Krise & Chance Februar 2024

Krise Chance präsentiert von Februar 2024 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Der Sanierungsgedanke als zentrales Element

Ticker Sanierungslösung angestrebt Baggern, laden, heben, schneiden, bohren und vieles mehr – für nahezu alle Tätigkeiten auf Baustellen hat BMD-Baumaschinendienst mit Sitz in Heidelberg die passenden Fahrzeuge, Anlagen oder Gerätschaften. Die Kunden des 1967 als Reparatur- und Kundendienst für #Baumaschinen gegründeten Unternehmens kommen aus der gesamten Rhein-Main-Region. Das Ziel von Holger Blümle von Schultze & Braun als vorläufigem Insolvenzverwalter ist es, zusammen mit der Geschäftsführung eine Sanierungslösung zu erreichen, mit der der Spezialist im Bereich Verkauf und Vermietung von Baumaschinen sowie Brecheranlagen und Siebanlagen und die rund 35 Arbeitsplätze erhalten werden können. Der Verkauf und die Vermietung von Baumaschinen sowie Brecher- und Siebanlagen bei BMD-Baumaschinendienst laufen unterdessen in vollem Umfang weiter. Eine Sanierung wäre aus eigener Kraft, den Einstieg eines Investors in das bestehende Unternehmen, aber auch die Integration von BMDBaumaschinendienst in eine UnternehmensGruppe möglich. Die finanzielle Schieflage des Unternehmens ist unter anderem durch das herausfordernde Marktumfeld im Bau- und Immobilienbereich entstanden. Alexander Eggen von Schultze & Braun hat bereits mehrere Bauunternehmen bei ihrer Sanierung begleitet. In der August-Ausgabe 2023 erläuterte er die Möglichkeiten, die es für sie gibt, um die aktuelle Krise zu meistern.

Eine echte Erfolgsgeschichte – und das seit inzwischen einem Vierteljahrhundert! So sehe ich die Insolvenzordnung, die in diesem Jahr das 25. Jubiläum ihres Inkrafttretens feiern kann! Natürlich ist die InsO von heute anders als die InsO von 1999 – gerade auch durch die Änderungen und Ergänzung der ESUG-Reform 2012 oder die Einführung des StaRUG im Jahr 2021. Aber an der Tatsache, dass die InsO mit ihren 359 Paragrafen weiterhin den rechtlichen Rahmen für die Sanierungstätigkeit von uns Insolvenzrechtlern bildet, hat sich in den vergangenen 25 Jahren nicht geändert. Wir haben das InsO-Jubiläum zum Anlass genommen, ihr das Titelthema dieser Ausgabe zu widmen. Mein Kollege Detlef Specovius ist seit 1993 mit Schwerpunkt im Insolvenzrecht tätig. Zunächst war er mehrere Jahre als Konkurs- und Insolvenzverwalter, inzwischen ist er jedoch ausschließlich in Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren auf Unternehmensseite tätig – etwa als Restrukturierungsbeauftragter oder Generalbevollmächtigter. In seinem Beitrag schaut er zurück auf die Anfänge der InsO, zieht eine Zeitlinie von 1999 bis heute und wirft einen Blick auf die Zukunft der InsO. Am 1. Januar hat sich aber nicht nur das Inkrafttreten der InsO zum 25. Mal gejährt. Zum Jahreswechsel sind zudem die Lockerungen beim Insolvenzgrund der Überschuldung ersatzlos ausgelaufen, und die Insolvenzantragspflicht greift nun wieder in vollem Umfang. Mein Kollege Dr. Jürgen Erbe fasst in seinem Beitrag zusammen, was diese Entwicklung für Geschäftsleiter bedeutet, und er erläutert, auf welche Punkte sie besonders achten sollten. Wir erleben derzeit eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens. Gleichwohl werfen allerdings Insolvenzen wie die der unterschiedlichen Gesellschaften der Signa-Gruppe oder die inzwischen zahlreichen Insolvenzen von Immobilien-Projektierern ein Schlaglicht darauf, dass Kreditrisiken für Banken gerade bei der Immobilienfinanzierung (weiter) an Bedeutung gewinnen. Meine Kollegen Katharina Franke und Rüdiger Bauch zeigen in ihrem Beitrag, worauf Banken bei der Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft achten sollten, und welche Vorteile die Zwangsverwaltung einer Immobilie haben kann. Ich wünsche Ihnen eine interessante und aufschlussreiche Lektüre, Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Investor für AIoTStartup gefunden Die Marke und der Online-Shop des DamenmodeHändlers Madeleine sind jetzt Teil der Goldner Fashion-Gruppe. Seit dem 8. Januar 2024 können Kundinnen unter www.madeleine.com wieder hochwertige Damenmode bestellen. Zuvor waren die Verhandlungen über den Erwerb der Markenrechte, der Domain des Onlineshops sowie des Warenlagers von Madeleine zwischen den Beteiligten erfolgreich abgeschlossen worden. „Eine wirtschaftliche Fortführung des Unternehmens und der Erhalt der Arbeitsplätze waren trotz aller Bemühungen leider nicht möglich. So hart das im ersten Moment klingt: Auch in einem solchen Fall ist es unsere Aufgabe, möglichst viel Geld zu erlösen, mit dem die Forderungen der Gläubiger anteilig bestmöglich bedient werden können. Dies ist uns mit dem Verkauf der materiellen und immateriellen Vermögenswerte des Unternehmens gelungen“, so Daniela Angerer, Geschäftsführerin der Madeleine Mode und Detlef Specovius von Schultze & Braun. Die Kanzlei hat die Transaktion, der der Gläubigerausschuss bereits zugestimmt hat, auf Seiten des Unternehmens begleitet. In der September-Ausgabe 2023 erläutert Dr. Michael Rozijn von Schultze & Braun die zahlreichen Besonderheiten, die beim Erwerb, aber auch dem Verkauf einer Marke und der dazugehörigen Preisfindung beachtet werden müssen. Marke, Webshop-Domain und Warenlager veräuSSert Ticker Bild: www.madeline.com/de

Zum Jahresauftakt gab es gute Nachrichten für das AIoT-Startup Infinite Devices und seine Mitarbeitenden: Gemeinsam mit Insolvenzverwalter Rüdiger Bauch von Schultze & Braun konnte die Suche nach einem Investor erfolgreich abgeschlossen werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2024 hat die neu gegründete Infinite AI Audio um den Stuttgarter Unternehmer Dr. Jochen Hanselmann den gesamten Geschäftsbetrieb von Infinite Devices übernommen. Damit bleibt das Startup erhalten, sämtliche Mitarbeitenden werden übernommen. „Wir haben den Geschäftsbetrieb im vorläufigen und eröffneten Insolvenzverfahren insgesamt rund vier Monate fortgeführt und damit die Möglichkeit geschaffen, dass das Unternehmen seine Kernkompetenzen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und des Internets der Dinge ausbauen und die bereits entwickelten Produkte zur Marktreife führen kann“, sagt Bauch. Mit AIoT verbindet Infinite Devices künstliche Intelligenz (AI, Artificial Intelligence) und das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things). Über die vom Startup entwickelte Open-Source-Plattform „infinimesh“, können IoT-Geräte und Sensoren gesteuert, verwaltet und ausgewertet werden. Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun erläutern Dr. Elske Fehl-Weileder und Rüdiger Bauch von Schultze & Braun, was Geschäftsführer von Startups in einem solchen Fall machen können und worauf sie achten sollten. Beide haben bereits mehrere Startups durch Krisensituationen begleitet. Fortführungslösung geschaffen Eine Fortführungslösung, mit der alle rund 90 Arbeitsplätze, das Unternehmen und die beiden Standorte in Heusenstamm (südlich von Offenbach am Main) und Frankfurt am Main erhalten werden – so lassen sich die guten Nachrichten zusammenfassen, die Insolvenzverwalter Alexander Eggen von Schultze & Braun Anfang des neuen Jahres für die Mitarbeitenden des Sicherheitsspezialisten Starline hatte. Zum 1. Januar hat die Starline GmbH den Geschäftsbetrieb der insolventen Starline Service Bewachungs GmbH erworben. Der Leiter des Frankfurter Standorts von Schultze & Braun hatte die Suche nach einem Übernehmer für Starline kurz nach dem Insolvenzantrag im Oktober 2023 gestartet. „Die Kunden haben nun Gewissheit, dass sie auch künftig auf die Dienstleistungen von Starline vertrauen und setzen können. Die Fortführungslösung ist daher auch für sie eine gute Nachricht“, sagt Eggen. Die Fortführungslösung ist aber auch für die Gläubiger des Unternehmens eine gute Nachricht und für sie zudem von doppeltem Vorteil: Durch die Betriebsfortführung im vorläufigen Verfahren steigt einerseits die sogenannte Insolvenzmasse, aus der die Forderungen der Gläubiger anteilig bedient werden. Durch die Übernahme aller Mitarbeitenden fallen andererseits erhebliche finanzielle Aufwendungen – etwa für Auslauflöhne – nicht an, wodurch die Insolvenzmasse in diesem Zusammenhang nicht reduziert wird.

Der Sanierun als zentral T i tel

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Eigentlich kaum zu glauben, dass viele der Verfahren oder Instrumente, die heute in der Sanierungspraxis regelmäßig zum Einsatz kommen, erst 25 Jahre alt sind. Denn mit der Insolvenzordnung erblickten am 1. Januar 1999 unter anderem der Insolvenzplan, die Eigenverwaltung, aber auch die Erleichterungen bei notwendigen Personalanpassungen oder das Verbraucherinsolvenzverfahren das Licht der Sanierungswelt. „Hinzu kommt, dass die Einführung der InsO ja nicht nur viele neue Verfahren und Instrumente gebracht hat, sondern auch den Startpunkt für eine ganz neue Herangehensweise war“, sagt Detlef Specovius von Schultze & Braun. „Der Sanierungsgedanke ist mit der InsO zum zentralen Element des Insolvenzrechts geworden. Bis 1999 gab es ja zum Dreiklang aus Zerschlagung, Verwertung – dazu zählte auch der Asset Deal – und Verteilung nahezu keine Alternative. Rückblickend kann man daher aus meiner Sicht durchaus von einer Zeitenwende sprechen.“ Eine realistische Option Der Weg eines kriselnden Unternehmens war und ist nun nicht mehr grundsätzlich vorgezeichnet. Die InsO bietet einen rechtlichen Rahmen, mit dem der Erhalt eines Unternehmens zu einer realistischen Option wird. „Dabei kann und darf man dann als Sanierer aber auch nicht vor harten Einschnitten zurückschrecken – etwa, wenn diese notwendig sind, um das Unternehmen zu erhalten. Es kann zum Beispiel durchaus sein, dass sie sich im Zuge einer Sanierung von einer bestimmten Anzahl an Mitarbeitenden trennen müssen, um das Unternehmen und die übrigen Arbeitsplätze zu erhalten. Die Alternative wäre, das gesamte Unternehmen abzuwickeln und alle Arbeitnehmer zu entlassen“, sagt Specovius, der seit 1993 als Insolvenzrechtler tätig ist. Zunächst war der Fachanwalt für Insolvenzrecht mehrere Jahre als Konkurs- und Insolvenzverwalter, inzwischen ist er jedoch ausschließlich in Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren auf Unternehmensseite tätig – etwa als Restrukturierungsbeauftragter oder Generalbevollmächtigter. Die Erfahrung aus einer Vielzahl an Sanierungen – zu seinen bekanntesten Verfahren gehören die Modeunternehmen Esprit und Bonita, die Fluggesellschaft Condor, die Werkstattkette A.T.U. und der Automobilzulieferer Saargummi – hat Detlef Specovius gezeigt, dass eine Sanierung auch mit den Verfahren und Instrumenten des Insolvenzrechts alles andere als ein Selbstläufer ist. „Um eine Sanierung erfolgreich zu durchlaufen ist es immer wichtig, alle Beteiligten und ihre Interessen, aber auch ihre Sorgen ernst zu nehmen und sie den gesamten Prozess hindurch mitzunehmen.“ Zudem müsse man sich auch bewusst sein, dass die Sanierung eines Unternehmens – wenn sie denn rechtlich und wirtschaftlich möglich sei – für sich allein auch kein Allheilmittel sei, so der Sanierungsexperte. „Wenn die Strategie für Vor einem Vierteljahrhundert ist die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten. Sie bildet bis heute die Grundlage dafür, dass Sanierer auf eine Vielzahl an Verfahren und Instrumenten zurückgreifen können, wenn es darum geht, ein kriselndes Unternehmen neu aufzustellen. T i tel

den Neustart nach der Sanierung fehlt, nützt auch die beste Befreiung von Verbindlichkeiten und Altlasten nichts. Ein Unternehmen steht dann wirtschaftlich gesehen sehr wahrscheinlich bald wieder mit dem Rücken zur Wand“, fasst Specovius zusammen. Die Sanierung in eigener Regie aus dem Schattendasein geholt In den 25 Jahren seit ihrem Inkrafttreten wurde die InsO mehrfach angepasst. Aus der Sicht von Specovius war dabei das ESUG im Jahr 2012 die bedeutendste dieser Anpassungen, da damit die Eigenverwaltung aus dem Schattendasein geholt, dass sie aufgrund der hohen Hürden lange Zeit gefristet hatte. Es wurden aber nicht nur die Zugangsvoraussetzungen zur Sanierung in eigener Regie vereinfacht, auch die Planbarkeit wurde verbessert, da die Eigenverwaltung nun bereits im vorläufigen und nicht mehr erst im eröffneten Verfahren Monate später angeordnet wurde. „Das ist gerade auch bei Sanierungen im internationalen Umfeld nicht zu unterschätzen, die auch hierzulande immer häufiger werden. Das ESUG hat dafür gesorgt, dass sich Deutschland als Sanierungsstandort im europäischen, aber auch im globalen Wettbewerb definitiv nicht verstecken muss“, sagt Specovius und hebt eine Neuerung durch das ESUG hervor: „Zudem kam das Schutzschirmverfahren als zusätzliche Sanierungsoption hinzu, bei der der Insolvenzplan das Sanierungsmittel der ersten Wahl ist und die explizit auf den Erhalt des Unternehmens abzielt.“ Happy Birthday, InsO! Ebenfalls als relevante Anpassung sieht Specovius die Einführung des StaRUG zum Jahreswechsel 2021, das gerade bei finanzwirtschaftlichen Sanierungen viele Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Der Vorteil aller Verfahren des Insolvenzrechts sei allerdings, dass mit ihnen eine finanzwirtschaftliche und gleichzeitig eine operative Sanierung möglich sei. Künftig dürfte der Instrumentenkoffer für Sanierer noch größer werden – etwa mit dem sogenannten Pre Pack-Verfahren, das von der EU im Zug der Kapitalmarktunion geplant ist. „Dadurch könnte etwa die Übernahme und damit die Fortführung eines Unternehmens in einem Insolvenz- und Sanierungsverfahren beschleunigt und damit verbessert werden“, sagt Specovius. „Das würde auch den Sanierungsgedanken unterstützen, der mit der InsO vor 25 Jahren zum zentralen Element nicht nur des Insolvenzrechts, sondern zu einer echten Erfolgsgeschichte geworden ist: Happy Birthday, InsO!“ 25 Jahre Insolvenzordnung Im Interview auf dem Blog von Schultze & Braun spricht Detlef Specovius darüber, wie sich das Insolvenz- und Sanierungsrecht seit 1999 weiterentwickelt hat, was seine Wünsche für die Zukunft sind und warum bei jeder Sanierungsaufgabe eine gesunde Portion Respekt dazugehört. Unser Seminartipp Die Insolvenzordnung stellt einen von drei Möglichkeiten der Sanierung dar. In unserem Seminar „Rechtsfragen der Sanierung“ inklusive Praxis-Workshop am 06. & 07.05.24 erfahren Sie alles Wichtige zu den Vor- und Nachteilen der drei Sanierungsarten.

Die Insolvenzantragspflicht greift wieder in vollem Umfang Thema Insolvenzrecht reloaded – so lässt sich das kurz zusammenfassen, was nun wieder gilt. Seit dem Jahreswechsel sind die Regelungen des sanierungs- und insolvenzrechtliche Krisenfolgenabmilderungsgesetz, kurz SanInsKG, Geschichte, durch die die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung seit dem 9. November 2022 gelockert waren. „Die Insolvenzantragspflicht greift ab dem 1. Januar 2024 wieder in vollem Umfang“, sagt Dr. Jürgen Erbe von Schultze & Braun. „Das heißt, dass ein Geschäftsleiter jetzt wieder nachweisen muss, dass sein Unternehmen die nächsten zwölf Monate durchfinanziert ist. Wenn klar ist, dass das nicht der Fall ist, müssen Geschäftsleiter, bei Vorliegen einer Die gesetzlichen Lockerungen beim Insolvenzgrund der Überschuldung sind zum Jahresende 2023 ersatzlos ausgelaufen. Was das für Geschäftsleiter von Unternehmen bedeutet und worauf sie achten müssen.

insolvenzrechtlichen Überschuldung, innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag stellen – gerade auch, um sich vor einer möglichen persönlichen Haftung zu schützen.“ Der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht weist aber darauf hin, dass nicht nur Geschäftsleiter, sondern auch Rechtsanwälte und Steuerberater, die Unternehmen berieten, sowie Aufsichtsräte das Risiko einer persönlichen Haftung nicht unterschätzen sollten. Nach dem Auslaufen des SanInsKG beträgt die Höchstfrist für einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung seit dem 1. Januar 2024 wieder sechs Wochen. Während dieser Zeit können Geschäftsleiter eine außerinsolvenzliche Sanierung angehen, um den Insolvenzgrund der Überschuldung zu beseitigen. „Der Versuch einer solchen außerinsolvenzlichen Sanierung ist auch möglich, wenn die Unternehmen nicht zwölf Monate durchfinanziert sind. Eine Option ist zum Beispiel ein nachvollziehbarer und belastbarer Restrukturierungsplan“, erläutert Erbe, der bereits zahlreiche Unternehmen bei ihren Sanierungen begleitet hat. „Wichtig ist aber, dass Geschäftsleiter die Frist nicht komplett ausschöpfen, wenn bereits während der sechs Wochen feststeht, dass die Überschuldung mit der außerinsolvenzlichen Sanierung aller Voraussicht nach nicht beseitigt werden kann. Nur drei statt sechs Wochen Die Tatsache, dass der Zeitraum für die Durchfinanzierung eines Unternehmens seit dem 1. Januar 2024 wieder zwölf Monate beträgt, führt dazu, dass die Überschuldung als Insolvenzgrund wieder an Bedeutung gewinnt. Die Zahlungsunfähigkeit wird aber auch weiterhin der mit Abstand häufigste Grund für Unternehmensinsolvenzen bleiben. „Grundsätzlich gilt: Kann ein Unternehmen seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, ist es zahlungsunfähig“, sagt Erbe. „In einem solchen Fall ist ein Geschäftsleiter dazu verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag zu stellen. Im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit sollten sie unbedingt im Blick haben, dass die gesetzliche Frist dabei in der Regel nur drei Wochen umfasst und nicht sechs wie bei der Überschuldung.“ Ist mein Unternehmen noch zahlungsfähig? Da die wirtschaftliche Erholung weiterhin auf sich warten lässt, sollten sich Geschäftsleiter daher – so hart das zunächst klingen mag – regelmäßig auch mit der Frage „Ist mein Unternehmen noch zahlungsfähig?“ befassen. „Die Antwort auf diese Frage hat nicht nur für das Unternehmen, sondern gerade auch für Geschäftsleiter in Bezug auf ihre persönliche finanzielle Haftung eine große Bedeutung – Stichwort Insolvenzverschleppung“, fasst Erbe zusammen. Geschäftsleitern, deren Unternehmen sich in einer Krise befinde oder absehbar darauf zusteuere, rät Erbe, eine notwendige Restrukturierung oder Sanierung rechtzeitig angehen, solange ihr Unternehmen noch Reserven habe. „Fakt ist: Wenn Gegenmaßnahmen frühzeitig eingeleitet werden, bestehen bessere Chancen auf einen erfolgreichen und nachhaltigen Ausgang.“ Erfolgsfaktor Sanierung Gerade im Krisenfall gilt: Einfach abwarten und auf eine baldige Besserung der Konjunktur und der wirtschaftlichen Gesamtlage setzen, ist keine sinnvolle Strategie. Im Krisenfall sollten Geschäftsleiter auch eine Neuaufstellung mit Hilfe des Sanierungsrechts zumindest als Option ansehen. Denn ein Insolvenzantrag bedeutet nicht automatisch das Ende eines Unternehmens, sondern sowohl Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren als auch ein Regelinsolvenzverfahren bieten die Chance auf einen nachhaltigen Neuanfang. Wie ein solcher Neuanfang aussehen kann und welche Erfolgsfaktoren dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben – darüber haben Karsten Oberheide, der geschäftsführende Gesellschafter des Modehändlers Bonita, und Detlef Specovius von Schultze & Braun, der Bonita im Schutzschirmverfahren federführend begleitet hat, im Titel-Interview der April-Ausgabe 2023 von Krise & Chance gesprochen.

Thema Finanziell einst Die Insolvenzen von zahlreichen Gesellschaften der Signa-Immobiliengruppe verdeutlichen einmal mehr, dass Kreditrisiken für Banken gerade bei der Immobilienfinanzierung (weiter) an Bedeutung gewinnen, und das nicht nur bei noch im Bau befindlichen, sondern auch bei Bestandsimmobilien. Auch auf Basis der Ergebnisse der Herbst-Ausgabe 2023 des regelmäßigen NPL-Barometers der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management ist zudem davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung auch in den kommenden zwölf Monaten fortsetzen und die Zahl der notleidenden Kredite (Non Perfoming Loans) weiter ansteigen dürfte, insbesondere in den Bereichen Konsumentenkredite, Corporate Real Estate sowie Residential Real Estate. Forderungen gesicherter Gläubiger im Fokus „Für gesicherte Gläubiger – etwa Banken mit einem Grundpfandrecht – gibt es neben einer Insolvenzverwaltung mit der Zwangsverwaltung eine weitere Möglichkeit, ihr Ausfallrisiko zu minimieren, wenn eine Immobilie finanziell einsturzgefährdet ist“, sagt Rüdiger Bauch von Schultze & Braun. „Das Ziel einer Zwangsverwaltung ist es, die Forderungen des oder der am konkreten Objekt gesicherten Gläubiger zu befriedigen.“ Eine solche Befriedigung erfolgt etwa, indem der Zwangsverwalter Erträge wie Mieten und/ oder Pacht einzieht und für den oder die Gläubiger sichert. „Eine Zwangsverwaltung wird beim Amtsgericht beantragt und kann auch im Fall einer eingetretenen oder möglichen Insolvenz des Eigentümers zum Einsatz kommen“, sagt der Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, der bereits zahlreiche Zwangsverwaltungen bearbeitet hat. „Eine Zwangsverwaltung kommt alternativ zu oder kumulativ mit einer Insolvenz in Frage, zum Beispiel, falls ein Eigentümer eine Immobilie nicht mehr bewirtschaftet oder nicht mehr bewirtschaften kann. Es kann gute Gründe dafür oder dagegen geben, die Immobilie durch den Insolvenzverwalter bewirtschaften zu lassen.“ Eine Bestandsaufnahme ermöglichen Die Maßnahmen, die von einem Zwangsverwalter, aber auch einem Insolvenzverwalter bei einer Immobilie als erstes ergriffen werden, sind zunächst auf eine Bestandaufnahme gerichtet. Dann folgen Prüfungen zu erforderlichen + Notmaßnahmen und der Bewirtschaftung. „Oftmals ist es so, dass eine insolvente oder zwangsverwaltete Immobilie ziemlich heruntergewirtschaftet ist. In einem solchen Fall muss ein Verwalter bei den Lieferanten, den Behörden, aber auch den Mietern und den Mitarbeitenden sehr schnell das verloren gegangene Vertrauen Worauf Banken bei der Schieflage eines Eigentümers oder einer Besitzgesellschaft achten sollten, und welche Vorteile die Zwangsverwaltung einer Immobilie haben kann.

wiederherstellen“, erläutert Katharina Franke von Schultze & Braun. Die Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht ist auch als Insolvenzverwalterin einer der Gesellschaften der Project-ImmobilienGruppe eingesetzt, die in verschiedenen deutschen Städten Wohn- und Gewerbeimmobilien entwickelte. Den Faktor Zeit nicht unterschätzen Der Faktor Zeit ist in einer Insolvenz-, aber auch einer Zwangsverwaltung generell nicht zu unterschätzen – gerade angesichts der zahlreichen Maßnahmen, die während der Verwaltung umgesetzt werden müssen. „Da ist zum Beispiel die Mieterstruktur, die bei Bedarf angepasst werden muss“, sagt Franke. „Das geht von der Bindung und Gewinnung bonitätsstarker Mieter wenn nötig bis zur Trennung von schlechten Mietern. Zudem ist die Abstimmung mit den gesicherten Gläubigern essentiell, da diese die Maßnahmen unterstützen müssen, da sie diese ja auch finanzieren.“ Die Frage der laufenden Kosten Die Bewirtschaftung einer Immobilie ist grundsätzlich mit der Fortführung eines Unternehmens vergleichbar. Eine wichtige Frage ist: Können die laufenden Kosten aus den Mieteinnahmen gedeckt werden, also ist die Immobilie in einer Profit-Center Betrachtung zumindest cash-positiv hinsichtlich der laufenden Kosten? Ist das nicht der Fall, kann das negative Delta nur von einem Grundpfandgläubiger ausgeglichen werden, der daran etwa mit dem Blick auf den angestrebten Verkauf der Immobilie ein finanzielles Interesse hat. Ein solcher Verkauf kann dann zum Beispiel im Anschluss an eine Zwangsverwaltung stattfinden. Zwangsverwaltung geht vor Insolvenzantrag Bei den Maßnahmen, die im Zuge einer Zwangsverwaltung oder einer Insolvenzverwaltung einer Immobilie ergriffen werden, gibt es eine große Schnittmenge. „Gleichwohl bestehen zwischen beiden Verfahren Unterschiede, wobei die Besonderheiten einer Zwangsverwaltung gerade für gesicherte Gläubiger wie etwa Banken Vorteile haben“, sagt Bauch. So hat eine Zwangsverwaltung, die als Einzelvollstreckung auf die Befriedigung der Forderungen eines einzelnen oder weniger Gläubiger fokussiert ist, auch Bestand, wenn später ein Insolvenzantrag gegen den Eigentümer oder die Besitzgesellschaft gestellt wird. „Eine Bank kann also mit einer Zwangsverwaltung ihre Forderungen – etwa an den Mieten einer Immobilie – gegenüber anderen Gläubigern durchsetzen, und das auch, wenn diese Gläubiger zum Beispiel in die Mieten pfänden oder pfänden wollen.“ Weiterer Vorteil: Mieten, die im Zuge einer Zwangsverwaltung eingezogen werden, sind regelmäßig vor einer (späteren) Insolvenzanfechtung geschützt. turzgefährdet Unser Seminartipp Die 2. Bodensee Rechtstage sind die Fachtagung und das Branchentreffen der südwestdeutschen Insolvenz- und Sanierungsbranche die Sie nicht verpassen sollten. Seien Sie dabei, wenn sich am 13. & 14.05.2024 in Konstanz die Branche trifft.

T e r m i n e Februar/ März 2024 Experten-Round-Table: StaRUG 01.02.2024, online Eigenverwaltung in der Praxis 06.03.2024, online Insolvenz und Zwangsvollstreckung 12.03.2024, online Insolvenztabelle 14.03.2024, online Insolvenz & Sanierung im Automotive 15.03.2024, online Mitteldeutsche Rechtstage 18.03.2024 - 19.03.2024, Leipzig, Steigenberger Grandhotel Handelshof Basiswissen Insolvenzrecht für SachbearbeiterInnen 20.03.2024, online Cash-Pooling und Unternehmensverträge in Krise & Insolvenz 20.03.2024, online

April 2024 Bilanzanalyse in Sanierungs- & Insolvenzfällen 17.04.2024, online Professionelle Liquiditätsplanung in Krise und Insolvenz 23.04.2024, online Update Insolvenzanfechtungsrecht 26.04.2024, online

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