entgiftung). Obwohl mit dem Art. 7 MP-VO eine übergeordnete Rechtsnorm existiert, hält Frau Dr. Plaßmann es dogmatisch für nicht unproblematisch, hier auf das Strengeprinzip zu verweisen bzw. Studienergebnisse zu fordern, die aus einer nach Goldstandard durchgeführten klinischen Studie stammen und so die Wirkaussage belegen.
Auch die Ausführungen von Herrn Dr. Roland Wiring, CMS Hasche Sigle, Hamburg, zur „Vermarktung von Bestandsprodukten unter der MP-VO: Was tun angesichts ablaufender Zertifikate und Übergangsfristen“ folgte eine lebhafte Diskussion, weil viele der Zuhörer ähnliche Fälle wie dem von Herrn Dr. Wiring geschilderten Fallbeispiel in ihrer Rechtspraxis begegnen. Die vorgestellten Lösungsoptionen wie z. B. eine Tolerierungsverfügung nach Art. 97 MP-VO zeigen nur kurzfristige Möglichkeiten zum weiteren Inverkehrbringen von Medizinprodukte ohne erneuerter Konformitätsbescheinigung. Ein Zuspitzen der Problematik scheint unausweichlich, dazu sind viele (rechtliche) Fragen in diesem Kontext offen und es ist fraglich, ob der Gesetzgeber hier zeitnah Abhilfe schafft.
Nicht unerwähnt an dieser Stelle sollen natürlich auch folgende Vorträge bleiben:
Ganz herzlichen Dank für diesen spannenden Tag gilt Herrn Prof. Gassner und seine Mitarbeiterinnen. Leider kündigte der Experte für Medizinprodukterecht an, in die Anwaltschaft zu gehen, wobei der Lehrstuhl für die Forschungsstelle für Medizinprodukterecht (FMPR) aufgrund aktuell ungeklärter Nachfolge erst einmal unbesetzt bleiben wird. Ob und in welcher Form zukünftig das Augsburger Forum fortgesetzt wird, ist leider aktuell unklar.
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-institut.de
Am 21. September 2022 fand das Online PharmaFORUM zum Thema „Update Variations“ statt. Referentin war Anne Engelhard, die mit vielen Fallbeispielen aus ihrer Validierungspraxis berichtete.
Doch zunächst adressierte sie Neuerungen im eAF im Bereich der Kombinationsprodukte. Sie hob noch einmal die Wichtigkeit hervor, stets die neueste eAF-Version zu nutzen, da hieran bereits die Validierung scheitern kann.
In den Fallstudien ging es dann meist um mögliche Klassifizierungen von Variations. Ein wichtiger Punkt war hier stets ein vollständiger und aussagekräftiger Scope, mit dem die beantragte Änderung nachvollziehbar beschrieben wird. Das bedeutet bei Typ z-Variation („unforeseen“) auch die Erläuterung, warum eine Einstufung als Typ IB in Abgrenzung zu einer Typ II-Klassifizierung an dieser Stelle zutreffend sein sollte.
Ein spannendes Thema war auch der Grenzbereich redaktioneller Änderungen – was eine Teilnehmer*in mit einer Frage zu einem falschen Spezifikationswert adressierte. Genauer ging es darum, ob ein Spezifikationswert redaktionell geändert werden kann, wenn der Wert aus einer anderen Wirkstärke aus Versehen eingesetzt wurde. Das bejahte Frau Engelhard, wenn es über einen Nachweis, dass die korrekten Daten (an anderer Stelle im Dossier) bereits hinterlegt und genehmigt waren, klar als Tippfehler belegt werden kann.
Abschließend gab Frau Engelhard einige Hinweise, mit welchen Maßnahmen Startverzögerungen aufgrund von Validierungsbeanstandungen vermieden werden können.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 15. September 2022 fand der PharmaFORUM Webcast Biologics zum Thema „Regulatory support in pharmaceutical development - exchange with regulators from Bench to Bedside“ mit Bettina Ziegele, Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Langen statt.
Bettina Ziegele startete mit einer Einführung zu biologischen Arzneimitteln und den grundlegenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zusammen mit einem Überblick über die Merkmale, die auf dem Weg der Arzneimittelentwicklung als Wegweiser für die regulatorische Unterstützung herangezogen werden können.
Daran schloss sich ein Überblick über die Arzneimittel in Zuständigkeit des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) an, bevor sie mit einem Überblick über Beratungsmöglichkeiten entlang der Arzneimittelentwicklung im Allgemeinen und den Beratungsangeboten des PEI im Besonderen zum Schwerpunktthema des Vortrags überleitete: die Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten der regulatorischen Unterstützung für Antragsteller auf nationaler und europäischer Ebene:
Auf nationaler Ebene erstreckt sich das Angebot des PEI von dem frühen gebührenfreien Beratungsformat des Pre-Advice, der gleich bei den ersten Schritten einer neuen Entwicklung eine informelle allgemeine regulatorische Orientierung bietet, über den klassischen gebührenpflichtigen Scientific Advice, der produktspezifische regulatorische Informationen zu verschiedenen Stadien im Laufe der Arzneimittelentwicklung vermittelt und auch stufenweise parallel zur Entwicklung beantragt werden kann. Daneben bietet das PEI ebenfalls Beratungen mit Einbindung der Expertise des G-BA für eine erste Einschätzung unter Berücksichtigung von Aspekten der (Zusatz-)Nutzenbewertung an. Das Angebot wird abgerundet durch Portfolio-Meetings zur Vorstellung von Arzneimittelentwicklungen der Antragsteller. Ein kurzer Überblick über das Scientific Advice Verfahren am PEI und eine Zusammenfassung des Angebots und die Möglichkeiten für die Antragsteller, hier eine umfassende regulatorische Einschätzung über ihr Arzneimittel zu erhalten und einen umfassenden Erkenntnisgewinn europäisch tätiger Experten mit auf den weiteren Weg, z.B. in Richtung Antragstellung klinische Prüfung zu nehmen.
Im Anschluss folge der europäische Vortragsteil, der zunächst einen Überblick vermittelte über Beratungsverfahren bei der EMA sowie weitere regulatorische Verfahren, die im Verlauf der Arzneimittelentwicklung hilfreiche regulatorische Informationen für das jeweilige Arzneimittel geben können. In der Folge wurden die Beratungsverfahren der EMA vorgestellt, die die Arzneimittelentwicklung ebenfalls mit den ITF-Meetings in sehr frühen Phasen unterstützen kann, gefolgt von dem europäischen Scientific Advice Verfahren, das eine Beratung über den gesamten Arzneimittelentwicklungsprozess bietet und in einer Sonderform für Arzneimittel für seltene Erkrankungen zur Verfügung steht. Bei den weiteren Verfahren fanden insbesondere die für ATMP eingerichteten Verfahren zur Zertifizierung und Klassifizierung Eingang, da sie eine erste grundlegende Einschätzung für die weitere Entwicklung des ATMP zur Markzulassung geben können. Nicht unerwähnt blieben auch das PRIME-Schema mit dem Schwerpunkt auf der Unterstützung der Entwicklung von Arzneimitteln großen öffentlichen Interesses sowie das STAMP-Projekt zur Identifikation von neuen Indikationen bereits zugelassener Arzneimittel mit besonderem Interesse im Bereich der Antibiotika. Dieser Part wurde beschlossen mit einer zusammenfassenden Übersicht über die einzelnen Verfahren im Verlauf des Arzneimittelentwicklungsprozesses.
Der dritte Vortragsteil beschäftige sich mit neuen Beratungskonzepten. Zum einen wurde hier der sogenannte Pre-Grant Regulatory Scientific Advice (PGRSA) vorgestellt, der in der Entwicklung ist, um zusammen mit Fördereinrichtungen bereits bei der Phase der Antragstellung die Anträge mit regulatorischer Expertise zu unterstützen. Als weiteres neues Beratungsformat wurde der Simultaneous National Scientific Advice vorgestellt, bei dem der Antragsteller die Beratung von zwei Zulassungsagenturen der EU-Mitgliedsstaaten gleichzeitig erhält, mit dem Ziel, unterschiedliche Positionen zu diskutieren und so weit wie möglich zu harmonisieren. Dieses Format steht den Antragstellern bereits in einem Pilotprojekt zur Verfügung und bietet mittlerweile auch die Möglichkeit eine dritte Behörde als Beobachter einzuschließen. An dem Piloten beteiligen sich mittlerweile mehr als 16 EU-Zulassungsbehörden mit steigender Tendenz. Abschließend dazu wurde das Verfahren vorgestellt sowie zusammenfassend erörtert, dass dieses Format z.B. ermöglicht, früh mit geballter Expertise regulatorische Herausforderungen zu identifizieren und Antragsverfahren insbesondere für die klinische Prüfung unter der neuen Verordnung beschleunigen kann.
Abgerundet wurde der Vortrag durch einen Ausblick auf ein regulatorisches Curriculum, das im Rahmen des von der EU geförderten STARS-Projektes (https://www.csa-stars.eu) unter maßgeblicher Beteiligung des PEI entwickelt wurde und zur Implementierung ansteht.
Autorin
Bettina Ziegele
Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Langen
Ansprechpartnerin
Dr. Birgit Wessels
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
b.wessels@forum-institut.de
PharmaFORUM Webcast Biologics 2023 - Diese Themen dürfen Sie in 2023 erwarten:
Das Programm 2023 ist ab Mitte Oktober verfügbar.
PharmaFORUM Marketing Webcast 'Newsletter-Marketing - Tipps für erfolgreiche Ärzte-Mailings'
Rechtliche Rahmenbedingungen der Studienkommunikation
Summary des Online Medizinprodukte FORUMs 'MDR nun fast ein Jahr - IVDR kurz vor Gültigkeit'
Im Rahmen des PharmaFORUM Marketing Webcast am 15. Juni 2022 hat Annette Karoline Link-Thoma, Senior Manager Content Strategy & Digital Customer Experience bei Pfizer, über das Thema Newsletter-Marketing gesprochen und den Teilnehmern praktische Tipps für erfolgreiche Ärzte-Mailings gegeben.
Die Frage, die sich viele Marketers stellen, ist: Wie generiere ich Mailings mit „Wow!-Effekt“, die auch wirklich geöffnet werden? Die E-Mails sollten als Post mit interessanten Inhalten aufgefasst werden und nicht als nutzloser Spam.
Frau Link-Thoma initiiert selbst erfolgreiche E-Mail-Newsletter an Ärzt:innen und hat mit den Teilnehmern des Webcasts ihre neun Erfolgsfaktoren zur Maximierung der E-Mail-Qualität geteilt.
Es werden immer noch zu lange Mails verfasst. Man muss sich vor Augen halten, dass sich jeder Empfänger in der Regel gedanklich in einer anderen Tätigkeit befindet, wenn die Mail bei ihm ankommt. Daher ist es immens wichtig, dass die Inhalte nicht nur relevant, sondern auch möglichst kurz gefasst sind – das Stichwort hier ist der „Teaser“. Das Interesse muss auf einen Blick gewonnen werden, sonst sinkt die Chance auf Öffnung der Mail und im Weiteren auf das Anklicken der Informationen. Der Leser screent die Nachricht im Schnitt in nur 4-5 Sekunden und entscheidet dann, ob sich das Lesen lohnt oder nicht.
Zudem zeigen Studien, dass die Akzeptanz für Mails mit zunehmender Mailing-Dichte deutlich sinkt. Kommen zu viele Newsletter, werden die einzelnen seltener geöffnet. Man muss versuchen aus den zahlreichen Mails der vielen unterschiedlichen pharmazeutischen Unternehmen herauszustechen. Es gilt das Credo: Qualität vor Quantität! So sind auch die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens gut damit beraten, ihre Newsletter-Aussendungen intern zu koordinieren und intelligent auszusteuern.
Ob Personalisierung, Betreffzeile oder Header, bei jedem Newsletter, den man erstellt, sollte man immer im Hinterkopf haben, was würde mich selbst dazu bewegen, diesen Newsletter zu öffnen.
Autorin
Cornelia Gutfleisch
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
c.gutfleisch@forum-institut.de
Am 30. und 31. März 2022 fand die Arzneimittelpreis-Veranstaltung des FORUM Instituts statt. Im Fokus standen Aktuelles zum AMNOG-Prozess inklusive des kommenden EU-HTA-Prozesses sowie die Themen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Arzneimitteln.
Zu Beginn der Tagung adressierte Dr. Alexander Natz (EUCOPE) die Punkte, die durch ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz kommen könnten. Im Lauf der Tagung wurde deutlich, dass hier noch viel Gesprächsbedarf ist. Herr Prof. Ullmann, MdB (FDP) nannte es am ersten Veranstaltungsabend ein „Non-Paper“, das in dieser Form nicht in ein Gesetz münden wird.
Dr. Antje Behring informierte über den aktuellen Stand beim AMNOG-Verfahren. Aus ihrer Perspektive werden ca. 60% der Beratungsgespräche zu spät gesucht, nämlich dann, wenn der Zulassungsantrag bereits gestellt ist.
Das Thema EU-HTA wurde sowohl von Frau Dr. Behring als auch von Marcus Guardian (EUnetHTA) adressiert. Der G-BA wird hier künftig das Beratungssekretariat stellen. Für die nächsten 2 Jahre werden acht Beratungen anberaumt. Der erste Industrie-Call dazu fand bereits statt, der zweite läuft von 6.6.22 – 31.8.22. Die Beratungen starten dann im November 2022. Die Co-ordination Group formiert sich gerade und wird ihre Arbeit mit einem ersten Meeting am 21. Juni 2022 aufnehmen. Die Zusammensetzung der Co-ordination Group wird in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.
Dr. Alexander Natz gab nachfolgend einen Überblick über die weiteren EU-Projekte, insbesondere unter dem Dach der Pharma 2025-Strategie. Hier blieb die Frage offen, wie sich die Orphan Drug-Privilegien künftig verändern und ob sie vielleicht nur noch für den regulatorischen Bereich (kein AMNOG-Orphan-Privileg?) gelten sollten.
Prof. Josef Hecken (G-BA) war sehr zuversichtlich, dass die Rückwirkung des AMNOG-Erstattungsbetrags auf Monat 7 nach Marktzulassung kommen wird. Er sah Handlungsbedarf beim Thema Mengenausweitung durch Indikationserweiterung, bei der Vergütung von Kombinationspräparaten (2 oder mehr AMNOG-bewertete Produkte) und bei unwirtschaftlichen Verpackungsgrößen. Diese Punkte sah Dr. Antje Haas in gleichem Maß. Sie sprach sich für ein deutlich zügigeres Verfahren bei der anwendungsbegleitenden Datenerhebung aus und einem Start der AbD direkt nach Inverkehrbringen. Das Thema Budget-Impact müsste ihrer Meinung nach ein wichtiges Erstattungskriterium werden. In vielen anderen Ländern sei das jetzt schon der Fall.
Bork Bretthauer (Pro Generika) und Dr. Claus Michelsen (vfa) gaben nachfolgend Anstöße, wie die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln besser gewährleistet werden könnte. Ein Aufbrechen der Marktverengung stand hier mehr im Fokus als eine Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion in der EU.
Paula Piechotta, MdB (Bündnis 90/die Grünen) sprach sich am Abend auch eher für den Abbau von Monolithen in der Arzneimittelherstellung aus als für eine generelle Rückholung der Arzneimittelproduktion in die EU.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 16. Februar 2022 fand die neueste Ausgabe des Online Pharma FORUMs zum Thema „eSubmission/IDMP“ statt. Experte war Dr. Peter Bachmann. Ein eingangs adressiertes Thema war eCTD4.0, das schon länger in der Planung ist, und nun vermutlich als Software-Update und nicht als komplett neues Businesskonzept eingeführt werden wird.
Im Fokus der Sendung stand das Unicom Workpackage 3 und 4 „Implementation of IDMP compatible eAFs“ mit dem zugehörigen DADI-Projekt. Durch das DADI-Projekt kommt es zu einer Ablösung der pdf-forms Technologie durch online-„web forms“. Ab Ende Q3 2022 wird nach der jetzigen Planung die Variation-Einreichung via „web form“ möglich sein, 6 Monate später wird es verpflichtend werden.
Zum Ende der Sendung informierte Herr Dr. Bachmann über den aktuellen Stand des ePI (electronic product information) Projekts. Hier ist der Pilotstart für 2023 vorgesehen.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 27. Januar 2022 fand unsere jährliche Tagung über regionalen Vereinbarungen zur Verordnungssteuerung statt. Neben Rechtsanwalt Dr. Christian Stallberg waren Vertreter unterschiedlichster KV-Regionen vertreten.
Zunächst adressierte Dr. Christian Stallberg generelle Maßnahmen der Verordnungssteuerung und deren Spannungsfelder zwischen System- und Verordnungsebene. Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes führte die Einordnung von Mischpreisen bei nur teilweise belegtem Zusatznutzen zu Diskussionen – laut Stallberg sei bis heute ungeklärt inwiefern diese Präparate als wirtschaftlich eingestuft werden.
Seitens der Teilnehmenden wurde kritisch hinterfragt weswegen einerseits Rabattvertragsarzneimittel generell als wirtschaftlich gelten; andererseits Ärzte jedoch teilweise trotzdem dahingehend geprüft werden. Laut den Referierenden findet sich die Antwort auf solche Fälle in der Regel in den Vereinbarungen der einzelnen KV-Regionen. Im Falle eines tatsächlichen Regresses könne der Hersteller nicht weiterhelfen. Der Arzt selbst könne auch nur dann klagen, wenn Informationen der Krankenkassen bzgl. Der Erstattung nicht korrekt übermittelt wurde.
In den Beiträgen der einzelnen Kven wurde jeweils ein Ausblick zu den Arzneimittelvereinbarungen 2022 gegeben.
Den Anfang machte beispielsweise Dr. Cornelia Czupalla der KV Sachsen und fasste die Weiterentwicklungen folgendermaßen zusammen: Es soll ausreichend Einsatzmöglichkeit für Nichtzielsubstanzen/nachrangig zu verordnende Wirkstoffe geben, Zielwerte in Zielen mit Wirkstoffpräferenzen sollen nicht über 90% liegen und i. d. R. auf Höhe des Fachgruppendurchschnitts.
Ulrike Fahrland der KV Westfallen-Lippe fasste für 2022 wiederum zusammen, dass Richtgrößen beibehalten werden und Rabattberücksichtigungen erweitert werden sollen. Auf mögliche Regelungen zur Substitution von Biosimilars in Apotheken werde nach Bedarf reagiert.
Auf die Frage der Teilnehmenden weswegen bei den unterschiedlichen KV-Regionen Quoten in derselben Indikation einer teilweise großen Spannweite unterliegen, antwortete Johann Fischaleck folgendermaßen: Die Unterschiede ergeben sich aus der unterschiedlichen Außendienst-Aktivität aber auch der „Erziehung“ der Ärzte. Während seiner Funktion als Teamleiter Arzneimittel der KV Bayerns habe es beispielsweise einen „Fischaleck-Effekt“ im Rahmen der Quoten gegeben.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Online Medizinprodukte FORUM 'Handel und Vertrieb von Medizinprodukten'
Biosimilars 2022
Online Pharma FORUM – “Update: Clinical Trial Regulation”
Nachhaltigkeit, Lieferkette & Tender
Pharma Trends 2022 - Jahrestagung des FORUM Instituts - „in Berlin und online erlebbar“
Verunreinigungen in Arzneimitteln - Fokus Nitrosamine
am 14. Dezember 2021
Die letzte Sendung des Online-Medizinprodukte FORUMs dieses Jahres widmete sich dem Thema „Handel und Vertrieb von Medizinprodukten“.
Dr. Roland Wiring, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB, Hamburg, ,startete seinen dreiteiligen Vortrag zunächst mit einem Überblick über die Wirtschaftsakteure gemäß der Verordnungen (EU) 2017/745 und 746 (MDR und IVDR).
Darin finden sich Legaldefinitionen für Hersteller, Importeure und Händler (engl. Distributor), wobei Dr. Wiring zwischen „tatsächlichen“ und „rechtlichen“ Herstellern unterschied, auf deren Unterscheidung er zu einem späteren Zeitpunkt seines Vortrags noch einmal einging. In die Betrachtung der „Medizinprodukte-Lieferkette“ müssen Zulieferer und Endkunden unbedingt miteinbezogen werden. Relativ neu im medizinprodukterechtlichen Kontext sind die Legaldefintionen für „Importeure“ und „Händler“.
Dr. Wiring betonte bei seinen Ausführungen zu „Importeuren“ gemäß Art. 2 Ziff. 3, dass jede EU grenzüberschreitende Veräußerung von Unternehmen zu Unternehmen, auch wenn es sich beispielsweise um eine Veräußerung von einer Mutter- zur Tochtergesellschaft handelt, das ein Inverkehrbringen i.S.v. Art. 2 Ziff. 28 bedeutet, mit entsprechenden Pflichten für die Importierende einhergeht: „Inverkehrbringen“ bezeichnet die erstmalige Bereitstellung eines Produkts, mit Ausnahme von Prüfprodukten, auf dem Unionsmarkt.
In diesem Zusammenhang empfiehlt sich zum einen die Lektüre des „Blue Guide“, dem EU-Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU aus 2016, und zum anderen der MDCG-Guidance 2021-27, Questions and Answers on Articles 13 & 14 of Regulation (EU) 2017/745 and Regulation (EU) 2017/746.
Im zweiten Teil des Vortrags konzentrierte sich der Experte auf die medizinprodukterechtlichen Pflichten innerhalb der Vertriebskette: So enthält die MDR bzw. IVDR keine unmittelbar geltenden Anforderungen an Zulieferer. Es gelten aber allgemeine, stoffrechtliche Vorgaben, wie z. B. REACH oder RoHS, sowie Anforderungen aus vertraglichen Abreden mit Herstellern, wie z. B. das Weiterreichen von Pflichten oder Qualitätsanforderungen.
Die Pflichten für Importeure gemäß Art. 13 sind sehr umfangreich. So müssen diese neben verschiedenen (Produkt-)Prüfungspflichten auch die Produktregistrierungen in EUDMED vornehmen. Händlern gemäß Art. 14 obliegen seit dem 26. Mai 2022 für Medizinprodukte ebenso viele neue Pflichten. Diese müssen beispielsweise Beschwerden über Vorkommnisses sammeln oder haben eine Registrierungspflicht in Deutschland gemäß § 88 MPDG Abs. 1 Nr. 9.
Im dritten und letzten Vortragsteil beleuchtete Dr. Wiring vertragliche Beziehungen zwischen Wirtschaftsakteuren. Neben Einkaufs-, Zulieferer- oder Vertriebsverträgen dürfen Qualitätsvereinbarungen nicht außer Acht gelassen werden. So empfiehlt sich die wechselseitige Spiegelung medizinprodukterechtlicher Pflichten sowie – jetzt – die Anpassung von Vertragstemplates bzw. bestehender Verträge gemäß MDR und IVDR.
Dr. Wiring: „In diesem Kontext ist die Broschüre „Mustervertragselemente“ des BVMed unbedingt empfehlenswert.“
Autorin
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-institut.de
Am 10. Dezember 2021 fand online die Biosimilars-Tagung des FORUM Instituts statt. Im Fokus der Tagung stand die für 2022 geplante Aut-idem-Substitutionsregelung für diese Produktgruppe.
Herr Professor Hecken, G-BA skizzierte dazu den Fahrplan: Mitte März wird das Stellungnahmeverfahren starten. Für April ist dann nach Auswertung und Anhörung ein Regelungsvorschlag vorgesehen und für Mitte August der Beschluss im G-BA-Plenum. Es wird eine Umsetzung etappenweise nach Therapiegebiet erwartet, Umsätze und relevante Einsparmöglichkeiten für die GKV stehen hier im Fokus.
Kritisch diskutiert wurde in der Tagung mit Politik, G-BA und Stakeholdern der künftige Kommunikationsweg Arzt – Apotheke – Patient, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Hier bestand Einigkeit, dass entsprechende Regelungen noch folgen müssen und dass eine funktionierende ePA der Idealzustand wäre.
Was folgt aus Aut-idem? Rabattverträge mit Krankenkassen – das wurde in der Diskussion ebenfalls deutlich. All diese Themen werden in der nächsten Biosimilars-Tagung Ende April erneut wieder aufgegriffen, wenn der G-BA mitten im Regelungsfahrplan ist.
Autorin
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 8. Dezember 2021 referierte Dr. Aylin Mende im Rahmen des Online Pharma FORUM zur Clinical Trial Regulation (CTR) und zur Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln. Dabei ging die Expertin auf wichtige News rund um das Clinical Trial Information System (CTIS) sowie auf die Grundprinzipien der Antragsstellung ein. Weiterhin wurden auch das EU-Portal und die EU-Datenbanken thematisiert.
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen konnte das letzte Online Pharma FORUM des Jahres 2021 nicht wie gewohnt aus den Räumlichkeiten der Kanzlei Sträter in Bonn-Bad Godesberg gesendet werden. Dr. Aylin Mende stellte sich daher der Herausforderung, Ihren informativen Vortrag vom heimischen PC aus zu halten, wie auch Prof. Dr. Burkhard Sträter, der aus der Distanz moderierte.
Großes Interesse, das sich in einer Vielzahl von Fragen an Dr. Mende widerspiegelte, zeigten die Teilnehmenden am Vortragsteil zum Prozess der Antragsstellung und seinen Besonderheiten: Neuerdings kann die Einreichung von Teil I (Artikel 6) und Teil II (Artikel 7) losgelöst von einander und mit einer zeitlichen Differenz von maximal zwei Jahren erfolgen.
Die verschiedenen Bestandteile des Assessment Reports für Teil I werden durch die Bundesoberbehörden (BOB) bearbeitet. Zusätzlich werden einige Bestandteile auch durch die Ethikkommissionen (EK) bearbeitet, so zum Beispiel die Klinische Dokumentation/der Prüfplan, die Statistik sowie die Nutzen/Risiko-Bewertung. Die Bewertung von Teil II fällt aktuell vornehmlich in den Verantwortungsbereich der EK. Die Antragsstellung erfolgt via CTIS.
Am 31. Juli 2021 wurde die volle Funktionalität des CTIS durch die EMA mittels Amtsblatt der EU-Kommission bekanntgegeben. Damit wird die EU Nr. 536/2014 voraussichtlich am 31. Januar 2022 erstmalig anwendbar. Zum Zeitpunkt des Vortrages von Dr. Mende befanden sich die Entwicklungsarbeiten an CTIS noch im vollen Gange.
Sobald das CTIS in Betrieb genommen wurde, wird es innerhalb der EU die alleinige Stelle für die Antragseinreichung klinischer Prüfungen darstellen. Das Portal verschlankt die bisherige Vorgehensweise: beispielsweise kann ein Sponsor nun eine klinische Prüfung mit Hilfe eines einzigen Antrages stellen und muss nicht, wie bisher, einen separaten Antrag für jedes Land einreichen.
Im kommenden Dezember wird Dr. Aylin Mende erneut im Rahmen des Online Pharma FORUMS zum Thema Clinical Trials Regulation sprechen – dann hoffentlich wieder live für Sie aus Bonn!
Autorin
Sonja Wittemann
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
s.wittemann@forum-institut.de
Am 06.12.2021 fand die digitale Fachtagung „Nachhaltigkeit, Lieferkette & Tender - das kommt auf Pharma zu“ statt. Hierbei stellten Referenten aus den verschiedensten Bereichen sowohl den aktuellen Stand als auch Trends hinsichtlich des Einbezugs von Nachhaltigkeitskriterien und Anforderungen an die Lieferkette in der Pharmaindustrie vor.
Den Anfang machte Andrea Schmitz des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller mit den Konsequenzen des Lieferkettengesetztes für die Pharmaindustrie. Das am 01. Januar 2023 in Kraft tretende Gesetz betrifft die Pharmaindustrie auf vielfältige Weise. So sollen Menschenrechtsrisiken und Umweltrisiken im eigenen Unternehmen vorgebeugt oder minimiert werden. Das Lieferkettengesetz bezieht sich dabei v.a. auf den eigenen Geschäftsbereich sowie direkte Zulieferer. Je nach Fragestellung wird die Anwendung des Gesetzes schnell komplex: Beschäftigt ein Lieferant eines Pharmaunternehmens beispielsweise einen Mitarbeiter im Ausland ist grundsätzlich der dortige Mindestlohn anzuwenden. Ausnahmen können jedoch auftreten wenn der dort geltende Mindestlohn die Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes ggf. nicht möglich macht. In diesem Fall kann das Lieferkettengesetz dennoch als missachtet angesehen werden.
Der Verstoß gegen das Lieferkettengesetz seitens eines Lieferanten erfordert nicht zwingend die Auflösung der Geschäftsbeziehung. Schmitz weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, welche verheerenden Auswirkungen auf Lieferketten in der Arzneimittelproduktion entstehen könnten.
Um das Gesetz praktisch richtig anzuwenden bieten verschiedenste Organisationen und Initiativen Hilfestellungen, wie beispielsweise die Union for Ethical BioTrade, die Pharmaceutical Supply Chain Initiative oder natürlich Verbände wie der BAH selbst.
Schmitz machte abschließend deutlich, dass die Vorbereitungen der Pharmaindustrie auf die Anwendung des Lieferkettengesetzes frühzeitig erfolgen müssen. Sie merkte an, dass auf europäischer Ebene sogar bereits ein ähnliches Gesetz in Planung ist - allerdings mit noch schärferen Maßnahmen.
Den aktuellen Stand der Vergabepraxis hinsichtlich Nachhaltigkeitskriterien und dem Standortfaktor Europa erläuterte anschließend Alexander Natz von Novacos Rechtsanwälte. Als Anknüpfungspunkt für Nachhaltigkeitskriterien ist laut Natz § 97 Abs. 3 GWB anzusehen: „Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt“. Der Einbezug ist grundsätzlich auf allen Ebenen des Beschaffungsvorgangs möglich. Am ehesten umsetzbar sei dies bei Arzneimitteln laut Natz jedoch im Rahmen der Zuschlagskriterien. Laut § 127 Abs. 1, 3 GWB müssen sich umweltbezogene Kriterien nicht nur auf die materiellen Eigenschaften des Produkts auswirken, sondern können beispielsweise auch die Herstellung und Entsorgung des Produkts betreffen. Als Beispiel für den praktischen Einbezug von Nachhaltigkeits- und Standortkriterien bei Tendern führte Alexander Natz die AOK Antibiotika-Ausschreibung aus dem Jahr 2021 auf. Im Rahmen dieser wurden Aspekte der Lieferkette, des Umweltschutzes und des Arbeitsschutzes als Zuschlagskriterien definiert. Soziale und ökologische Aspekte können laut Natz beim Zuschlag grundsätzlich berücksichtigt werden, jedoch wurde beim Nachprüfungsverfahren das Zuschlagskriterium der „geschlossenen Lieferkette“ angegriffen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Zuschlagskriterien obliegt daher zum Zeitpunkt der Fachtagung weiterhin dem OLG Düsseldorf.
Als Fazit schlussfolgert Alexander Natz, dass in Zukunft auf jeden Fall mit dem verstärkten Einbezug von Kriterien der Nachhaltigkeit, der Lieferkette und der Produktionsstandorte in der Vergabepraxis zu rechnen ist. Aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie vermutet er, dass dabei eine stabile Lieferkette eines der bedeutendsten Kriterien werden wird.
Einen internationalen Blickwinkel auf das Thema brachte Nina Uldal, Director of Procurement and Negotiation bei Amgros I/S in Dänemark ein. Amgros I/S ist für die Beschaffung und Lieferung von Arzneimitteln für staatliche Krankenhäuser in Dänemark verantwortlich. Für den bestmöglichen Patient Access und eine starke Verhandlungsmacht bündelte Amgros in den letzten Jahren häufig Tender für Dänemark, Island und Norwegen. Im Falle von Hormonpräparaten wurden bereits Aspekte der Nachhaltigkeit (wie beispielsweise eine besonders leicht recycelbare Verpackung) und der Liefersicherheit bei der Vergabe berücksichtigt. Laut Uldal hat sich durch den Einbezug dieser Kriterien die Zahl der Tender-Teilnehmer nicht verringert. Sie weist in diesem Zusammenhang jedoch auch darauf hin, dass der Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien und Aspekte der Liefersicherheit bereits viele Jahre im Voraus bei Herstellern angekündigt wurde und Schwierigkeiten vorab diskutiert wurden.
Den Fokus zurück auf Deutschland lenkte die anschließende Diskussion zwischen Roman Feuerer der Barmer und Frank Wienands der AOK Baden-Württemberg zum Thema „Krankenkassen-Ausschreibungen in der Praxis“. Wienands und Feuerer waren sich einig, dass der Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien in die Arzneimittelherstellung kein Anliegen einer einzelnen Krankenkasse ist, sondern dass die Rahmenbedingungen dafür zunächst auf politischer Ebene angegangen werden müssten. Die Offenheit zum Austausch mit der Industrie ist dennoch bei beiden Kassenvertretern groß. Feuerer berichtet in diesem Zusammenhang, dass das Markterkundungsverfahren zum Austausch mit der Industrie zur Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien im Jahr 2021 leider zu einer sehr geringen Rückmeldequote bei Industrievertretern geführt habe und hofft, dass der angebotene Dialog in Zukunft besser angenommen wird. Wienands merkte daraufhin an, dass es sinnvoll wäre, wenn die Industrie sich zunächst untereinander auf einen gemeinsamen Nenner hinsichtlich Umweltkriterien festlegen würde. Die Erfahrungen der AOK Baden-Württemberg im Rahmen der Antibiotika-Ausschreibungen hätten seiner Erfahrung nach nämlich teilweise sehr gegensätzlichen Reaktionen aus der Industrie hervorgerufen.
Auch wenn der politische Rahmen entsprechend angepasst werden sollte, möchten Feuerer und Wienands als Kassenvertreter die Themen Nachhaltigkeit und Sicherheit der Lieferkette auch unabhängig davon weiter forcieren. Als bedeutsam erachten dabei beide, dass solche Kriterien auch im innovativen Bereich Anwendung finden sollten.
Der letzte Beitrag der Fachtagung „Nachhaltige Produktion - auch außerhalb von Ausschreibungen im Fokus?“ stammte von Iris Obermüller, Global Director Environment der Merck Group. Sie stellte dabei die aktuelle Nachhaltigkeitsstrategie der Merck Gruppe vor und wies in diesem Zusammenhang auf die entscheidende Bedeutung von nachhaltigem Handeln für den zukünftigen Geschäftserfolg hin. Das übergeordnete Nachhaltigkeitsziel der Merck Gruppe ist die Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2040.
Zusammenfassend lässt sich aus den verschiedenen Beiträgen folgendes Fazit aus der Fachtagung ziehen: Die Pharmabranche wird in Zukunft sicherlich verstärkt auf Kriterien der Lieferkette und der Nachhaltigkeit achten müssen. Sei es durch das Lieferkettengesetz, einem zukünftigen europäischen Äquivalent und/oder entsprechende Kriterien der Ausschreibungspraxis von Krankenkassen. Eine frühzeitige Anpassung entsprechender Prozesse ist daher in jedem Fall empfehlenswert.
Autorin
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Nachberichterstattung durch Herrn Professor Sträter (zuerst publiziert als Streiflicht in Ausgabe 12/2021 der PharmInd).
Für den 22. und 23. November 2021 hatte das FORUM Institut zur traditionellen Jahrestagung „Pharma Trends 2022“ geladen, um einen Ausblick auf die Entwicklung Pharmamarktes im Jahre 2022 zu geben. Die Jahrestagung wurde als Hybridveranstaltung mit Teilnehmern präsent vor Ort in Berlin und anderen online im Büro oder Homeoffice durchgeführt. Bedingt durch die vierte Coronawelle hat sich kurz vor und im Verlauf der Tagung der Anteil der Onlineteilnehmer und der Onlinereferenten erhöht. Dies hat besondere Herausforderungen für die Konferenztechnik geschaffen, die aber sehr gut gemeistert wurden, so dass die Veranstaltung erfolgreich unter der Leitung von Frau Dr. Wolf-Klein und Herrn Prof. Sträter durchgeführt werden konnte.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde bekannt, dass über das Wochenende das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen für den Bereich Gesundheit und Pflege inoffiziell an die Presse gegeben wurde. Die Bundestagsabgeordneten der Ampel-Koalition haben daher ihre Teilnahme an einer Podiumsdiskussion absagen müssen, um der offiziellen Bekanntmachung der Koalitionsverhandlungen nicht vorzugreifen. Sie haben sich aber bereit erklärt, am 13. Dezember in einem Online-FORUM diese politischen Zielsetzungen zu kommentieren und zu erläutern. Nur der frühere CDU-Abgeordnete Hennrich wurde online zugeschaltet. Er zeigte sich nicht sonderlich überrascht. Im Bereich der Versorgung der Bevölkerung mit Generika seien keine Kostenersparnisse zu erzielen. Zusammenfassend wies er darauf hin, dass bei Koalitionsverhandlungen mit der CDU ein durchaus vergleichbares Ergebnis zu erwarten gewesen wäre!
Folgende Änderungen sind avisiert und wurden im Verlauf der Tagung diskutiert:
Die Versorgung mit Arzneimitteln soll durch Produktionsstandorte in der Europäischen Union gesichert werden. Das Nähere soll in gesetzlichen Regelungen bestimmt werden.
Der Zwangsrabatt für nicht festbetragsgeregelte Arzneimittel wird von 7 auf 16 % erhöht und gleichzeitig das Preismoratorium weiter fortgeschrieben. Das AMNOG-Verfahren wird weiterentwickelt. Der verhandelte Erstattungsbetrag wird auf den Beginn des 7. Monats nach Markteinführung rückwirkend angewendet und nicht erst auf den Beginn des 13. Monats. Die Mehrwertsteuer für alle Arzneimittel wird auf 7 % reduziert bei Fortschreibung des Preismoratoriums. Für die elektronische Patientenakte ePA soll das Prinzip des „opt out“ gelten, d. h. die Teilnahme bleibt freiwillig. Ein Ausschluss folgt allerdings erst dann, wenn der Patient ausdrücklich der Verwertung seiner Daten widerspricht.
Eines der großen Themen der Tagung war die „Sicherung der Arzneimittelversorgung in Europa“. Hierzu haben vorgetragen – aus gesundheitspolitischer Sicht – der Leiter der Abteilung 1 „Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie“ im Bundesministerium für Gesundheit, Herr Ministerialdirektor Thomas Müller, und Frau Dagmar Wald-Eßer von IQVIA mit einer Analyse des deutschen und europäischen Marktes. Es wurde deutlich, dass die durch Corona ausgelösten Turbulenzen zu erheblichen Problemen in der Arzneimittelversorgung geführt haben. Die Politiker haben daher erkannt, dass „resiliente Lieferketten“ und Produktionsnetzwerke innerhalb der Europäischen Union wieder aufgebaut werden müssen. Die Beteiligten haben jedoch hervorgehoben, dass eine Anhebung der Generikapreise nicht automatisch zur Verlagerung der Produktionsstätten führt, sondern im Zweifel zu einer Erhöhung des Gewinns der Unternehmen, was nicht Ziel der politischen Anstrengungen sein könne. Ein Mittel ist die Ausschreibung von Rabattverträgen für Generika. Hier wird überlegt, ob für die Ausschreibung und Vergabe ein bestimmter Anteil der betroffenen Wirkstoffe und Arzneimittel aus europäischer Produktion gefordert werden muss. Wolfgang Späth, der Leiter der Abteilung Regulatory and external Affairs der Sandoz AG Deutschland hat die besondere Bedeutung von Biosimilars für die Versorgungssicherheit hervorgehoben. Ein großer Teil der Produktion findet sich unverändert in Europa. Die an medizinischen Fragen orientierte Substitution durch den verschreibenden Arzt hat sich nach Einschätzung der Generika/Unternehmen bewährt. Danach soll unbedingt eine aut-idem-Substitution auf der Grundlage von Rabattverträgen und durch Apotheker verhindert werden. Das Ziel der Reduktion von Ausgaben für biotechnologische Arzneimittel bei gleichzeitiger Wahrung der Versorgungssicherheit lasse sich auf diesem Wege am besten gewährleisten. Es wurde diskutiert, ob unter diesen Voraussetzungen noch eine Liste substituierbarer Biosimilars durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zu rechtfertigen ist.
Zur Entwicklung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel von insgesamt ca. 43 Mrd. Euro pro Jahr tragen maßgeblich hochpreisige Arzneimittel bei. Die Preisbildungsmodelle für ATMPs waren daher ein wichtiges Thema. Dr. Dan Dammann, der Teamleiter Arzneimittel-Verordnungssteuerung der Techniker Krankenkasse – hat dazu ein viel diskutiertes „Fair Pricing Model“ vorgestellt, das von der International Association of Mutual Benefit Societies - AIM - entwickelt und in einem Modellversuch von der Techniker Krankenkasse und Prof. Gerd Glaeske am Beispiel verschiedener hochpreisiger Arzneimittel getestet wurde. Danach wäre eine Preisreduktion im Durchschnitt von ca. 30 % zu erzielen. Offen blieb jedoch die Frage, wer in welcher Verantwortung diese Preise festsetzen soll.
Die Abteilungsleiterin Arznei- und Heilmittel des GKV-Spitzenverbandes, Frau Dr. Antje Haas, hat ihre Vorstellung zur Reduktion der Ausgaben für hochpreisige Arzneimittel dargestellt. Sie gab insbesondere zu Bedenken, dass bei ATMPs die Annahme, dass nur eine Anwendung das Problem für den Patienten für immer löse, nicht erwiesen sei. Es lägen keine Langzeitdaten dafür vor, ob nicht später weitere Anwendungen notwendig werden könnten. Sie hat daher einen Interimspreis vorgeschlagen, der bis zur Gewährleistung des langfristigen Erfolges gezahlt werde, um dann später nach Garantie der langfristigen Wirksamkeit einen weiteren Ausgleich zu schaffen. Das von Herrn Dr. Dammann vorgestellte AIM Fair Pricing Model findet die ausdrückliche Zustimmung des GKV-SV.
Frau Dr. Haas wies darauf hin, dass ATMP-Arzneimittel für die Behandlung von Parkinson in der Entwicklung seien. Sollten diese erfolgreich sein, müsse neu nachgedacht werden, da diese Erkrankung sehr weit verbreitet sei und mit der Heilung über ATMPs zu einer Kostenexplosion führen könne.
Der Bewertung der Preisentwicklung haben sich auch angeschlossen Frau Daniela Teichert, die Vorsitzende des Vorstandes der AOK Nordost, und Prof. Dr. Christoph Straub, der Vorstandsvorsitzender der Barmer Krankenkasse. Sie bewerteten die bekannt gewordenen Koalitionsvereinbarungen der neuen Regierung sehr positiv und erläuterten anhand beeindruckender Zahlen die Herausforderung für die Finanzierung des GKV-Systems. So ist z. B. mit einer Zunahme der über 65-jährigen um 4 Millionen bis zum Jahre 2030 zu rechnen!
Frau Dr. Sylvia Demme, im Bundesamt für Soziale Sicherung verantwortliche Leiterin der Gruppe 31 „Risikostrukturausgleich - RSA“, hat sehr anschaulich dargestellt, wie hochpreisige Arzneimittel in der Gestaltung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs berücksichtigt werden können. Es ist beeindruckend, wie eine kleine Abteilung von nicht einmal 50 Mitarbeitern im Bundesamt für Soziale Sicherung die Arzneimittelausgaben in Höhe von insgesamt ca. 245 Mrd. Euro in der GKV an über 100 Krankenkassen organisiert. Über 7 Mrd. Daten der GKV-Versorgung pro Jahr werden mithilfe von Algorithmen daraufhin ausgewertet, ob und in welcher Höhe Krankenkassen fair an den Gesamteinnahmen beteiligt werden. Von besonderer Bedeutung ist die Berücksichtigung von hochpreisigen Therapien im RSA. Es wurde ein Risikopool geschaffen, der ca. 80 % der Leistungsausgaben der GKV für hochpreisige Arzneimittel in dem jeweiligen Jahr ausgleicht. Am Beispiel von Zolgensma bei spinaler Muskelatrophie wurde dies sehr anschaulich dargestellt. Beeindruckend war die Analyse der Auswirkungen von Pay-for-Performance (P4P) Modellen – für die Zahlungen aus dem Risikopool. Unternehmen und Krankenkassen verfolgen unterschiedliche Modelle z. B. Ratenzahlungsmodelle, in denen Therapiekosten in Raten durch die Krankenkassen an das Pharmaunternehmen ausgezahlt werden oder sog. Rückerstattungsmodelle „upfront“. Hier werden die Therapiekosten vollständig durch die Krankenkassen an das Pharmaunternehmen gezahlt. Bei Therapieversagen erfolgt eine Rückerstattung an die Krankenkassen. Letzteres kann zu Verwerfungen führen, weil die Rückerstattung nach der aktuellen Gesetzeslage nicht an den Risikopool zurückgezahlt wird, sondern bei der Krankenkasse verbleibt, was für diese naturgemäß sehr attraktiv sein kann. Es sind jedoch bereits Strategien entwickelt, um solche Verwerfungen zu vermeiden.
Ein weiteres wichtiges Thema war die neue Verordnung für die Anwendung neuer Gesundheitstechnologien, die sog. EU Health Technology Assessment – HTA-Verordnung. Die Schlussabstimmung über den endgültigen Text im Plenum des Europäischen Parlaments soll im Dezember 2021 erfolgen. Deutschland hat im Trilogverfahren im Europäischen Rat bereits zugestimmt. Es bedarf allerdings noch der Zustimmung durch den Bundestag, die aber als gesichert gilt. Herr Thomas Müller, der Leiter der Abteilung Arzneimittel des BMG und die Leiterin der Abteilung Arzneimittel im Gemeinsamen Bundesausschuss, Frau Dr. Behring, haben die wesentlichen Prinzipien dieser neuen Verordnung dargestellt. Diese wird im nächsten Jahr in Kraft treten und erst drei Jahre später anwendbar sein, und zwar zunächst für Onkologika und ATMPs, drei Jahre später für Orphan Drugs, ca. 2030 für nononkologische Produkte und neue Medizinprodukte. In der Zwischenzeit laufen die Vorbereitungen auf die Umsetzung des neuen Systems „auf hohen Touren“.
In einem dem dezentralen Zulassungsverfahren vergleichbaren System soll eine Coordination Group mit Mitgliedern aus den Mitgliedstaaten gebildet werden, die eine Bewertung des Nutzens der Produkte vornehmen. Das Verfahren soll bereits parallel zum europäischen Zulassungsverfahren der EMA laufen. Gemeinsame wissenschaftliche Beratung, Scientific Advice und Scientific Consultation sollen organisiert werden, um das Anforderungsprofil für die betroffenen Unternehmen berechenbar zu machen. Spannend wird die Frage sein, ob und in welchem Umfang die gefundene Entscheidung der Coordination Group für die betroffenen Mitgliedstaaten verbindlich wird. Nach der HTA-Verordnung ist ein „taking into due concideration“ gefordert. Eine Ablehnung bedarf der Begründung. Sollte sich diese nicht überzeugen und häufiger vorkommen, ist, wie bei der Einführung des dezentralen Zulassungsverfahrens, mit Sanktionen der Europäischen Kommission zu rechnen. Entscheidend wird sein, ob das Verfahren die Beteiligung des G-BA ersetzen oder nur ergänzen wird. Hier war noch nicht ganz klar, welche Linie der G-BA verfolgen wird. Es ist allen Beteiligten zu wünschen, dass sich die Mitgliedstaaten nicht in „subtiler Obstruktion“ ergehen werden.
Besonders spannend war die Diskussionsrunde zwischen Aylin Tüzel, der Geschäftsführrin Pfizer Deutschland, Prof. Dr. Klaus Cichutek, dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts sowie Dr. Ulrich Granzer, Granzer Regulatory Consulting & Services, und Dr. André Blümel, dem Vorsitzenden der PHAGRO, über die Erfahrungen in der Entwicklung, der Zulassung und dem Vertrieb von mRNA-Impfstoffen. Prof. Dr. Cichutek hat sehr anschaulich dargestellt, wie sich das Paul-Ehrlich-Institut schon sehr früh in den Prozess der Entwicklung durch Beratung der betroffenen Unternehmen eingeschaltet hat. Das Rolling Review Verfahren wurde positiv bewertet. Es erlaubt vor Antragstellung eine frühzeitige Bewertung von schon fertiggestellten Teilen des Dossiers und bewirkt damit eine Beschleunigung des Gesamtverfahrens. Es wurde deutlich, dass sich dies nicht ohne weiteres auf andere Zulassungsverfahren übertragen lässt, zumal die Erweiterung dieses Systems auf andere Arzneimittel zu Verzögerungen der verbleibenden Verfahren führen kann. Herr Dr. Granzer hat anschaulich die Herausforderung aus Sicht der Regulatory Affairs Abteilung dargestellt und die gute Kooperation zwischen Assessoren der Behörden und Unternehmen dargestellt. Eine besondere Herausforderung hat sich – von vielen unbemerkt –auch für die Distribution ergeben. Wenn der Bund kauft und bei der Bundeswehr einlagert, ist noch nicht gewährleistet, dass die Bundeswehr auch die Verteilung an die Apotheken oder Ärzte übernehmen kann. Hier ist vielmehr die Infrastruktur der vollversorgenden Großhändler gefordert. Herr Dr. André Blümel hat sehr beeindruckend dargestellt, wie gut hier die PHAGRO in Kooperation mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Bundeswehr eine effiziente Verteilung organisieren konnte. Vergleichbares ist zu erwarten bei der Versorgung mit Therapeutika zur Behandlung von COVID-19. Hier wurden die ersten zwei Arzneimittel - monoklonaler Antikörper - bereits zugelassen, und zwar für die Behandlung von stationär behandelten Patienten. Das neue Produkt von Pfizer Paxlovid läuft zurzeit im Rolling Review bei der EMA. Ein Zulassungsantrag ist – entgegen anderer Berichterstattung – noch nicht gestellt! Letzteres erscheint vielversprechend, weil es Substanzen aus der Gruppe der Protease Inhibitoren enthält, die auch zur Behandlung von AIDS erfolgreich eingesetzt werden. Die virusstatische Wirkung erlaubt es dem Patienten Antikörper aufzubauen, die dann auch einen langfristigen Effekt gewährleisten – im Unterschied zu HIV-Patienten, bei denen eine chronische Behandlung indiziert ist, weil nach Absetzen der Produkte die Viruslast wieder zunimmt. Vergleichbares ist in der Behandlung von COVID-19 nicht zu erwarten!
Der Präsident des BfArM, Prof. Karl Broich, hat das neue Forschungsdatenzentrum – FDZ – Gesundheit vorgestellt, das beim BfArM eingerichtet wird und Forschungseinrichtungen den Zugang erlauben soll. Unklar ist immer noch die Zugangsberechtigung von pharmazeutischen Unternehmen, obwohl beim Robert Koch Institut – RKI – eine Vertrauensstelle eingerichtet werden soll, die unabhängig vom BfArM eine Kontrolle insbesondere der datenschutzrechtlichen Aspekte durchführen kann. Es wurden die besonderen Herausforderungen in der Nutzung der Abrechnungsdaten deutlich, insbesondere ist eine Interoperabilität gefordert, die unter anderem durch die Verwendung einer einheitlichen Terminologie gewährleistet werden soll. Hier wird die Anwendung von Snomed CT in einem Pilotprojekt getestet. Hier eröffnen sich neue Perspektiven für die Analyse und Verwertung von Abrechnungsdaten aus dem GKV-System für die Entwicklung neuer Arzneimittel.
Über weitere Aspekte der Digitalisierung des Gesundheitswesens hat Dr. Markus Leyck Dieken, der Hauptgeschäftsführer der Gematik Berlin, vorgetragen. Er hat den Stand der Entwicklung der elektronischen Patientenakte – ePA - und des eRezepts auf der Grundlage der neuen Regelungen im 11. Kapitel des SGB V dargestellt. Die Patienten sollen danach ihre ePA-Daten ab 2023 freiwillig und pseudonymisiert für die Forschung freigeben. In der Diskussion ist ein „opt out“ System, d. h. solange der Patient nicht ausdrücklich widerspricht, ist eine Verwertung möglich. Die Umsetzung bereitet erhebliche Probleme, die Verhandlungen mit den kassenärztlichen Vereinigungen und dem Apothekerverband sind noch nicht abgeschlossen, so dass voraussichtlich eine Verlängerung der Übergangsfrist über den 01.01.2022 hinaus erforderlich wird. Erwähnung fand auch die Übersicht von Prof. Sträter zur „Digitalisierung der Arzneimittelversorgung in der GKV nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DGV) und dem Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG)“ im Streiflicht Pharm. Ind. 82, Nr. 8, 951-954 (2020).
Großes Interesse hat auch der Vortrag von Nico Reinhold zur digitalen Kommunikation in Healthcare Unternehmen gefunden. Er hat sehr anschaulich dargestellt, wie in sozialen Medien das Interesse der Verbraucher geweckt und bedient werden kann. Interessant war dabei, dass die sachliche Information über Nutzen und Risiko von Arzneimitteln in Schriftform mehr Vertrauen findet als in Videos.
Zur jüngsten Entwicklung im AMNOG-Verfahren hat vorgetragen Frau Dr. Behring, die Leiterin der Abteilung Arzneimittel im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Die in § 35a SGB V geschaffene Möglichkeit der Anordnung zur Durchführung von anwendungsbegleitender Datenerhebung – AbD – wurde eingehend erläutert. Es sind noch nicht sehr viele Präparate erfasst. Auf der Homepage des G-BA sind in der Rubrik Beschlüsse die betroffenen Präparate aufgeführt. Es handelt sich insbesondere um zwei Präparate zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie und zur Behandlung der Myelofibrose. Es wurde deutlich, dass der G-BA orientiert an den Vorgaben des SGB V entscheiden wird. Daneben ist jedoch zu beachten, dass diese Studien klinische Prüfungen im Sinne des Arzneimittelgesetzes sein können und daher zusätzlich der Genehmigung durch die zuständigen Bundesoberbehörden entweder das Paul-Ehrlich-Institut oder das BfArMs bedürfen. Auch die Beteiligung von Ethikkommissionen ist erforderlich. Das Bundesministerium für Gesundheit hat in seinem Schreiben für die Änderung der Verfahrensordnung des G-BA klargestellt, dass randomisierte Studien mit schwerwiegenden Interventionen nicht mehr als AbDs gewertet werden können.
Auch der Bereich der Reserveantibiotika und ihre Privilegierung im AMNOG-Verfahren wurde diskutiert. Hier wurde ersten Präparaten die Privilegierung im AMNOG-Verfahren gewährt. Einzelne Unternehmen gehen aber auch den Weg der Orphan Arzneimittel, der abhängig vom jeweiligen Produkt verschiedene Vorteile gegenüber der Qualifikation als Reserveantibiotikum bietet.
Zu den Erfahrungen und Problemen der Schiedsstelle im AMNOG-Verfahren hat deren Leiter, Prof. Dr. Stefan Huster vorgetragen. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sozial- und Gesundheitsrecht und Rechtsphilosophie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter der Schiedsstelle nach § 130b SGB V. Er hat sehr anschaulich dargestellt, dass die vom Gesetzgeber durch unbestimmte Rechtsbegriffe geschaffenen Regelungslücken von der Schiedsstelle und der Rechtsprechung geschlossen werden müssen. Wenn im Gesetz vorgesehen ist, dass Arzneimittel mit belegtem Zusatznutzen einen „Zuschlag“ auf die Kosten der zVT erhalten sollen, so stellt sich die Frage, ob die Vervielfachung der Gesamtkosten der zVT noch als „Zuschlag“ qualifiziert werden kann. Die Schiedsstelle begrüßt ausdrücklich, wenn die Unternehmen und der GKV-SV in solchen Situationen zu vernünftigen Vergleichslösungen kommen. Er begrüßt ausdrücklich die Entscheidung des Bundesozialgerichts, mit der der sog. Albiglutid-Beschluss des LSG-BB vom 01.03.2017 aufgehoben worden ist (vgl. Streiflicht Pharm. Ind. 79, Nr. 5, Seite 602-603, 2017). Die hier geschaffenen vereinfachten Berechnungsmuster seien untauglich, innovative Forschung angemessen zu entlohnen.
Zu den jüngsten Entwicklungen in der Europäischen Union zur Gesetzgebung für Arzneimittel haben vorgetragen Dr. Alexander Natz von den Novacos Rechtsanwälten und Florian Schmidt, der stellvertretende Leiter der Einheit B5 in der Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (DG Santé) der Europäischen Kommission. Schon Ende nächsten Jahres ist mit dem Entwurf einer Neuregelung für Orphan Arzneimittel und Kinderarzneimittel zu rechnen. Zurzeit werden die Erfahrungen der letzten ca. 20 Jahre ausgewertet und in einen Neuregelungsentwurf übertragen. Es ist damit zu rechnen, dass die Orphan Arzneimittel nach ihrer Prävalenz neu definiert werden und die Regelungen zu zur Intensivierung entsprechend modifiziert werden. Dabei kommt eine isolierte Änderung der Verordnung für Orphan Arzneimittel nicht in Betracht, da sie mit der Kinderverordnung interagiert. Es sollen daher gleich beide Verordnungen neu bearbeitet werden. In Diskussion ist auch, das gesamte Regelwerk der EU für Arzneimittel in den Richtlinien 2001/83/EU und 726/2004/EU in einen neuen einheitlichen Kodex zu überführen. Dieses Projekt ist jedoch unabhängig von der Überarbeitung der Regelung für Orphans und Kinderarzneimittel.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass unter der neuen Regierung der Arzneimittelmarkt in Deutschland nachhaltige Änderungen erfahren wird. Der Generikamarkt wird voraussichtlich geschont. Die Ausgaben für nicht festbetragsgeregelte Arzneimittel sollen beschränkt werden. Hier sind die Entwicklungen noch offen, aber die Zielsetzung erkennbar. Als vorläufige Maßnahme müssen die Erhöhung des Zwangsrabatts und die Rückwirkung des Erstattungsbetrages angesehen werden. Hier bedarf es keiner großen Maßnahmen zur Implementierung. Es sind schlicht die bereits vorhandenen und etablierten Systeme mit neuen Vorgaben auszustatten. Es bleibt abzuwarten, ob es bei dieser einfachen Geldschöpfung zum Auftakt bleibt oder auch andere nachhaltige Veränderungen in der Struktur zu erwarten sind.
Autor:
Rechtsanwalt Prof. Burkhard Sträter
Sträter Rechtsanwälte, Bonn
straeter@straeterlawyers.de
Nitrosamine in Arzneimitteln: relevant in Entwicklung, Zulassung, Qualitätskontrolle und Überwachung
Summary des Online Medizinprodukte FORUMs: 'Klinische Bewertung post-CE mit Fokus PMCF-Studien'
Biosimilars 2021
Online Medizinprodukte FORUM 'Kennzeichnung/UDI, Produktinformationen und Verpackung von Medizinprodukten'
OTC - Marketing & Vertrieb
PharmaFORUM Webcast Biologics zum Thema 'Use of big data and real world evidence for regulatory purposes'
Webcast-Serie Lebensmittel- und NEM-Kennzeichnung zum Thema: 'Neues zur Nährwertkennzeichnung', inklusive Update: 'Nutri-Score“
Online Pharma FORUM zum Thema 'Lokale PV Aktivitäten in der Niederlassung'
Summary der Online-Tagung 'Market Access ATMP/Gentherapeutika'
Faire Arzneimittelpreise
Online Medizinprodukte FORUM „Sachstand zum europäischen Medizinprodukte-Recht“
Online-Content für Ärzte
Tag der Klinischen Forschung
Online Pharma FORUM 'Benefit-Risk-Evaluation & Re-Evaluation im Lifecycle'
Regionale Arzneimittel-Verordnungssteuerung 2021
PharmaFORUM Webcast Biologics zum Thema „Covid-19 Integration and acceleration in medical science“
Regulatory Affairs China - ASEAN & Chinese CTD/eCTDOnline Pharma FORUM und Online Medizinprodukte FORUM
Pharma Trends – 41. Gesundheitspolitische Jahrestagung
Online Pharma FORUM 'Stufenplanbeauftragter/QPPV: Abgrenzung & Haftungsfragen'
Market Access Biosimilars
Online-Tagung „Market Access ATMP/Gentherapeutika“
Online Pharma FORUM zum Thema „Datenschutz & PV“
Online Medizinprodukte FORUM „Aktuelle Anforderungen bei klinischen Studien mit Medizinprodukten“
Online Pharma FORUM „CMC Lifecycle Management“
Online Pharma FORUM 'Arzneimittelsicherheit in klinischen Prüfungen'
Online Medizinprodukte FORUM 'Post Market Surveillance gemäß MDR'
Online Pharma FORUM 'Abgrenzung: Nahrungsergänzungsmittel/Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke/Arzneimittel'
Marketing Authorisation in Latin America
PharmaFORUM Webcast International „Regulatory Affairs in EAEU”
Remote-Audits/Inspektionen in GMP/GDP
Am 25. Juni 2020 fand das Online Pharma FORUM zum Thema Datenschutz und Pharmakovigilanz statt. Obwohl die DSGVO schon seit einiger Zeit in Kraft ist, gab es zu diesem Thema sehr viele Fragen und offene Diskussionspunkte.
Der Experte, Dr. Marc A. Zittartz, gab zunächst einen Überblick darüber, welche Informationen in die Vigilanzdatenbank aufgenommen werden dürfen. Hier muss vor allem bei den Daten des Reporters und des Patienten unterschieden werden.
Grundsätzlich gilt für die Pharmakovigilanz, dass Datenschutz nicht über Patientensicherheit stehen darf. Die DSGVO erlaubt deshalb die Verarbeitung von Gesundheitsdaten, da es sich um ein öffentliches Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit handelt.
Anschließend wurden die verschiedenen Quellen von Patientenmeldungen (z. B. klinische Studien, Literatur, etc.) adressiert und welche Besonderheiten zu beachten sind. Herr Dr. Zittartz verwies dabei besonders auf eigene Webseiten als Meldequelle. Hier ist die Datenschutzerklärung sehr wichtig und sollte auf spezifische Inhalte nochmal kontrolliert werden.
Wichtig für die Weitergabe von Patientendaten ist eine möglichst vollständige Anonymisierung der Daten (bedeutet, dass die personenbezogenen Daten nicht mehr einer Person zugeordnet werden können). Die Weitergabe von Geburtsdaten z. B. ist nur sinnvoll, wenn es einen validen Grund dafür gibt. Auch für die Datenweitergabe innerhalb von EudraVigilance wurden aus Datenschutzgründen verschieden Optionen von sogenannten „Masked Null Flavours“ eingeführt. Diese sagen dem Empfänger, dass die Information zwar existiert, aber nicht übermittelt wird.
Abschließend adressierte Herr Dr. Zittartz die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern in der Pharmakovigilanz und wie dabei der Datenschutz gewährleistet werden kann.
Nachtrag zur Sendung:
Frage: Muss eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht für ein Follow-Up eines Patienten vom Patienten handschriftlich unterschrieben sein oder reicht eine E-Mail oder andere elektronische Bestätigung?
Antwort: Nach Arztrecht ist die Entbindung nicht formgebunden, aber in diesem Fall benötigt man keine Schweigepflicht-Entbindung, da der Arzt gesetzlich zur Meldung und Follow-Up verpflichtet ist (muss aber gleichzeitig die Identität des Patienten schützen).
Autor:
Jessica Hüske
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
j.hueske@forum-institut.de
Das Online Medizinprodukte FORUM am 25. Juni 2020 mit Rechtsanwältin Frau Marie-Isabel Heinz adressierte aktuelle Anforderungen bei klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten.
Auch wenn das Inkrafttreten der Medical Device Regulation (MDR) – (EU) 2017/745 - auf Mai 2021 verschoben wurde, gibt es einige Herausforderungen in Bezug auf klinische Bewertungen, mit denen sich die Medizinprodukte-Hersteller jetzt schon beschäftigen müssen.
Zunächst stellte Frau Heinz die regulatorischen Grundlagen und Definitionen vor. Eine klinische Bewertung ist der Nachweis der Eignung eines Medizinproduktes für den vorgesehen Verwendungszweck und kann über Literaturdaten und/oder Ergebnisse von klinischen Prüfungen erfolgen. Eine klinische Bewertung ist für jedes Medizinprodukt erforderlich, eine klinische Prüfung ist nicht für alle Produkte notwendig. Die MDR beinhaltet im Vergleich zum Medizinproduktegesetz (MPG) nun auch eine Definition zur klinischen Prüfung (Art. 2 Nr. 45 MDR).
Anschließend wurden die beteiligten Personen und Einrichtungen und deren Verantwortlichkeiten in klinischen Prüfungen definiert. Außerdem wurde das Genehmigungsverfahren im Detail besprochen, welches sich in den jeweiligen Mitgliedsstaaten z.B. in den Fristen unterscheiden kann. Trotz der Möglichkeit eines koordinierten Bewertungsverfahrens ist daher besondere Aufmerksamkeit geboten.
Wichtiger Hinweis von Frau Heinz: Wenn die MDR 2021 in Kraft tritt, wird EUDAMED (European Databank on Medical Devices) noch nicht zur Verfügung stehen, sodass ein Antrag für eine klinische Prüfung, wie im Artikel 78 MDR es vorgesehen wäre, noch nicht über EUDAMED eingereicht werden kann.
In der zweiten Vortragshälfte wurden Investigator Initiated Trials (IIT), sonstige klinische Prüfungen und die Unterschiede zu den klinischen Prüfungen vorgestellt.
Abschließend wurden die neuen Übergangsfristen für Risikoklasse I Produkte durch das Corrigendum vom 26. November 2019 diskutiert und ob der Anwendungsbeginn der MDR im Mai 2021 realistisch bzw. ausreichend scheint.
Autor:
Jessica Hüske
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
j.hueske@forum-institut.de
Am 16. Juli 2020 fand das Online Pharma FORUM zum Thema „CMC Lifecycle Management“ statt. Dr. Helmut Vigenschow, ViPharmaService, berichtete hier aus seiner über 30 jährigen Berufserfahrung u.a. über Möglichkeiten des Change Managements eines Arzneimittels.
Im Besonderen ging er auf das Thema „Schnittstellenmanagement“ ein und hob die Bedeutung regelmäßiger abteilungsübergreifender Meetings hervor, um mögliche Changes gut zu initiieren und umzusetzen. Hierzu sollten neben Regulatory Affairs, QA, Herstellung und Einkauf auch regelmäßig Medizin und Marketing hinzugebeten werden. Dabei muss die Wirtschaftlichkeit jedes geplanten Changes in einer Gesamtkostenberechnung erfolgen, um den wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen. Darüber hinaus soll, besonders im internationalen Umfeld eine transparente Implementierungsstrategie für das geänderte Arzneimittel erarbeitet werden.
Im zweiten Teil der Sendung ging Herr Dr. Vigenschow auf das Dauerthema „Verhinderung von Variations“ ein und hob hier die Möglichkeiten einer variationsminimierenden Zulassungsdossier-Erstellung hervor. Im Dossier sollten nur regulatorisch relevante Themen adressiert und eine zu detaillierte Beschreibung des Herstellprozesses vermieden werden. Wichtig ist hier immer zu unterscheiden, was wirklich zulassungsrelevant ist und was nur Eingang in die GMP-Dokumentation finden muss.
Abschließend ging Herr Dr. Vigenschow auf die verabschiedete ICH Q12 Guideline ein, die zu einer Anpassung der Variation Regulation in den nächsten Jahren führen muss. ICH Q12 sieht eine Unterteilung von Produkt- und Prozessparametern in „Established Conditions“, die wichtig für die Qualität eines Produkts sind, und „Supportive Information“ vor. Nur Änderungen an „Established Conditions“ wären künftig bei Änderungen variationspflichtig. ICH Q12 sieht außerdem „Post Approval Change Management Protocols“ vor. Hier könnten prospektiv geplante Variations beschrieben werden und nachfolgend zu einer Variation-Einreichung in einer niedrigeren Kategorie führen. Aktuell sind diese Protokolle nicht EU Regulation konform und daher noch nicht nutzbar.
Autor:
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healtchare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 19. August 2020 fand das Online Pharma FORUM zum Thema „Arzneimittelsicherheit in klinischen Prüfungen“ mit Frau Angela Hartmann als Expertin statt.
Frau Hartmann konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf klinische Studien nach der Zulassung und ging dabei auf Anwendungsbeobachtungen (AWBs), Post authorisation safety studies (PASS) und Post authorisation efficacy studies (PAES) ein. Zunächst wurden aber die Begrifflichkeiten Klinische Studie, Klinische Prüfung und nicht-interventionelle Studie differenziert und darauf hingewiesen, dass die Verwendung von einheitlichen Begrifflichkeiten sehr wichtig ist.
Die Voraussetzungen für nicht-interventionelle Studien sind nicht immer ganz leicht zu erfüllen, vor allem die „Behandlung gemäß ärztlicher Praxis“. Die Behörden sind hier sehr unterschiedlich in der Bewertung, was noch ärztliche Praxis ist. Dies ist besonders bei weltweiten Studien herausfordernd. In diesem Zusammenhang wurde auch die „Gemeinsame Empfehlung des BfArM und PEI zu Anwendungsbeobachtungen“ als Literatur empfohlen.
Im zweiten Teil wurde auf die unterschiedlichen Meldepflichten von Nebenwirkungsmeldungen in Studien vor und nach der Zulassung eingegangen. Hier kam der Hinweis, dass landesspezifische Gesetze und Richtlinien fortlaufend geprüft werden müssen bei internationalen Studien, da diese sich regelmäßig ändern können. Anschließend wurde auf die Unterschiede zwischen retrospektiver und prospektiver Untersuchung und primärer vs. sekundärer Datenerfassung eingegangen.
Der letzte Teil des Online-Seminars beschäftigte sich mit Investigator Sponsored Trials (IST, IIT, ISS). Hier ist vor allem wichtig, dass der Zulassungsinhaber nicht als Sponsor auftritt. Die Grenze zwischen Mitwirkung, Beratung und Sponsorship ist oft fließend.
Autor:
Jessica Hüske
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
j.hueske@forum-institut.de
Am 19. August 2020 fand das Online Medizinprodukte FORUM mit dem Thema Post Market Surveillance gemäß Medical Device Regulation (MDR) statt. Herr Florian Tolkmitt, Geschäftsführer der PRO-LIANCE GLOBAL SOLUTIONS GmbH, gab Einblicke und praktische Tipps für Post Market Surveillance (PMS) und Post Market Clinical Follow-Up (PMCF) nach Inkrafttreten der MDR.
Vor einigen Wochen ist eine erste Guidance, die ISO/TR 20416:2020 erschienen, die ausführlich behandelt wurde. Herr Tolkmitt empfahl, diese gut durchzuarbeiten und sich bereits jetzt schon auf die Anforderungen vorzubereiten.
Im ersten Abschnitt ging Herr Tolkmitt auf die einzelnen Parts des PMS-Plans ein. Zu Diskussionen führten die Quellen zur Datensammlung. Auf die Frage, ob auch Patientenforen/Social Media durchsucht werden müssen, verwies er auf die neue ISO-Guidance. Bei Arzneimitteln müssen nur Patientenforen und Social Media-Seiten, die vom Zulassungsinhaber geführt oder gesponsert sind, gemonitort werden.
Weiterhin wurde auf die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede des PMS Reports (PMSR) und des Sicherheitsberichts (PSUR) eingegangen und wann welcher Bericht vorliegen muss. PSURs der Klasse IIb & III–Produkte müssen jährlich an die Benannten Stellen (NB) übermittelt werden (über EUDAMED, bzw. direkt an die NBs, solange EUDAMED nicht funktionsfähig ist). Es wurde darauf hingewiesen, dass es bisher noch keine Vorlagen für den PMSR, PSUR gibt. Unklar ist darüber hinaus, wie die NBs die jährlichen Berichte weiterverarbeiten.
Im zweiten Teil der Sendung wurde das Thema PMCF näher beleuchtet. Zunächst wurde klargestellt, dass PMCF unter der MDR nicht mehr nur als eine Studie zu verstehen ist, sondern einen kompletten Prozess mit vielschichtigen Aktivitäten darstellt.
Um Redundanzen bei der Datenerhebung und der Dokumentenerstellung zu vermeiden, müssen Hersteller sich die eigenen Prozesse und Vorlagen intensiv anschauen und diese optimieren.
Autor:
Jessica Hüske
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
j.hueske@forum-institut.de
Am 16. September fand das Online Pharma FORUM „Abgrenzung: Nahrungsergänzungsmittel/Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke/Arzneimittel“ statt.
Referentin: Dr. Kirsten Plaßmann - Rechtsanwältin, PlaßmannLEGAL, Stuttgart
„Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) zu Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke (food for special medical purposes/FSMP), zu Arzneimitteln, aber auch zu Kosmetika oder zu Medizinprodukten“ stand am 16. September 2020 auf dem Programm des Online Pharma FORUM. Dr. Kirsten Plaßmann, Rechtsanwältin – PlaßmannLEGAL- aus Stuttgart, startete mit einem Überblick der vier Produktkategorien: Lebensmittel, Kosmetika, Arzneimittel und Medizinprodukte.
Bei den Lebensmitteln unterschied die Expertin zwischen funktionellen/neuartigen Lebensmitteln, NEM und Speziallebensmitteln, wobei sie auf die beiden letzten Produktkategorien einen wesentlichen Schwerpunkt ihres Vortrags legte.
NEM sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung (ZWECKBESTIMMUNG) zu ergänzen, aus einer bestimmten ZUSAMMENSETZUNG von Stoffen sind und in DOSIERTER Form, also in einer definierten Darreichungsform auf den Markt gebracht werden. Aktuell gibt es einen starken Trend zu NEM-Sprays. Die Einordnung als NEM wird aus der Zweckbestimmung des Produkts hergeleitet: Neben anderen Produkteigenschaften darf das NEM vor allem keine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung haben (Definition eines Arzneimittels im AMG).
Im Gegensatz dazu sind Speziallebensmittel/FSMP in einem Diätmanagement für konkrete Patientengruppen mit Erkrankungen, die einen spezifischen Nährstoffbedarf verursachen, einzusetzen. Die regulatorische Auslegung ist sehr restriktiv und der spezifische Bedarf eines Patienten darf nicht durch Anpassung der Ernährung möglich sein. Die Existenzberechtigung als FSMP muss außerdem, wie jüngste Gerichtsentscheidungen zeigten, durch Daten aus Placebo kontrollierten Doppelblindstudien belegt werden, die UNBEDINGT in anerkannter Fachliteratur veröffentlicht sind.
Bei der Abgrenzung zu Arzneimitteln spielen neben der Zusammensetzung vor allem auch die Risiken bei Verwendung eines NEM eine Rolle. Da sich NEMs an Durchschnittsverbraucher richten, sollten keine Risiken mit der Einnahme verbunden sein. Das ist aber nicht immer der Fall, wenn man z. B. an freiverkäufliche Vitamin-D-Präparate denkt. Da aber keine einheitliche europaweite Festlegung auf eine Tageshöchstmenge vorhanden ist und auf nationaler Ebene BfArM-Empfehlungen eben nur eine Empfehlung sind, werden am Markt Vitamin-D-Präparate angeboten, die die empfohlenen Höchstmengen zig-fach überschreiten.
Als weiteres Beispiel der jüngsten Rechtsprechung führte Dr. Plaßmann ein Präparat aus rot fermentiertem Reis an. Trotz eines EFSA-Sachverständigengutachtens als NEM und Vorliegen eines zugelassenen Health-Claims wurde das Produkt vom BfArM als Arzneimittel eingestuft. Wesentliches Entscheidungskriterium war hier der charakteristische Wirkmechanismus, also eine metabolische bzw. physiologische Wirkung des Präparats, der identisch ist mit einem bereits wirkstoffgleichen, zugelassenen Arzneimittel.
Ganz wichtig, so betonte die Referentin, sei bei der Abgrenzung bzw. Betrachtung der Einzelfälle immer wieder die „Präsentation“ des NEM/FSMP, aber auch von Medizinprodukten/Kosmetika. So muss auf Produktnamen oder Produktinformationen geachtet werden. Diese dürfen beim Verbraucher oder Anwender keine arzneiähnlichen Assoziationen auslösen. Damit liefen diese Produkte Gefahr als Präsentationsarzneimittel eingestuft zu werden. Der Pflichttext „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ist tatsächlich Funktionsarzneimitteln vorbehalten (gemäß HWG).
Autorin:
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
FORUM · Institut für Management GmbH
u.akunzius-jehn@forum-institut.de
Am 21. und 22. September 2020 fand das Seminar „Marketing Authorisation in Latin America” statt.
Im Verlauf von zwei Tagen wurden die Länder Brasilien, Mexiko, Argentinien, Peru, Chile und Kolumbien adressiert. Hier sind einige wichtige Key-Facts für diese Region:
In Brasilien sind Biosimilars analog Generika austauschbar. Um auf den brasilianischen Markt zu kommen, muss das Reference Medicinal Product (RMP) auf dem brasilianischen Markt verfügbar sein. Notwendige Bioäquivalenzstudien müssen gegen ein RMP des brasilianischen Markts getätigt werden. EU- oder US-RMPs sind nicht zulässig. Pharmazeutische Äquivalenztests müssen durch das REBLAS Labor (durch ANVISA zertifiziert) durchgeführt werden. Für eine Biosimilar- und eine Generika-Zulassung müssen identische Tests und Daten vorliegen.
Auch in Mexiko muss das RMP für Biosimilars auf dem nationalen Markt verfügbar sein. Eine Besonderheit Mexikos ist es, dass der Zulassungsinhaber nicht in Mexiko lokalisiert sein muss, ein Legal Representative genügt hier.
Argentinien hat neue Regelungen für NCEs mit unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen, je nachdem, ob das Produkt in Argentinien produziert wird oder nicht. Biosimilars müssen auch in Argentinien ein RMP haben, das dort auf dem lokalen Markt verfügbar ist.
In Peru ist nur eine einzige Manufacturing site pro Produkt erlaubt – für jeden Schritt des ganzen Herstellungsprozesses jeweils eine Site.
Insgesamt wurde deutlich, dass es viele Länderbesonderheiten gibt, eine Harmonisierung des Einreichungsprozesses / der Maintenance noch in weiter Ferne ist und man eine lokale Unterstützung durch Consultants etc. benötigt – gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Behördenkommunikation in der Landessprache hilfreich sein kann.
Autor
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
On 22 September 2020 Anna Kramar, Regulatory Affairs, Quality & Pharmacovigilance Director of Eisai LLC, Russia addressed the novelties in marketing authorisation and maintenance in EAEU.
From 1 January 2021 on no national marketing authorisation application according to the old national legislative system is possible. Each marketing authorisation application dossier needs to be according to the new legislation. One crucial point is the choice of a Reference Member State (RMS) for an application. The RMS cannot be changed during the whole lifecycle, often it is advisable to choose Russia as RMS.
One of the advantages of the new regulatory system is the alignment of the variation system to the EU system.
The marketing authorisation dossier is in most parts in line with the ICH requirements now. M1 is purely national with national items as the normative documents, M2 and M3 are based on ICH standards with the obligation to translate some parts in Russian (M2 on the whole). M4 and M5 do not have national specifics.
Author
Henriette Wolf-Klein
Department Manager Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 22. September 2020 hat Dr. Petra Zubiller, Geschäftsführerin der pZpoint - International Pharma Service, in einem 4-stündigen Webcast über die Voraussetzungen und Anforderungen, aber auch über ihre eigenen Erfahrungen mit Remote-Audits referiert.
In einer Gegenüberstellung von Remote- und „Vor Ort-Audits“ wurden die Chancen und Herausforderungen sowie die Vor- und Nachteile beleuchtet und die Unterschiede herausgestellt. Remote-Audits können beispielsweise mit Kostenersparnis sowie Klima-/Umweltschutz punkten und ermöglichen einen raschen Austausch von Dokumenten, sofern das passende technische Equipment vorhanden ist.
Vorteile von „herkömmlichen“ Audits sind hingegen die optimale Möglichkeit Prozessabläufe bzw. Abläufe in der Produktion zu beobachten sowie Produktionsstätten, Lager oder Laboratorien im Detail zu besichtigen. Dies ist remote nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Ebenso ist der „zwischenmenschliche Faktor“ vor Ort nicht zu unterschätzen, der bei „Live-Überprüfungen“ stets eine erhebliche Rolle spielt.
Es gibt drei unterschiedliche Arten von Remote-Audits:
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für ein Remote-Audit, so Frau Dr. Zubiller, ist der Einsatz einer zuverlässigen und sicheren Kommunikationstechnik, wie beispielsweise der richtigen Hard-/Software sowie einer schnellen und sicheren Internetverbindung. Zudem hängt die Qualität eines solchen Audits natürlich – neben einem guten Zeitmanagement – auch erheblich von der umfassenden Planung und Vorbereitung im Vorfeld aller Beteiligten und deren Einsatz und Engagement ab. Dies ist remote nicht anders als bei einer „regulären“ Überprüfung vor Ort.
Frau Dr. Zubiller gab den Teilnehmern einem Einblick in ihr erstes Remote Audit und schilderte ausführlich, welche Hürden zu nehmen waren. Im Anschluss wagten Frau Zubiller und die Teilnehmer mit „Augmented reality“ noch einen Blick in die „Audit-Zukunft“.
Autor:
Elsa Eckert
Stellv. Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
e.eckert@forum-institut.de
Lesen Sie hier die Highlights einiger Veranstaltungen aus der Pharma & Healthcare Branche nach:
„Regulatorisches Update zur MDR & nationaler Implementierungsstand'
Die Sendung am 2. April 2020 in Rahmen des Online Medizinprodukte und Pharma Forum widmete sich ganz den regulatorischen Änderungen durch die EU-Verordnung über Medizinprodukte 2017/745, die am 25. Mai 2017 in Kraft trat.
Als Gast konnten wir Herrn Dr. Matthias Neumann gewinnen, der Medizinprodukteexperte ist und aus Berlin live dazu geschaltet war. Der Experte gliederte sein Vortrag folgendermaßen:
Zu Anfang besprach der Experte eine Implementierungsroadmap, die auch Bezug auf die aktuelle Lage nahm. Ursprünglich war der 26. Mai 2020 als Geltungsbeginn der Medical Device Regulation vorgesehen. Aufgrund von durch den Coronavirusausbruch verursachten zusätzlichen Verzögerungen bei der Umsetzung der MDR wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dieser Termin um ein Jahr auf den 26. Mai 2021 verschoben.
Für Medizinprodukte-Hersteller ergeben sich mit der MDR viele Neuerungen bzw. Pflichten. Artikel 10 der MDR ist ein guter Startpunkt sich als Hersteller einen Überblick über die vielen Neuerungen und Änderungen zu verschaffen, da in diesem Artikel versucht wurde, alle Pflichten eines Medizinprodukteherstellers zusammenzuführen. Hervorzuheben sind so z. B. der MDR Artikel 10 (2) zum Risikomanagementsystem oder Artikel 10 (3) zur klinischen Bewertung.
Des Weiteren arbeitete Herr Dr. Neumann die hohe Komplexität im Rahmen des Scrutiny-Verfahrens für Hochrisikoprodukte (Art. 54 und Anhang XI 5.3 Anhang X 6) heraus. Für dieses soll es „Expertpanels“ für mehr als zehn medizinische Fachrichtungen geben.
Schließlich erläuterte unser Gast noch das Medizinprodukterecht-EU-Anpassungsgesetz-EU – MPEUAnpG, einem Artikelgesetz, was neben dem Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), eine Reihe weiterer Artikel enthält, in denen gesetzliche Vorschriften, die auf das bisherige nationale MPG (Medizinproduktegesetz ) verwiesen, korrigiert werden. Ursprünglich war der Geltungsbeginn der neuen rechtlichen Vorschriften (Gesetze und Verordnungen) mit dem der MDR am 26. Mai 2020 zusammengefallen. Angesichts der wahrscheinlichen, kurzfristigen Verschiebung der MDR werden diesbezüglich ebenfalls kurzfristige Änderungen notwendig sein.
Autor:
Ute Akunzius-Jehn
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
u.akunzius-jehn@forum-institut.de
Das Seminar „Die Klinische Prüfung nach AMG und ICH GCP“ fand am 2. und 3. April 2020 online statt.
Bereits zu Beginn des ersten Tages tauschten die Referenten und die Teilnehmer sich im virtuellen Seminarraum trotz der aktuell schwierigen Situation durch die Corona-Krise gut gelaunt aus, bevor Dr. Bertram Ottillinger, selbstständiger medizinisch-wissenschaftlicher Consultant, mit seinem ersten Vortragspart zu den Grundlagen klinischer Prüfungen startete. Er erklärte anhand Beispielen aus der Praxis, was die einzelnen Studienphasen untereinander, aber auch gegenüber nicht-interventionellen Studien abgrenzt, welche Vorgaben sie an das Studiendesign machen und was man unter Begriffen, wie Randomisierung und Verblindung versteht.
Im Anschluss übernahm Dr. Tanja Schaller-Kranz, medizinisch-wissenschaftliche Beraterin für klinische Entwicklung, und informierte die Teilnehmer ausführlich über die Regularien, welche für klinische Prüfungen gelten. Angefangen von der Deklaration von Helsinki, über die EU-Direktiven und die anstehende EU-Verordnung (Clinical Trials Regulation), das Arzneimittelgesetz bzw. das 4. AMG-Änderungsgesetz sowie die GCP-Verordnung bis hin zu den Leitlinien der “Guten Klinischen Praxis“ (ICH GCP E6 R2). Sie erläuterte detailliert und sehr anschaulich, welche Vorgaben derzeit aktuell gelten und welche künftig gelten werden, sobald das EU-Portal, das Clinical Trials Information System (CTIS), funktionsfähig sein wird.
Der dritte Part des Tages beschäftigte sich mit der Administration und Vorbereitung klinischer Prüfungen. Dr. Bertram Ottillinger gab hilfreiche Tipps, was bei der zeitlichen Planung einer Studie bereits berücksichtigt werden sollte, um anschließend nicht ins Hintertreffen zu geraten. Zudem stellte er den Teilnehmern die Anträge bei den Bundesoberbehörden, den Ethikkommissionen sowie bei den Überwachungsbehörden vor. Auch hier wies er immer wieder auf Problemfelder hin und gab Hinweise, wie das Einreichungsprozedere erleichtert werden kann. Informationen zu Übersetzungen in klinischen Prüfungen und den medizinischen Gepflogenheiten anderer Länder rundeten diesen Vortragspart ab.
Mit der Studienplanung und -vorbereitung ging Dr. Tanja Schaller-Kranz in die letzte Runde des ersten Seminartages. Sie stellte den Teilnehmern die Anforderungen an den Prüfplan, das CRF, die Patienteninformation/Einverständniserklärung sowie die Investigator’s Broschure (IB) vor. Ihrer Erfahrung nach sind Studienkonzepte zu Beginn oft noch nicht ganz ausgereift, so dass die Prüfplanentwicklung eine wichtige Schlüsselstellung einnimmt. Sie riet dazu, zuerst die Erstellung einer Synopse, also eine Kurzzusammenfassung, zu schreiben und dann anhand dieses Dokumentes ausführlicher in die Studiendetails einzusteigen. In Sachen CRF betonte sie die Wichtigkeit, dass dieses konsistent mit dem Prüfplan sein muss und bei der Programmierung von eCRF zwingend auf die Anwendungsfreundlichkeit geachtet werden sollte, um eine hohe Akzeptanz des Dokuments auf Seiten der Prüfzentren zu erlangen. Gerade Inkonsistenzen zwischen (e)CRF und Prüfplan generieren in Audits und Inspektionen viele Findings.
Der zweite Seminartag startete mit ausführlichen Informationen zum Thema Pharmakovigilanz. Dr. Bertram Ottillinger erklärte Definitionen, gab Hinweise, in welchen Regularien man Informationen zum Thema Arzneimittelsicherheit finden kann und wie Arzneimittelnebenwirkungen sowohl von Prüfern als auch von Sponsoren dokumentiert und gemeldet werden müssen. Hier kam auch der wichtige Hinweis, dass Ärzte auch über ihre Berufsordnung bereits dazu verpflichtet sind, auftretende Nebenwirkungen zu melden.
Das Kapitel Monitoring brachte den Teilnehmern dann die Studiendurchführung in der Praxis näher. Dr. Tanja Schaller-Kranz stellte die Verantwortlichkeiten eines klinischen Monitors ausführlich dar und vermittelte neben den reinen Monitoring-Aufgaben auch Wissen hinsichtlich der Prüfzentrenauswahl, der Initiierung, des Abschlussbesuchs und dem Umgang mit der Prüfsubstanz. Hier erhielten die Teilnehmer viele Tipps für den Alltag und erfuhren, wie sie auftretende Schwierigkeiten bereits im Vorfeld vermeiden können. Auch zur Dokumentation und Archivierung (Trial Master File und Investigator Site File) gab sie detaillierte Informationen.
Ein weiteres Kapitel, welches behandelt wurde, waren Aspekte des Qualitätsmanagements – Standard Operating Procedures (SOPs), Audits sowie das richtige Verhalten beim Verdacht auf Betrug und Fehlverhalten in klinischen Prüfungen. Dr. Bertram Ottillinger betonte, welch große Bedeutung SOPs für die Studienqualität haben und wies auch auf die Schwierigkeit für international agierende Konzerne hin, da SOPs oft länderspezifisch angepasst werden müssen. Auch im Rahmen von Auditfindings spielen SOPs eine große Rolle. Bei deren generellen Erstellung und Entwicklung von Beginn an überlegt zu arbeiten, zahlt sich für die Qualität jeder einzelnen Studie aus, so Dr. Ottillinger.
Nach der Mittagspause griff Dr. Herbert Noack, Biostatistiker bei der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, zunächst die aktuelle Corona-Lage auf und machte deutlich, welche Einflüsse das COVID-19 auf klinische Prüfungen und deren statistische Planung und Auswertung hat. Bei der derzeitigen Lage riet er dazu, darüber nachzudenken, klinische Prüfungen frühzeitig zu beenden, sofern mehr als 70% der Patienten „completed“ sind. Die Meinung der Behörden dazu ist allerdings kritisch und um eine solche Entscheidung treffen zu können, muss zwingend ein unabhängiges Data Monitoring Committee eingebunden werden. Auch Zwischenanalysen wären in der aktuellen Situation sicher sinnvoll, allerdings dürften diese nur durchgeführt werden mit vorgeschaltetem und positiv bewertetem Amendment. Hier müssten alle Firmen ihre Optionen jetzt klar abwägen.
Im Anschluss beleuchtete er die biometrischen Grundlagen und die Auswertung klinischer Prüfungen. Dabei waren die Regularien, Definitionen und die Erklärung der statistischen Schlussweise Thema. Die Teilnehmer erhielten Informationen, was die biometrischen Grundgedanken sind, welche in klinischen Prüfungen generell zum Einsatz kommen. Wie kommt eine Hypothese zustande, die mit Hilfe einer klinischen Studie geprüft werden soll? Welche Aspekte sind für einen Bias verantwortlich und wie kann man ihn bestmöglich vermeiden? Welche Vorgaben gibt es hinsichtlich der Wahl einer Vergleichstherapie? Und nach welchen Prinzipien sollten die Auswertung von Studiendaten sowie die Ermittlung der Fallzahl erfolgen? Mit Hilfe praxisnaher Beispiele verdeutlichte er die statistischen Denk- und Herangehensweisen und rundete somit das Wissenspaket der zwei Tage ab.
Autor:
Regine Görner
Stellv. Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
r.goerner@forum-institut.de
Um Sie bei den Prozessen zur Umsetzung des risikobasierten Ansatzes zur Vermeidung von Verunreinigungen, insbesondere von Nitrosaminen, in Arzneimitteln zu unterstützen, fand am 23. April 2020 das Online-Seminar „Verunreinigungen in Arzneimitteln – Fokus Nitrosamine“ statt.
Neben Informationen zu den Themen strategische Kontrollmechanismen während Entwicklung, Produktion und der Lieferkette, Analytik von Verunreinigungen, landesbehördliche Aktivitäten sowie Umsetzung beim Lohnhersteller, erhielten die Teilnehmer ein regulatorisches Update aus bundesbehördlicher Sicht. Auf letzterem Vortrag liegt hier der Fokus.
Dr. Andreas Grummel, Experte für pharmazeutische Qualität hob als erstes hervor, dass die Verantwortlichkeit für die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, einschließlich der Qualität der APIs, Hilfsstoffe und Rohstoffe, die bei der Herstellung von Fertigprodukten verwendet werden, beim Zulassungsinhaber liegt. Darüber hinaus ist der Zulassungsinhaber dafür verantwortlich sicherzustellen, dass APIs, die unter GMP für Wirkstoffe hergestellt werden, einzusetzen. Ein „Sich-Verlassen“ bei Produkten mit vorliegendem Active Substance Master File (ASMFs) bzw. Certificate of suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia (CEP) sei nicht der richtige und rechtssichere Weg.
Die Lücke sehe er insbesondere beim fehlenden Einholen von erforderlichen Informationen zu Wirkstoffen sowie der Ausführlichkeit der Lieferantenqualifizierung (Überprüfung der Robustheit der Prozesse im Rahmen von Audits beim Wirkstoffhersteller) durch den Marketing Authorisation Holder (MAH). Letzteres sei das A und O, um Verunreinigungen in Arzneimitteln zu vermeiden.
Die Behörden in der EU ermitteln aktuell, welche Lehren aus der im Jahr 2018 festgestellten Verunreinigung von sartanhaltigen Arzneimitteln mit Nitrosaminen gezogen werden können. Die sogenannte „Lesson Learnt“-Gruppe hat Empfehlungen zur zukünftigen Vermeidung und besseren Handhabung von Verunreinigungen final erarbeitet. Mit der Veröffentlichung sowie der Möglichkeit der Kommentierung ist zeitnah zu rechnen.
„Vorschläge“ in Bezug auf die Aufgabe bzw. Verantwortung des European Directorate for the Quality of Medicines (EDQM) könnten dahin gehen, dass ASMF- und CEP-Inhaber im Rahmen eines „Confidential Agreement“ verpflichtet werden, essentielle qualitätsrelevante Informationen zum Wirkstoff an den MAH zu übermitteln. Auf Basis des Schutzes des geistigen Eigentums wird dieses Prozedere derzeit nicht angewandt.
Herr Dr. Grummel stellte den allgemeinen Prozess der behördlich geforderten, jedoch unternehmensspezifisch durchzuführenden Risikobewertung und Überprüfung vor. MAHs sollten einen risikobasierten Ansatz – für alle zugelassenen Humanarzneimittel, die chemisch synthetisierte Wirkstoffen enthalten (einschließlich Generika und rezeptfreie Produkte) – wählen und Ihre Bewertungen und Bestätigungstests nach Priorität ordnen. MAHs von Sartanen mit einem Tetrazolring (d.h. diejenigen, die unter das jeweilige Referral nach Artikel 31 fallen) sollten die Bedingungen aus dem Referral erfüllen. Für Produkte mit Wirkstoffen ohne Sartane mit Tetrazolring ist die Risikobewertung und Überprüfung nach Step 1 (Risikobewertung), 2 (Bestätigungstest) und 3 (Änderung der Zulassungsdokumentation) erforderlich. Vorlagen für Risiko-Statements für Step 1 und ggf. Step 2 sind auf der HMA- oder EMA-Website „Nitrosamine impurities“ erhältlich. Analytische Methoden zur Bestimmung von N-nitrosodiethylamin (NDEA) und N-nitrosodimethylamin (NDMA) sind auf der EDQM-Website veröffentlicht.
Abschließend ging Herr Dr. Grummel auf offiziell bestätigte sowie unbestätigte Ursachen ein, die ein Auftreten von Nitrosaminen in einem Wirkstoff begünstigen. Auch der Umgang mit Variations wurde diskutiert.
Die Frist für die Abgabe einer Risikobewertung für alle Humanarzneimittel, bei denen die Gefahr einer Nitrosaminbildung oder –(Kreuz)kontamination besteht, wurde bis zum 1. Oktober 2020 verlängert (Deadline vormals 26. März 2020). Das Erarbeiten und Vorweisen einer Kontrollstrategie, nach der NDMA bzw. NDEA (nur ein Sartan darf enthalten sein, Aufnahme in die Spezifikation erforderlich) bis zu einem Limit von maximal 0,03 ppm im Fertigprodukt nachzuweisen sein dürfen, ist bis April 2021 erforderlich. Für Produkte mit bestätigten Risiken sollten Änderungen bis zum 26. September 2022 umgesetzt werden.
Autor:
Dr. Birgit Wessels
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
b.wessels@forum-institut.de
Am 5. und 6. Mai fand das Seminar „eSubmission – Ihre To-dos 2020“ als komplettes Online-Seminar statt. An Tag 1 des Seminars gaben Karl-Heinz Loebel und Dr. Peter Bachmann einen Überblick zur EMA Master Data Management Roadmap und adressierten die aktuelle Nutzung der Einreichungsportale. Ein wichtiger Punkt war hier, dass die AMG E-Verfahrensordnung noch nicht veröffentlicht ist, aber bald erwartet wird.
Tag 2 fokussierte am Vormittag auf den neuen SPOR Implementation Guide V1, der die europäische IDMP-Umsetzung begleitet. Die Elemente OMS und RMS müssen bereits aktuell gepflegt werden, PMS und SMS kommen bald. Die EMA migriert dazu aktuell Daten aus XEVMPD nach PMS, auch für SMS greift die EMA auf XEVMPD-Daten zurück. Im Moment sind diese migrierten Daten jedoch noch nicht zugänglich. Für Ende 2020 wird Version 2 des Implementation Guide erwartet. Damit startet die Umsetzungsphase. Ab Ende 2020 können Unternehmen PMS-Daten anstelle der XEVMPD-Daten pflegen, ab Ende 2022 sind sie dazu verpflichtet.
Am Nachmittag des 2. Veranstaltungstags rundete eine Session zu häufigen eCTD-Problemen das Online-Seminar ab. Hierbei standen auch Brexit-bedingte Herausforderungen im Fokus.
Autor:
Dr. Henriette Wolf-Klein
Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
h.wolf-klein@forum-institut.de
Am 13. und 14. Mai 2020 fand zum 15. Mal in Folge die Jahrestagung „Tag der Klinischen Forschung“ statt. Anders als geplant konnte das Jubiläum aufgrund der aktuellen COVID-19-Lage nicht vor Ort in Köln begangen werden, sondern die Referenten und Teilnehmer trafen sich dieses Mal rein virtuell im Online-Format.
Nach der Eröffnung durch den Tagungsleiter, Dr. Matthias Klüglich, Head Clinical Research France von Boehringer Ingelheim, beleuchtete Dr. Thomas Sudhop, Facharzt für klinische Pharmakologie und Leiter der Abteilung Wissenschaftlicher Service beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), zunächst die Abgrenzung der einzelnen Studientypen. Er erläuterte gängige Studienformen, wie klinische und nicht-interventionelle Prüfungen, Anwendungsbeobachtungen, PASS und PAES und griff insbesondere auch Registerstudien nochmals gezielt auf, da diese mit den regulatorischen Forderungen des G-BA aus letzter Zeit weiter in den Fokus gerückt sind.
Er informierte die Teilnehmer ebenfalls über die Fusion von BfArM und DIMDI zum 26. Mai 2020. Auch wenn noch nicht alle Änderungen final kommuniziert werden konnten, gab er Einblick in spannende Verschiebungen zwischen den beiden Instituten sowie Umstrukturierungen im BfArM.
Mit einem Update zur EU-Verordnung 536/2014 (Clinical Trials Regulation) schloss Dr. Sudhop seinen Vortrag. Die geplanten Audits zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Clinical Trial Management Systems beginnen im Dezember 2020, so dass im günstigsten Fall mit einer Anwendung der Verordnung im letzten Quartal 2021 zu rechnen ist. Der Druck auf die EU-Kommission den Fortgang des Portals voran zu treiben wird stärker, die Auswirkungen der aktuellen COVID-19-Lage sind darauf jedoch noch nicht abzusehen. Er selbst geht daher davon aus, dass die EU-Verordnung erst im Frühjahr 2022 zu Anwendung kommen wird.
Dr. Jens Peters, Geschäftsfeldleiter Klinische Forschung des BPI - Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, ging in seinem Vortrag darauf ein, was sich auf ICH-Ebene hinsichtlich klinischer Prüfungen getan hat und weiterhin tun wird. Er stellte die Anforderungen in ICH GCP E6 (R2) vor und betonte, dass alle Neuerungen den Schutz der Patienten und die Sicherstellung der Daten-Reliabilität in klinischen Prüfungen zum Ziel haben. Mit der Einführung eines risikobasierten Qualitätsmanagement-Ansatzes haben die Guideline-Vorgaben Auswirkungen auf nahezu alle Tätigkeiten in der klinischen Prüfung.
Die Renovierung der ICH E8 (R1) strebt den GCP-Standard auch für andere Forschungsprojekte außerhalb klinischer Prüfungen an. Dies ist in der bisherigen Umsetzung jedoch nur schwach ausgeprägt. Hier und auch bei ICH E19 (Optimisation of Safety Data Collection) erhoffen sich alle noch weitere Nachbesserungen, um die Patientensicherheit weiter zu stärken. Die geplante Neufassung der ICH E19 sehen gerade europäische Behörden kritisch, da das Vorhaben, das Berichtswesen von Sicherheitsdaten weiter zu vereinfachen, aus ihrer Sicht eher zu einer Patientengefährdung führt. Im Gegensatz zur USA haben europäische Behörden keine direkte Einsicht in Patientendaten, so dass hier eine massive Datenblindheit gefürchtet wird, wenn Nebenwirkungsfälle künftig nicht mehr in der bisherigen (ausführlichen) Form berichtet werden müssen.
Mit Informationen hinsichtlich der regulatorischen Neuerungen in der Medizinprodukte-Entwicklung setzte Dr. Markus Hahn, Geschäftsführer der ArtiMed Medical Consulting GmbH, den Tag fort. Er gab den Teilnehmern einen Überblick über den Status quo sowie die Medical Device Regulation (MDR), deren Anwendung nun auf das kommende Jahr verschoben wurde. Kritisch fällt seine Meinung zur geplanten Nutzbarkeit der EUDAMED-Datenbank ab Mai 2022 aus. Gemäß allen bisherigen Erfahrungen mit Datenbanken wird sich auch dieses Datum vermutlich noch weiter in die Zukunft verschieben. In seinem weiteren Vortrag erläuterte Dr. Hahn dem Auditorium ebenfalls die Inhalte des neuen Medizinprodukteanpassungsgesetzes sowie die Hintergründe für die neue Gesetzgebung. Man wollte damit insbesondere die nationalen Anforderungen in Deutschland stärken, ohne eine einheitliche EU-Regelung zu gefährden.
Die Problematik der fehlenden Benannten Stellen wurde ebenfalls aufgegriffen. Von ursprünglich 80 Benannten Stellen sind derzeit erst 13 unter der MDR (re-)zertifiziert worden. Dies stellt ein großes Bottleneck für die Medizinprodukte-Entwicklung dar und stellt die vielen hauptsächlich klein- und mittelständischen Unternehmen im Bereich Medizintechnik (rund 93%) vor große Herausforderungen. Dr. Hahn rät daher allen Firmen, die Verschiebung der Medical Device Regulation jetzt intensiv zu nutzen, sich gut auf die anstehenden Neuregelungen vorzubereiten.
Dr. Andreas Franken, zuständig für Klinische Forschung, elektronische Verfahren
und Datenschutz beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) schloss den ersten Tag mit einem Vortrag zum Datenschutz in klinischen Prüfungen. Wie muss die Einwilligung eines Prüfungsteilnehmers ausgestaltet werden, um datenschutzkonform zu sein? Darum und um die Folgen einer unwirksamen Einwilligung drehte sich die nächste Viertelstunde. Auch Fragen nach der Zweitnutzung sowie Nachnutzung von Daten wurden erörtert. Dr. Franken gab den Teilnehmern Tipps, wo man im Internet geeignete Vorlagen finden kann, die zur Verwendung bereit stehen. Ein Thema, welches immer wieder zu Diskussionen führt, ist die Definition von Anonymisierung und Pseudonymisierung. Auch hier empfahl Dr. Franken den Teilnehmern bereits bestehende Vorlagen, z.B. von der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit, zu nutzen.
Der letzte Teil seines Vortrags widmete sich dann dem Datenschutz im Zuge der aktuellen Corona-Situation. Hier wies Dr. Franken darauf hin, dass eine zusätzliche Datenerhebung grundsätzlich möglich sei, sofern sie der Unterbindung der Virus-Ausbreitung dient. Dies gilt auch für Prüfstellen und Patienten in klinischen Prüfungen. Wichtig ist jedoch eine
datenschutzkonforme Erhebung und die Verhältnismäßigkeit der erhobenen Daten.
Mit diesem spannenden und hoch aktuellen Thema endete der erste Tag der Veranstaltung.
Am Morgen des zweiten Veranstaltungstages startete Dr. Marina Mangold, CEO der Esculape - Clinical Research Profession, mit einem Überblick über die Themen Datenmanagement und Datenintegrität und deren Verbindung zum Datenschutz. Dr. Mangold stellt klar, dass auch im Datenmanagement ein Quality by design-Ansatz gelebt werden muss. Sie appellierte an die Firmenvertreter, dass Datenmanager von Beginn an bei der Studienplanung mit eingebunden werden sollten, da diese in der heutigen Zeit weit mehr einnehmen als nur die Rolle eines „Datenhüters“ und „Datensammlers“.
Das Datenmanagement stellt ein wichtiges Bindeglied dar zwischen Datenintegrität und Datenqualität. Viele Prozesse und Dokumente in klinischen Studien müssen gut aufeinander abgestimmt sein, damit das Projekt letzten Endes erfolgreich durchgeführt werden kann. Eng verbunden damit ist auch der Datenschutz, denn die Anwendung von Datenschutz-Grundprinzipien ist, wie man am Beispiel Datenminimierung und Datenaufbewahrung erfährt, auch in ICH bereits gefordert. Der Datenmanagementplan ist mit das wichtigste Dokument. Dieser wird oft von Auftragsforschungsinstituten in klinischen Prüfungen erstellt und verwaltet. Der Sponsor muss aber auch auf dieser Ebene seiner Gesamtverantwortlichkeit nachkommen und dafür sorgen, dass der Dreiklang zwischen Datenschutz, Datenintegrität und Datenmanagement bei der Planung und Durchführung klinischer Prüfungen funktionieren kann. Sie riet daher allen, hierauf von Beginn an zu achten, um das Setup der Studie nicht zu gefährden.
In eine ähnliche thematische Richtung ging auch der nächste Vortrag von Frank Henrichmann, Senior Executive Consultant bei QFINITY Quality Management. Er stellte zu Beginn die häufigsten Behörden-Findings in klinischen Prüfungen vor. Eine Vielzahl davon haben einen Bezug zur Datenerfassung oder dem Datenmanagement – gerade, wenn sogenannte EDC-Systeme (electronic data capture) genutzt werden. Als Grund hierfür führte er an, dass zwar jeder EDC-Systeme nutze, aber eben auch noch Papier. Dieser Medienbruch verursacht immer wieder Probleme, denn trotz elektronischem System werden viele Daten aus klinischen Studien noch manuell erfasst und das führt oft zu Fehlern. Sponsoren klinischer Prüfungen könnten viel Zeit und Geld einsparen, wenn sie auf rein elektronische System wechseln würden, denn über 90% der Daten, welche mittels EDC-Systeme erfasste werden, sind korrekt, wie Studien belegen. Bereits Stand heute sind 60% aller Werktätigen mit dem Umgang elektronischer Geräte aufgewachsen, so Frank Henrichmann, und der turning point, an dem sich mehr Menschen mit „e“ auskennen als mit Papier, ist überschritten. Diese Chance sollten auch Pharmafirmen nutzen und ihre Prozesse daraufhin anpassen.
Ebenso spannend ist auch das Thema „virtual trials“, mit welchem sich viele Sponsoren gerade auseinander setzen – auch aufgrund der aktuellen COVID-19-Lage. Frank Henrichmann sieht hierin viele Vorteile: Die Daten werden direkt beim Patienten zu Hause erfasst, der Prüfer wird entlastet und mit großer Wahrscheinlichkeit steigt auch die Rekrutierungsrate in der klinischen Prüfung, wenn für Patienten die Besuche im Prüfzentrum, die mit Fahrerei und erheblichem zeitlichen Aufwand verbunden sind, wegfallen. Auch die erhobenen „source data“ würden dadurch beeinflusst, denn neben rein numerischen und strukturierten Daten wären dann auch unstrukturierte, bildgebende Daten (z. B. die Aufklärung und Einwilligungserklärung als Videostream) zu verwenden. Der ganz praktische Vorteil: Die Volumenmenge an Daten steigt an, denn neben klassischen EDC-Daten, könnte man so auch Real World Daten oder Daten aus Krankenhäusern direkt nutzen. Eine Studiensteuerung wäre sozusagen in „Echtzeit“ möglich. Die Herausforderung, die Frank Henrichmann jedoch in diesem Zusammenhang sieht, ist, die Datenintegrität sicher zu stellen. Hier wäre dann ein sogenanntes intelligentes Clinical Data Management System indiziert, welches alle Daten zusammenführen kann. Eine reine EDC-Plattform, wie man sie aktuell in klinischen Studien noch nutzt, wäre dann nicht mehr die richtige Basis.
Dr. Klaus Peter Kammerer, Global Head Vendor Management & Oversight bei Boehringer Ingelheim widmete sich vor der Mittagspause einem weiteren spannenden Thema, dem firmenübergreifenden Qualitäts- und Risikomanagement in klinischen Prüfungen. Er stellte klar, dass ein Sponsor nicht nur die allumfassende Übersicht über alle Daten und Prozesse in klinischen Prüfungen haben muss, sondern dass es auch zu seinen Aufgaben gehört, das Risiko hinsichtlich ausgelagerter Services zu verstehen und regelmäßig zu bewerten. Es sei ein Trugschluss, so Klaus Peter Kammerer, wenn Sponsoren glaubten, hier keine Kapazitäten mehr zu benötigen.
Er stellt dem Auditorium verschiedene Outsourcing-Modelle (inhouse, fully outsourced, functional service provider) vor und gab Hinweise, wie jede Firma das für sich richtige Outsourcing-Model findet. Je besser man seine eigene firmeninterne Kapazitätsplanung und -auslastung versteht und abwägt, was Sinn macht in den eigenen Reihen zu behalten, umso besser fährt man auch aus Risikomanagement-Sicht. Je nach Outsourcing-Modell können die Oversight–Pflichten sehr vielfältig sein, da sie sowohl auf Management- als auch auf Projekt- und Länderebene erfolgen müssen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Oversight über Subcontractoren, welche mit ICH E6 (R2) ebenfalls verpflichtend adressiert wurde.
Generell, so Dr. Kammerer, setzt sich eine effektive Vendor-Oversight aus verschiedenen Aspekten zusammen. Sie erfordert eine hohe Aufmerksamkeit, die Arbeit zahlt sich aber am Ende aus. Clinical Quality Agreements sind nötig, ein regelmäßiger Dokumenten-Review und Deeskalations-Maßnahmen für den Ernstfall. Aber auch die genutzten Technologien sind wichtig sowie eine nicht zu kleinteilige Risikokontrolle gegenüber des Outsourcing-Partners.
Als letzter Referent der Tagung zog Prof. Dr. Sebastian Harder, Vorsitzender der Ethikkommission der Landesärztekammer Hessen sowie der Ethikkommission des Fachbereiches Medizin der Goethe-Universität in Frankfurt, am Nachmittag das Fazit aus ethischer Sicht auf die zuvor besprochenen Themen.
Er gab zunächst eine kurze Einführung in die Aufgaben der Ethikkommissionen in Deutschland – regulatorische und „berufsrechtliche“ Prozesse, wie zum Beispiel die Beratung von Wissenschaftlern und Ärzten sowie die Überprüfung der ethisch-wissenschaftlichen Grundsätze in Studien. Im Anschluss erläuterte er die Sicht der Ethikkommissionen auf die aktuellen und kommenden ICH-Regeln. Während ICH E6 klar, gut geregelt und aus ethischer Sicht vernünftig ausgestaltet worden ist, sieht er bei ICH E8 und E19 noch „Luft nach oben“. Die Ansätze von ICH E8 sind von den Ethikkommissionen zu begrüßen, gehen aber in der aktuellen Form noch nicht weit genug. Zu ICH E19 wünschte er sich, dass auch hier die Ethikkommissionen bei der Bewertung involviert werden. Aber es bleibt abzuwarten, wie sich die Draft-Dokumente bis zur finalen Version weiter entwickeln.
Prof. Harder sprach ebenfalls die Clinical Trials Regulation nochmalig an. Die Regelung ist auch für die Ethikkommissionen nicht einfach, denn es fehlt eine Art Übungsfeld. Die Datenbank steht noch nicht final und auch das Problem der Einbindung der Regierungspräsidien ist noch nicht entsprechend geklärt, was die Kommunikation hinsichtlich der Prüfstellenbewertung und -überwachung schwierig macht. Die Aufgabenverteilung der Ethikkommissionen ist definiert und hinsichtlich der Prozesse sind sie vorbereitet, so Prof. Harder. Insbesondere die Überprüfung der Qualifikation der Prüfer steht natürlich im Mittelpunkt. Sein Fazit zu Clinical Trials Regulation: Die Bewertung für Teil 2 müsste noch besser strukturiert werden, ansonsten herrscht auch bei den Ethikkommissionen gespanntes Warten hinsichtlich der neuen Anforderungen.
Auch das neue Verfahren der Medical Device Regulation wurde von Prof. Harder nochmals thematisiert. Die Überlegungen, warum man hier im Gegensatz zum Arzneimittelsektor das Verfahren sequentiell und zweistufig gewählt hat, sind ihm jedoch nicht ganz klar. Aufgrund der kurzen Fristen ist es für die Ethikkommissionen jedoch akzeptabel. Was er als schwierig beurteilt, sind hingegen die möglichen Konstellationen innerhalb und außerhalb der Zweckbestimmungen mit halben bzw. vollem Genehmigungsverfahren, individuelle Regelungen einzelner EU-Mitgliedsstaaten sowie Ausnahmen vom Genehmigungsverfahren (berufsrechtliche Beratung, „der gute alte § 23b MPG“). Dies wird die Ethikkommissionen vor Schwierigkeiten stellen, so prophezeite er. Hier wünschte er sich in eigener Sache, dass auch die Expertise in Sachen Medizinprodukten bei den Ethikkommissionen noch besser werden muss, um diese Studien fairer bewerten zu können.
Prof. Harder zog mit seinem Beitrag abschließend eine Klammer um die vielschichtigen Themen, welche in den zwei Tagen behandelt wurden. Der Tag der Klinischen Forschung 2020 ging somit zwar deutlich anders als geplant zu Ende - die Wissensvermittlung stand im Online-Format jedoch in keiner Weise den Präsenz-Tagungen der Vorjahre nach.
Auto:
Regine Görner
Stellv. Bereichsleiterin Pharma & Healthcare
r.goerner@forum-institut.de
Das Online-Seminar“ Sponsoring, Advisory Boards & co – Healthcare Compliance für Kooperationen mit Ärzten“ fand am 25. Juni 2020 statt.
Unsere Compliance-Experten Herr Dr. Holger Diener und Herr Maur gaben dabei abwechselnd einen umfassenden Überblick über Compliance-Regeln für die Zusammenarbeit mit Ärzten.
Von gesetzlichen Rahmenbedingungen über grundlegenden Kodices bis hin zur konkreten Ausgestaltung von Kooperationen mit Ärzten – anhand von vielen Praxisbeispielen und etlichen Schätzfragen entstanden angeregte Diskussionen und Abstimmungen zwischen Referenten und Teilnehmern.
Ausführlich diskutiert wurden unter anderem die praktische Umsetzung der Neuregelungen in § 299a ff. StGB – hierbei wurde deutlich, dass wettbewerbsrechtlich als Bagatellen eingestufte Vergehen je nach Auslegung des Strafrechts durchaus gravierende Konsequenzen, wie eine vierteljährliche Freiheitsstrafe und enorme Imageschäden, haben können. Umso wichtiger ist die vorherige Absicherung und Reflektion im Rahmen der Kooperation mit Ärzten.
Autor:
Leila Grupp
Konferenzmanagerin Pharma & Healthcare
l.grupp@forum-institut.de
Lesen Sie hier die Highlights einiger Veranstaltungen aus der Pharma & Healthcare Branche nach:
Lesen Sie hier die Highlights einiger Veranstaltungen aus der Pharma & Healthcare Branche nach:
Lesen Sie hier die Highlights einiger Veranstaltungen aus der Pharma & Healthcare Branche nach: