Krise Chance präsentiert von Oktober 2024 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Krisen in Zeitlupe
Pensionsverpflichtungen: Leitzinssenkung(en) sorgen für Handlungsbedarf Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Mitte September den Leitzins bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass diesen Leitzinssenkungen weitere folgen – mit Auswirkungen auf die Pensionsverpflichtungen und den Handlungsbedarf von Unternehmen. „Es ist davon auszugehen, dass nun eine Zeit der sinkenden Zinsen anbricht“, sagt Alexander von Saenger, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Schultze & Braun. „Diese Änderung kann für Unternehmen wirtschaftlich von Nachteil sein. Denn durch niedrigere Zinsen steigen die finanziellen Aufwendungen für die Verpflichtungen, mit denen sie die Pensionszusagen für ihre Mitarbeitenden abdecken – eine Entwicklung, die wir bereits aus der Niedrigzinsphase zwischen 2008 und 2022 kennen.“ Die weitere(n) Leitzinssenkung(en) der EZB und wahrscheinlich auch der US-amerikanischen Zentralbank FED sind mit Blick auf die Pensionsverpflichtungen von besonderer Bedeutung. Beim sogenannten Rechnungszins, anhand dessen die notwendigen Rückstellungen für die Pensionszusagen berechnet werden, spielt der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre eine wichtige Rolle. „Der Großteil des Zehnjahres-Zeitraums war geprägt von niedrigen Zinsen, die Leitzinserhöhungen der letzten zwei Jahre fallen dabei nur wenig ins Gewicht, und nun dürfte der kurze Zinsanstieg auch schon wieder vorbei sein“, ordnet von Saenger ein. Hinzu kommt, dass die Finanzmärkte die Zinssenkungen von EZB und FED zum Teil bereits vorweggenommen haben. Der Rechnungszins sinkt also bereits und wird das auch weiter tun. Das führt dazu, dass die künftigen Verpflichtungen der Unternehmen – etwa für die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeitenden –mit einem niedrigeren Zins in die Gegenwart abgezinst werden und die Unternehmen daher mehr Rückstellungen bilden müssen. Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun erläutert Alexander von Saenger den Handlungsbedarf und die Möglichkeiten für Unternehmen. Ticker
Wenn man vom Goldenen Oktober oder goldenen Herbst spricht, meint man damit in der Regel das typische Erscheinungsbild der herbstlichen Landschaften. Durch die Blätterfärbung geht es vom sommerlichen grün in das herbstliche rot-gelbe Farbspektrum über. Mit Goldener Oktober ist aber auch der Wunsch nach schönem Wetter mit spätsommerlichen Temperaturen verbunden, der den Abschied vom Sommer versüßen soll. Und in der Tat gibt es in Mitteleuropa aus meterlogischer Sicht gute Chancen auf spätsommerliches Wetter – tritt doch zwischen dem 10. und dem 20. Oktober oftmals eine Schönwetterperiode ein. Aus der Sicht von Banken und Unternehmen aus der Immobilienbranche trifft angesichts der derzeitigen Marktentwicklung jedoch wohl eher die Redewendung „Winter is coming“ („Der Winter kommt“) aus der bekannten Fantasy-Serie Game of Thrones zu. Die Redewendung dient in der Serie als Erinnerung und Warnung, dass einige Herausforderungen bevorstehen und unvermeidlich sind – und das trifft sowohl auf Banken als auch auf Unternehmen aus der Immobilienbranche zu. Grund genug also, in der Oktober- Ausgabe von Krise & Chance diese beiden Bereiche in den Fokus zu rücken. In China gibt es seit drei Jahren eine veritable Immobilienkrise, auch der deutsche Immobilienmarkt steht schon länger unter enormem Druck. Prof. Michael Grote von der Frankfurt School of Finance & Management und Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun ordnen die aktuelle Entwicklung ein und schauen in die Zukunft. In der deutschen Finanzwirtschaft wird die Zahl der notleidenden Kredite zunehmen. Umso wichtiger ist daher ein funktionierender und professioneller Kreditzweitmarkt. Jürgen Sonder, der Präsident der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) erläutert, wie die Mitglieder der BKS die Voraussetzungen dafür erfüllen, die im Kreditzweitmarktgesetz festgelegt sind. Die Unternehmensinsolvenzen und damit verbunden die Kreditausfallrisiken steigen seit Monaten. Hinzu kommen vermehrt auftretende erneute Insolvenzen von Unternehmen, die bereits ein Insolvenzverfahren durchlaufen haben. Rüdiger Bauch und Martin Kropp von Schultze & Braun werfen vor diesem Hintergrund einen Blick auf die aktuelle Entwicklung aus Bankensicht. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und einen goldenen Oktober, Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l
Eine Umfrage, für die die Beratungsgesellschaft Deloitte 100 Vorstände und Mitarbeitende in Leitungspositionen in deutschen Banken befragt hat, zeichnet ein düsteres Bild für den deutschen Immobilienmarkt. Die Manager in den deutschen Instituten stellen sich darauf ein, dass in den kommenden Monaten die Finanzierungslücken im Immobilienmarkt noch größer werden. Etwa 78 Prozent der Befragten rechnen demnach in den kommenden 18 Monaten mit einer Zunahme notleidender Immobilienkredite im eigenen Haus. 25 Prozent der Bankmanager erwarten sogar eine starke oder sehr starke Zunahme. Nur 19 Prozent gehen nicht von einer Verschärfung der Lage aus. „Das ist ein schlechtes Omen für die Situation der Kreditinstitute selbst“, fasst Christoph Roessle, Deloitte-Partner und Mitautor, das Ergebnis der Studie zusammen. Schließlich stelle der Immobilien-Bereich einen wesentlichen Anteil des Kreditvolumens der Banken dar. Die Finanzaufsicht Bafin hat in ihrem Bericht „Risiken im Fokus 2024“ bereits wegen der Immobilienkrise vor Schieflagen im deutschen Bankensektor gewarnt. In einigen Fällen könnten Kreditausfälle bei Gewerbeimmobilien Institute gefährden, wenn diese nicht Banken: Finanzierungslücken im Immobilienmarkt als Risik Viele deutsche Banken haben sich ganz oder teilweise aus der Finanzierung von Immobilien-Projektentwicklungen zurückgezogen. Das zeigt eine aktuelle Studie der International Real Estate Business School an der Universität Regensburg (IREBS). Sie basiert auf Daten und Interviews großer Kreditgeber, darunter die LBBW, die BayernLB, die DZ Hyp und die Deutsche Pfandbriefbank. Auch der Blick nach vorne ist bei den befragten Banken nicht sehr optimistisch. Die Mehrheit der Institute erwartet für das laufende Jahr ein negatives oder stagnierendes Neugeschäftswachstum bei Immobilienkrediten. Fakt ist: Die Krise der Immobilienbranche wird noch eine ganze Zeit andauern. Durch die Hürden bei der Finanzierung wird die Lage gerade für die Immobilienentwickler nicht einfacher. Umso wichtiger ist es, den Blick darauf zu richten, welche Lösungen es für die Vermögenswerte und Immobilienprojekte im Falle einer Insolvenz gibt. Darüber haben wir für den Beitrag „Das Nürnberger Modell“ mit Volker Böhm von Schultze & Braun gesprochen. Vor knapp einem Jahr wurden der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht und sein Team mit der Insolvenz der Project-Gruppe betraut und mussten Lösungen Immobilien- Projektentwickler: Schwierige Finanzierungsbedingungen Ticker
ko In den kommenden Jahren dürfte die Zahl der notleidenden Finanzierungen im Gewerbeimmobilien-Bereich steigen, weil viele günstige Kredite aus der Niedrigzinsära sukzessive auslaufen. Den Durchschnittszinssatz für diese Kredite bezifferte Felix Schindler vom Immobilieninvestor HIH und Professor an der Steinbeis-Hochschule bei einer Online-Podiumsdiskussion für das Jahr 2024 auf 1,4 Prozent. Bis 2026 wird er weiter sinken und erst 2028 2,1 Prozent erreichen. Heute sei aber mit Zinsen von 3,5 bis 5,0 Prozent zu rechnen. Zu den Zinskosten komme hinzu, dass häufig die Werte der besicherten Immobilien gesunken seien. Schindlers Berechnungen zufolge müssen bis zum Jahr 2029 insgesamt mehr als 170 Milliarden Euro an Krediten aus den Jahren 2014 bis 2023 refinanziert werden. Der Höhepunkt der Fälligkeiten werde im Jahr 2026 erreicht. Die Refinanzierungslücke für den deutschen gewerblichen Investmentmarkt beziffert er auf rund 20 Milliarden Euro. Für die Kreditnehmer von Vorteil ist, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen auch die Finanzierer nicht an einer Verwertung interessiert seien, sondern einvernehmliche Lösungen anstrebten. Immobilieninvestoren: Schwierige Refinanzierung von Gewerbeimmobilien ausreichend diversifiziert seien oder in besonders kritische Segmente investiert hätten. In seinem Beitrag auf dem Blog von Schultze & Braun erläutert Dr. Dietmar Haffa, was zu beachten ist, wenn eine Bank oder ein Versicherer oder Rückversicherer als Teil einer regulierten Branche in eine finanzielle Schieflage gerät. Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht und Diplom-Betriebswirt wurde Anfang 2023 nach dem Insolvenzantrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom Amtsgericht Mainz zum Insolvenzverwalter der North Channel Bank bestellt. für die zahlreichen Projekte des Immobilienentwicklers mit Sitz in Nürnberg zu suchen. Das Unternehmen war im Sommer 2023 als einer der ersten großen Projektentwickler in finanzielle Schwierigkeiten geraten und hatte für die Vielzahl seiner Projektgesellschaften Insolvenzanträge gestellt. Insgesamt hatte Project Immobilien rund eine Milliarde Euro deutschlandweit in rund 120 Projekte investiert – alle in eigenen Gesellschaften und in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.
Krisen in Zeitl T i tel
lupe
In China gibt es seit drei Jahren eine veritable Immobilienkrise, auch der deutsche Immobilienmarkt steht schon länger unter enormem Druck. Prof. Michael Grote und Dr. Elske Fehl-Weileder ordnen die aktuelle Entwicklung ein und schauen in die Zukunft. Frau Fehl-Weileder, Herr Grote, zahlreiche Immobilienfirmen in China sind ins Wanken geraten, seit die Regierung die Konzerne im Spätsommer 2021 dazu angehalten hat, ihre Verschuldung zu senken. In der Folge wuchs die Sorge vor einer Finanzkrise, ausgelöst durch einen aufgeblähten, hoch verschuldeten chinesischen Immobiliensektor. Drei Jahre später ist die Krise immer noch da. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation? Grote: Aus meiner Sicht droht weiterhin kein chinesischer Lehman-Moment. Der Regierung ist es schon beim kriselnden Immobilienriesen Evergrande gelungen, eine systemische Finanzkrise mit internationalen Auswirkungen zu verhindern. Aber anders als bei Krisen im Finanzsektor, die ja sehr schnell im Stunden- und Tagesrhythmus passieren, sind Immobilienkrisen immer Krisen in Zeitlupe. Wertpapiere an der Börse oder auch Kredite im Finanzsektors werden tageweise oder sogar in Echtzeit bewertet. Gutachter bewerten Immobilienwerte hingegen weitaus seltener neu, zudem ist es in der Buchhaltung üblich, Objekte länger mit ihrem Anschaffungspreis, als mit ihrem aktuellen Wert zu führen. Das führt dazu, dass der Markt weniger stark schwankt, kann aber grundlegende Probleme nicht verdecken. Deswegen reden wir immer noch über die Krise im chinesischen Immobiliensektor und wir werden das sehr wahrscheinlich auch noch eine ganze Weile tun. Immobilienunternehmen in finanziellen Schieflagen und leerstehende Büros gibt auch in Deutschland. Fehl-Weileder: Ja, im letzten Jahr sind innerhalb von zehn Tagen fünf große Projektentwickler in die Insolvenz gegangen. Viele Banken ziehen sich aus der Finanzierung von Immobilien-Projektentwicklungen zurück. Das führt dazu, dass gerade kleinere und mittlere Projektentwickler Probleme haben, die Finanzierungen von bereits begonnenen oder neu geplanten Gewerbeprojekten zu stemmen. Gleichzeitig bekommt Deutschlands angespannter Wohnungsmarkt in Berlin, Hamburg, München oder Düsseldorf zusätzlichen Druck durch chinesische Käufer. Denn für die dortige Mittelschicht ist der Immobilienmarkt hierzulande angesichts der Immobilienkrise in China ein sicherer Hafen für eine Kapitalanlage – jedoch stehen die Wohnungen dann, wenn sie fertig gebaut sind, mitunter leer und damit dem hiesigen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung. Man kann also durchaus sagen, dass die Immobilienkrise in China sich doch nach Deutschland ausgedehnt hat – wenn auch anders als noch vor drei Jahren angenommen. T i tel
Haben wir auch auf dem deutschen Immobilienmarkt eine Krise in Zeitlupe? Grote: Zumindest scheint es aus Sicht der wichtigsten Finanzierer so zu sein. So hat das genossenschaftliche Fondshaus Union Investment zuletzt einen milliardenschweren offenen Immobilienfonds um fast 20 Prozent abwerten müssen. Das ist der höchste Tagesverlust, den Anleger bei Immobilienfonds seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 hinnehmen müssen. Der Fonds hat vor allem in Mietwohnungen investiert, deren Wert von unabhängigen Sachverständigen um mehr als 860 Millionen Euro auf knapp 4,3 Milliarden Euro heruntergestuft wurde. Das kommt daher, dass bei vielen offenen Fonds Anleger ihre Anteile zurückgeben. Um sie auszahlen, aber gleichzeitig ihre Kapitalquote halten zu können, müssen die Fonds im Fall der Fälle Immobilien verkaufen. Das dürfen die Fonds aber nur, wenn die Immobilien zu einem Preis veräußert werden, der ähnlich der internen Bewertung in der Fondsbilanz ist. Angesichts des hohen Preisdrucks und des großen Angebots im Markt, kommen die Fonds um Abwertungen nicht herum. Welche weiteren Krisenzeichen sehen Sie? Fehl-Weileder: Die Zahl der notleidenden Kredite, die nicht oder kaum bedient werden können, ist bei Gewerbeimmobilien nach Daten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde auf fast fünf Prozent angestiegen, das entspricht einem Volumen von rund 13,5 Milliarden Euro. Für Banken ist es daher wichtig, sich mit Optionen zu befassen, die sie bei der finanziellen Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft haben. Gleiches gilt für weitere Lösungen für notleidende Kredite oder das Ausfallrisiko von Krediten – nicht nur bei Gewerbeimmobilien, sondern auch bei Unternehmen. Wie sind die Aussichten? Grote: Es bleibt kompliziert. Die Homeoffice-Quote in Deutschland liegt seit knapp zwei Jahren stabil bei einem Viertel der Beschäftigten und zwei Drittel der Unternehmen. Die Firmen reduzieren daher schrittweise ihren Büroflächenbedarf. In Kombination mit wirtschaftlichen Unsicherheiten, gestiegenen Zinsen und Baukosten ist deshalb auf dem Immobilienmarkt keine schnelle Erholung in Sicht – in China wie auch in Deutschland. Die Interviewpartner: Prof. Michael H. Grote ist Professor für Corporate Finance an der Frankfurt School of Finance & Management und Experte für die internationalen Kapitalmärkte. Dr. Elske Fehl-Weileder ist Rechtsanwältin im Bereich Internationale Insolvenzverwaltung von Schultze & Braun und Expertin für das chinesische Insolvenzrecht.
Kredit. Zweitmarkt. Gesetz(t) Thema In der deutschen Finanzwirtschaft wird die Zahl der notleidenden Kredite zunehmen. Umso wichtiger ist ein funktionierender und professioneller Kreditzweitmarkt. Die Mitglieder der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing erfüllen die Voraussetzungen dafür. Hohe Bestände an notleidenden Krediten haben in der EU nach der globalen Finanzkrise 2007/2008 nicht nur die Bankbilanzen belastet und die Erholung der Finanzwirtschaft deutlich verlangsamt, sondern auch den Neustart der realen Wirtschaft behindert. Der europäische Markt für notleidende Kredite (NPL) soll auch deshalb künftig deutlich transparenter, noch professioneller und für alle Marktteilnehmer attraktiver werden. Erreicht werden soll dieses Ziel durch eine EU-Richtlinie, die in Deutschland in das neue Kreditzweitmarktgesetz überführt wurde, das Ende 2023 in Kraft getreten ist. Kreditdienstleister benötigen für ihre Tätigkeiten auf dem Zweitmarkt nun eine Erlaubnis der Finanzaufsicht BaFin. „Während in vielen anderen EU-Ländern mit weitaus höheren NPLBeständen noch nicht einmal nationale Umsetzungsgesetze verabschiedet wurden, haben die Mitglieder der BKS bereits alle Anforderungen des Kreditzweitmarktgesetzes erfüllt“, fasst Jürgen Sonder, Präsident der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS), den Qualitätsanspruch der Verbandsmitglieder zusammen. Wichtiger Beitrag zur Finanzmarktstabilität Die BKS vertritt die Interessen ihrer 40 im Sekundärmarkt tätigen Mitgliedsunternehmen in Deutschland. Schultze & Braun ist Fördermitglied der BKS. Bezogen auf das Transaktionsvolumen spiegeln die Mitglieder der BKS den größten Teil des deutschen Marktes wider und helfen durch den Verkauf von
notleidenden Darlehensforderungen Banken, Sparkassen und Landesbanken, Risikostrukturen zu verbessern und Liquidität zu sichern, um Neukredite an Darlehensnehmer zu vergeben. „Der Zweitmarkt und die Mitglieder der BKS leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Finanzmarktstabilität – gerade in Krisenzeiten wie jetzt ein nicht zu unterschätzender Faktor auch für die Realwirtschaft“, sagt Sonder. Die BKS hat eine große Zahl von Mitgliedern – nicht alle Marktteilnehmer oder BKS-Mitglieder benötigen eine BaFin-Erlaubnis – beim Erlaubnisverfahren erfolgreich unterstützt. „Als Interessenvertretung der Investoren und Servicer für die Finanzindustrie bieten wir unseren Mitgliedern umfassende Unterstützung bei regulatorischen Fragen, vertreten ihre Interessen gegenüber Politik und Aufsicht und fördern den fachlichen Austausch in der Branche“, schildert Sonder wichtige Aufgaben des Zusammenschlusses. „Gerade in Zeiten zunehmender Regulierung ist eine starke Verbandszugehörigkeit von unschätzbarem Wert – für die einzelnen Mitglieder, aber auch für den Kreditzweitmarkt und die Finanzwirtschaft als Ganzes.“ Zugelassene BKS-Mitglieder können nun EU-weit als Kreditdienstleister tätig werden. Risiken effizienter verteilen, Finanzsysteme resilienter machen Seit 2018 hatte sich die BKS in das Gesetzgebungsverfahren für das Kreditzweitmarktgesetz konstruktiv eingebracht. „Märkte für notleidende Kredite leisten einen wichtigen Beitrag dazu, Risiken effizienter zu verteilen und Finanzsysteme resilienter zu machen“, sagt Sonder. „Das ist ein wichtiger Schritt, einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen für den Sekundärmarkt notleidender Kredite zu schaffen.“ Wesentliche Ziele sind die Harmonisierung von Anforderungen an die Zulassung von Kreditdienstleistern, die Schaffung eines einheitlichen Rahmens für Kreditkäufer und Kreditdienstleister sowie die Stärkung der Kreditnehmerrechte. Die EU hatte bereits vor einiger Zeit einen entsprechenden Aktionsplan vorgelegt. Teil des Plans war die EU-Richtlinie 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer, die 2021 verabschiedet wurde, und bis Ende vergangenen Jahres von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden sollte. In Deutschland ist das Kreditzweitmarktgesetz (KrZwG) am 30. Dezember 2023 in Kraft getreten. „Das Gesetz regelt unter anderem neue Pflichten für Kreditinstitute und Käufer notleidender Kredite, Anforderungen an Kreditdienstleister sowie deren Beaufsichtigung durch die BaFin“, sagt Sonder. „Im Zentrum stehen die Kreditdienstleister, deren Tätigkeit grundsätzlich einer neuen Erlaubnispflicht unterliegt.“ Nach Inkrafttreten des KrZwG hatten Kreditdienstleister zunächst nur bis 16. Februar 2024 Zeit, eine Absichtsanzeige für eine Erlaubnis bei der BaFin einzureichen. „Da diese Frist für alle Seiten zu knapp war, akzeptierte die BaFin Anträge bis zum 5. April 2024“, erläutert Sonder die Abstimmung mit der Finanzaufsichtsbehörde. „Unternehmen durften zudem ihre zuvor erlaubnisfreien Tätigkeiten bis 16. August 2024 weiter erbringen.“ Hohes Niveau beim Verbraucherschutz und der Forderungsbearbeitung Seit 17. August 2024 benötigen Kreditdienstleister in Deutschland nun eine Erlaubnis der BaFin. „Wir sind stolz darauf, dass die Mitglieder der BKS nun als zugelassene Kreditdienstleister tätig sein können“, stellt der BKS-Präsident fest. Dies unterstreiche den hohen Qualitätsanspruch, den die BKS-Mitglieder im Kreditankauf und Servicing verfolgten. „Und es zeigt das schon vor Einführung des Gesetzes bestehende hohe Niveau beim Verbraucherschutz und der Forderungsbearbeitung“, resümiert Sonder. Der Verkauf von Kreditportfolios kann eine Lösung für Non-Performing Loans (NPL) sein. Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun erläutern Jürgen Sonder (Präsident der BKS) und Dr. Ludwig J. Weber (Experte für Unternehmensfinanzierung und -sanierungen bei Schultze & Braun), wie Finanzierer und Investoren von solchen Transaktionen profitieren und worauf sie dabei achten sollten – auch angesichts der steigenden Insolvenzzahlen.
Thema Die Unternehmensinsolvenzen und damit verbunden die Kreditausfallrisiken steigen seit Monaten. Hinzu kommen vermehrt auftretende erneute Insolvenzen von Unternehmen, die bereits ein Insolvenzverfahren durchlaufen haben. Grund genug, mit Rüdiger Bauch und Martin Kropp von Schultze & Braun einen Blick auf die aktuelle Entwicklung aus Bankensicht zu werfen. Herr Bauch, Herr Kropp, worauf sollten Banken im Spannungsfeld von steigenden Insolvenzzahlen und zunehmenden Kreditrisiken achten? Bauch: Für Banken ist es angesichts der nach wie vor angespannten wirtschaftlichen Lage elementar, Lösungen für notleidende Kredite zu finden, sogenannte Non-Performing Loans, kurz NPL. Deshalb ist es wichtig, sich damit zu beschäftigen, ob der Verkauf von Kreditportfolios an Investoren eine Lösung für die eigenen NPL darstellen kann und welche Besonderheiten und Erfolgsfaktoren es dabei zu beachten gibt. Bei notleidenden Finanzierungen von Gewerbeimmobilien sollten Banken auch im Blick haben, welche Vorteile eine Zwangsverwaltung für sie haben kann. Welche Fragen stellen sich für Banken mit dem Blick auf Zweit- und Folgeinsolvenzen – also Unternehmen, die nach einer (Erst)Sanierung erneut einen Insolvenzantrag stellen müssen? Kropp: Solche Insolvenzen standen im Fokus einer Untersuchung unserer Kanzlei zur Nachhaltigkeit von Unternehmenssanierungen, die wir anlässlich des zehnten ESUG-Jubiläums 2022 gemacht haben, und für die wir uns den Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 30. September 2021 angeschaut haben. Die Ergebnisse, die wir auf www.nachhaltige- unternehmenssanierung.de erläutern und einordnen, liefern aufschlussreiche Erkenntnisse – nicht nur für Sanierer und Restrukturierer, sondern auch für Unternehmen und Banken. In der Untersuchung wurde unter die Lupe genommen, wie erfolgreich und nachhaltig Sanierungen im Rahmen von Regelinsolvenzverfahren, Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren sind. Die Kernerkenntnis ist: Sowohl Regelinsolvenzverfahren als auch sogenannte ESUG-Verfahren, Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren, stehen für erfolgreiche und nachhaltige Sanierungen. Was bedeutet diese Erkenntnis für Banken? Bauch: Für Banken ist die Kernerkenntnis der Untersuchung für die Bewertung ihres Ausfallrisikos von besonderer Bedeutung. Sie müssen für sich bei einer Sanierung ja oftmals eine Antwort auf die Frage „Können wir die Sanierung des Unternehmens unterstützen?“ finden. Natürlich gilt dabei das gleiche wie bei der Wahl des Sanierungsinstruments: Auch das Ausfallisiko sollte immer individuell geprüft werden. Allerdings sprechen die hohen Nachhaltigkeits-Quoten von Regelinsolvenzverfahren und ESUG-Verfahren grundsätzlich für eine positive Finanzierungsentscheidung. Das Ausfallrisi
Welche Faktoren und Erkenntnisse spielen bei der Bewertung des Ausfallrisikos zudem ein Rolle? Kropp: Auf Grundlage unserer Untersuchung zeigt sich, dass bei der Bewertung des Ausfallrisikos von Banken der Zeitraum der ersten fünf Jahre nach der ersten Insolvenz eine wichtige Rolle spielt. Für die Nachhaltigkeit einer Sanierung hat dieser Zeitraum eine große Bedeutung. Der überwiegende Anteil der identifizierten Zweitinsolvenzen ist innerhalb von fünf Jahren nach der ersten Insolvenz eingetreten. Banken sollten die Geschäfts- und Finanzplanung eines sanierten Unternehmens daher auch vor dem Hintergrund der Fünf-Jahres-Erkenntnis der Untersuchung betrachten. Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass mehr als fünf Jahre nach der ersten Insolvenz in der Regel kein signifikant erhöhtes Risiko mehr für eine Zweitinsolvenz besteht – für Banken und Unternehmen gleichermaßen eine wichtige Erkenntnis. Wie sehen die Chancen aus, wenn ein Unternehmen im Fünf-Jahres-Zeitraum erneut einen Insolvenzantrag stellen muss? Bauch: Die Untersuchung zeigt, dass solchen Unternehmen fast 1,5-mal häufiger abgewickelt als saniert werden. Das Verhältnis von sogenannten Zweitabwicklungen – also einer Abwicklung in der zweiten Insolvenz – zu Zweitsanierungen unterstreicht, wie wichtig es für Banken ist, bei der Kreditgewährung in diesen Fällen auf eine ausreichende Besicherung zu achten, um bei einer Abwicklung den Schaden zu begrenzen. Zudem zeigt diese Erkenntnis, welche große Bedeutung es hat, direkt bei der ersten Sanierung die Ursachen nachhaltig anzugehen, die zur Insolvenz geführt haben. Oder anders formuliert: Ein Ziel des Gesetzgebers war und ist es, dass Unternehmen die Sanierung mit Hilfe eines Insolvenz-, Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahrens als zweite Chance sehen und ergreifen. Es ist jedoch wichtig, diese zweite Chance beim ersten Mal zu nutzen. Kropp: Unsere Untersuchung zeigt aber auch, dass nach einem ESUG-Verfahren bei einer erneuten Insolvenz eines zwischenzeitlich sanierten Unternehmens das Verhältnis von Zweitsanierungen zu Zweitabwicklungen drei zu eins ist. Dieses Ergebnis ist insofern jedoch nicht total überraschend, da die Voraussetzungen für ein ESUG-Verfahren höher sind als bei einem Regelinsolvenzverfahren. Dadurch steigen die Sanierungschancen. So ist ein Schutzschirmverfahren zum Beispiel nur möglich, wenn dem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit nur droht und sie noch nicht eingetreten ist. iko minimieren In ihrem Beitrag auf dem Blog von Schultze & Braun erläutern Rüdiger Bauch und Martin Kropp zudem den Rückgang der Zweitinsolvenzen währen der Corona-Pandemie und die Kehrseite dieser an sich positiven Nachricht.
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