Krise & Chance Februar 2023

Krise Chance präsentiert von Februar 2023 Neues zu Restrukturierung und Insolvenz Tödliche Hilfe? Wie die Rückzahlung von Corona-Hilfen Sanierungen be- oder sogar verhindern kann

Weihnachtsgeschenk Kurz vor Weihnachten 2022 – knapp drei Jahre nach dem Insolvenzantrag – hat Dr. Dirk Pehl, der Insolvenzverwalter der Westiform GmbH & Co. KG den vereinbarten Sozialplan in voller Höhe an diejenigen Arbeitnehmer auszahlen können, die im Zuge der damaligen Übernahme aus dem Unternehmen ausscheiden mussten. Der Sozialplan hat ein Volumen von rund 630.000 Euro. Westiform hatte Ende Oktober 2019 Insolvenzantrag gestellt. Das Unternehmen zählte zu den größten Lieferanten für Lichtwerbung in Europa. Zum 1. August 2020 übertrug Dr. Pehl den Geschäftsbetrieb an den Finanzinvestor Pentapart und rettete damit rund 140 der vormals etwa 220 Arbeitsplätze. Ticker

Den 30. Juni werden sich in diesem Jahr nicht nur viele Unternehmer, sondern auch viele Insolvenz- und Eigenverwalter im Kalender markieren. Denn bis zu diesem Tag müssen die Schlussabrechnungen für gewährte Corona-Überbrückungshilfen eingereicht werden. Was den Aufwand dafür angeht, fühle ich mich durchaus daran erinnert, als ich vor nicht allzu langer Zeit wie sicherlich auch viele von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, damit beschäftigt war, die Grundsteuer-Erklärung auszufüllen. Da trifft es sich gut, dass im Titel-Interview dieser Ausgabe meine Kollegin Dr. Elske Fehl-Weileder und Stefan Schwindl von der MTG Wirtschaftskanzlei erläutern, worauf Insolvenz- und Eigenverwalter achten sollten, damit eine Sanierung trotz der Rückzahlung von Corona-Hilfen gelingen kann. Die Prüfung und Rückzahlung von Corona-Hilfen sorgt für ähnlich große Diskussionen wie der Richtlinienentwurf, den die EU-Kommission Anfang Dezember für die Harmonisierung der Insolvenzrechte vorgelegt hat. Meine Kollegin Dr. Annerose Tashiro ist Mitglied des Expertengremiums der EU und geht in ihrem Beitrag besonders auf die beiden Punkte ein, die viele im Zusammenhang mit dem Richtlinienentwurf beschäftigen: Das geplante Verfahren für Kleinunternehmen und das Pre Pack-Verfahren. Beim dritten Thema unserer Ausgabe wechseln wir die Perspektive. Mein Kollege Dr. Ludwig J. Weber spricht im Interview darüber, worauf Unternehmen in diesen in der Tat alles andere als einfachen Zeiten bei der Finanzierung achten sollten. Hatte doch gerade erst die quartalsweise Umfrage des Ifo-Instituts ergeben, dass Unternehmen schwerer an Kredite kommen. Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre. Ihr Tobias Hirte e d i t o r i a l

Ticker Der Transport- und Logistikbetrieb der Spedition KR Arena in Moosinning, westlich von Erding und südlich des Münchner Flughafens, läuft auch nach dem Insolvenzantrag in vollem Umfang weiter. Christoph Sorg , der vorläufige Insolvenzverwalter, wird in Kürze eine gezielte Suche nach möglichen Investoren starten. Der Rechtsanwalt, der unter anderem die Standorte Dingolfing und München von Schultze & Braun leitet, ist Spezialist für Transport- und Logistikunternehmen. KR Arena ist unter anderem für namhafte regionale Großunternehmen tätig und verfügt über ein modernes Logistiksystem, in dem Waren – hauptsächlich aus der Türkei – gelagert werden. Übernahme angestrebt Frank Schmitt und Alexander Eggen haben Ende Dezember eine Fortführungslösung für die traditionsreiche Höchster Porzellanmanufaktur verkünden können. Sie haben sich mit dem Land Hessen auf eine Übernahme geeinigt. Die Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) wird den Betrieb der zweitältesten Porzellanmanufaktur Deutschlands mit einem neuen Konzept weiterführen und damit das handwerkliche und künstlerische Know-how für Forschung und Lehre nutzen. Übernahme perfekt

Constantin Graf Salm-Hoogstraeten, der vorläufige Insolvenzverwalter der Alten Posthalterei in Zusmarshausen, bereitet zusammen mit der Belegschaft das Hotel und das Restaurant auf die Übernahme durch den neuen Pächter vor. „Die Vertragsverhandlungen mit dem neuen Pächter und dem Eigentümer sind weit vorangeschritten, und die Übernahme zum 1. Februar befindet sich auf der Zielgeraden“, sagt der Rechtsanwalt, der den Augsburger Standort von Schultze & Braun leitet. Damit zeichnet sich eine Fortführungslösung für das traditionsreiche Haus ab, in dem bereits Napoleon übernachtet hat. Übernahme auf der Zielgeraden Foto: .www.posthalterei.com Foto: www.kr-arena.de

Tödliche Hilfe? Wie die Rückzahlung von Corona-Hilfen Sanierungen be- oder sogar verhindern kann T i t e l

Im Interview erläutern Dr. Elske Fehl-Weileder und Stefan Schwindl, worauf Insolvenz- und Eigenverwalter achten sollten, damit eine Sanierung trotz einer Rückzahlung von CoronaÜberbrückungshilfen gelingen kann. Frau Fehl-Weileder, Herr Schwindl, eine eventuell anstehende Rückzahlung von Überbrückungshilfen stellt für viele krisengebeutelte Unternehmen eine große administrative und finanzielle Herausforderung dar. Was für Besonderheiten sind zu beachten, wenn das Unternehmen sich in einem Insolvenzverfahren befindet? Fehl-Weileder: Im Rahmen einer Sanierung ist Liquidität immer ein sehr knappes Gut. Muss ein Unternehmen in dieser Phase gewährte CoronaÜberbrückungshilfen zurückzahlen, steht das Geld nicht mehr für dringend notwendige Sanierungsbestrebungen zum Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze zur Verfügung. In der Folge drohen mehr Abwicklungen eigentlich sanierungsfähiger Unternehmen – die Unterstützungsleistungen können sich also als tödliche Hilfe erweisen. Schwindl: Indirekt führt ein Mehr an Abwicklungen für die Gläubiger zu finanziellen Verlusten. Sie erhalten in Insolvenzverfahren weniger Geld, was wiederum bei einigen zu einer Verschärfung der finanziell angespannten Lage und dadurch wiederum zu mehr Insolvenzen führen kann. Es wäre daher für alle Beteiligten von Vorteil, wenn die zuständigen Stellen zu einer pragmatischen Lösung bereit wären. Wie könnte eine solche Lösung aussehen? Schwindl: Wie bei Steuerforderungen wäre auch bei Corona-Hilfen eine Schätz-Lösung vorzugswürdig. Denn grundsätzlich ist nicht die Rückzahlung von gewährten Corona-Hilfen an sich das Problem. Der Betrag – also die Hilfe selbst – ist als Insolvenzforderung nach § 38 InsO zu werten, die zur Tabelle angemeldet werden kann. Für Insolvenz- und Eigenverwalter ist es von weitaus größerer Bedeutung, wie mit dem organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Schlussabrechnung umgegangen wird. Fehl-Weileder: Das hängt damit zusammen, dass alle Unternehmen, die Corona-Überbrückungshilfen beantragt und erhalten haben, verpflichtet sind, bis zum 30. Juni 2023 eine Schlussabrechnung einzureichen. Bei einem insolventen Unternehmen könnte es sein, dass die zuständigen Stellen davon ausgehen, dass nach § 80 InsO auch die Pflicht zur Einreichung der Schlussabrechnung auf den Insolvenzverwalter übergeht. Was bedeutet das? Fehl-Weileder: Um seiner Pflicht nachzukommen, muss der Verwalter einen Steuerberater beauftragen, was zu Masseverbindlichkeiten durch die Gebühren dafür führt. Doch was soll der Verwalter tun, wenn er nicht sicher sein kann, dass er die anfallenden Gebühren aus der Masse bezahlen kann, ohne die Verfahrenskostendeckung oder vollständige Tilgung aller anderen Masseverbindlichkeiten zu gefährden? In einem solchen Fall darf er einen Auftrag an den Steuerberater zur Erstellung der Schlussabrechnung nicht erteilen. Sonst wäre er womöglich nach § 61 InsO persönlich haftbar. Drohen denn Konsequenzen, wenn keine Schlussabrechnung eingereicht wird? Schwindl: Wird die Schlussabrechnung nicht fristgerecht oder überhaupt nicht eingereicht, ist der gesamte gewährte Hilfsbetrag zurückzuzahlen. Auch bei dieser Forderung handelt es sich um eine InsolT i t e l

venzforderung im Sinne des § 38 InsO, die zur Tabelle angemeldet wird. Wäre es da nicht einfacher, den gesamten Hilfsbetrag als Insolvenzforderung in die Tabelle zu nehmen, anstatt vorher eine aufwändige Schlussabrechnung zu machen? Schwindl: In der Tat könnte das eine Überlegung sein. Hinzu kommt, dass die Masseschmälerung durch die anfallenden Kosten für die Schlussabrechnung und die aus ihr resultierende Reduzierung der Quotenauszahlung in vielen Fällen größer sein dürfte als die Verminderung der Quote, die sich aus der Aufnahme der Gesamthilfe in die Tabelle ergibt. Es wäre also denkbar, dass ein Verwalter auf die Schlussabrechnung verzichtet. Allerdings müsste dann der Vergleichswert berechnet werden, den die Gläubiger aller Voraussicht nach erhalten hätten, wenn der Verwalter die Schlussabrechnung eingereicht hätte. Fehl-Weileder: Den Vergleichsbetrag zu ermitteln bringt aber nahezu dieselbe Arbeit mit sich wie die Erstellung der Schlussabrechnung – mit allen Belastungen für die Insolvenzmasse. Das bringt uns wieder zur bereits angesprochenen Schätz-Lösung. Welche Auswirkungen gibt es bei übertragender Sanierung und Insolvenzplan? Schwindl: Ein Erfolgsfaktor einer übertragenden Sanierung ist, dass es dabei keine Erwerberhaftung nach § 25 HGB gibt. Bei Corona-Hilfen kommt aber eine Haftung des Erwerbers unter Beihilfegesichtspunkten in Frage. Das ist dann der Fall, wenn – verkürzt dargestellt – der Erwerber durch die Fortführung des Geschäftsbetriebs den durch die Beihilfe – in diesem Fall die Corona-Hilfe – entstandenen Vorteil weiter nutzt und er für die Vermögenswerte keinen angemessenen Marktpreis gezahlt hat. Um eine solche Haftung auszuschließen ist ein transparentes und an den Anforderungen des EU-Beihilferechts orientiertes M&A-Verfahren essenziell – auch, um von Seiten des Verwalters eine etwaige Kaufpreisreduzierung aufgrund des Haftungsrisikos abzuwehren. Fehl-Weileder: Bei einem Insolvenzplan kann eine mögliche Rückforderung von Überbrückungshilfen zu einer zusätzlichen Herausforderung werden – in finanzieller wie auch in zeitlicher Hinsicht. Denn bis die Höhe der Rückzahlung von der zuständigen Stelle festgesetzt ist, vergehen sicherlich Monate. Zeit, die zum Beispiel in Schutzschirmverfahren oftmals nicht vorhanden ist. Zudem stellt sich bei Insolvenzplänen die Frage, mit wem der Planersteller über die Rückforderung und ihre Höhe im Vorfeld verhandeln kann. Eine Option könnte sein, die Schlussabrechnung nicht einzureichen und den vollen Hilfsbetrag als Rückzahlung zur Tabelle zu nehmen. So wäre zumindest die Höhe der Rückzahlung klar. Die Interviewpartner: Dr. Elske Fehl-Weileder ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht. Sie ist als Insolvenzverwalterin bei Schultze & Braun tätig. Stefan Schwindl ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner der MTG Wirtschaftskanzlei und verantwortet dort den Geschäftsbereich Insolvenzdienstleistungen.

Thema Profit für Export Im Zuge der Kapitalmarktunion, also eines vereinheitlichten und harmonisierten Kapitalmarktes innerhalb der EU, sollen Insolvenzen kalkulierbarer und einheitlicher werden. So hat die EU-Kommission im Dezember 2022 einen Richtlinienentwurf vorgelegt, mit dem sie die Harmonisierung der nationalen Insolvenzrechte vorantreiben will. „Wichtig ist, dass Harmonisierung nicht Vereinheitlichung, sondern Angleichung bedeutet“, sagt Dr. Annerose Tashiro. Die Leiterin der Internationalen Abteilung von Schultze & Braun ist Mitglied des Expertengremiums der EU bei der Harmonisierung der Insolvenzrechte. „Ich halte es für essenziell, die Harmonisierung mit der europäischen Brille zu sehen. Die EU-Kommission versucht nicht, gezielt in die deutsches Insolvenzrechtspraxis einzugreifen, sondern will EU-weit angeglichene Standards setzen. Ob und was davon in Deutschland umzusetzen ist, wird erst im übernächsten Schritt beantwortet.“ Anfechtungsrecht Wichtig aus Banken- und Gläubigersicht sind einheitliche Standards bei der Anfechtung. „Hier hat Deutschland im EU-Vergleich bereits ein hohes Maß an Ausgestaltung und Komplexität erreicht. Durch die Harmonisierung sind dabei wenig Änderungen zu erwarten.“ Neue Chancen Für kleinere Unternehmen sieht Tashiro neue Chancen. Im Richtlinienentwurf ist ein vereinfachtes, Die europäische B regelmäßig verwalterloses Verfahren für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten vorgesehen, die höchstens zwei Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. In Deutschland machen solche Verfahren rund 85 Prozent der Insolvenzen aus. „Oft reicht jedoch in Verfahren von Kleinstunternehmen die Insolvenzmasse nicht aus, um sie zu eröffnen, weil bereits die Verfahrenskosten nicht gedeckt sind“, sagt Tashiro. „Da können Gläubiger ihre Forderungen nur abschreiben, und auch für die Insolvenzverwalter sind solche Verfahren alles andere als auskömmlich.“ Größer als das einzelne Verfahren Zudem komme bei der Vielzahl an kleinen Verfahren ein volkswirtschaftlicher Aspekt zum Tragen, der laut Tashiro nicht zu unterschätzen sei. Nach den Plänen der EU soll die Kostendeckung in Kleinverfahren künftig staatlich garantiert werden. Das Verfahren kann somit eröffnet werden und erlaubt zudem die Restschuldbefreiung für die Unternehmerfamilie oder andere Personen, die persönlich mit ihrem Privatvermögen für die Schulden ihres Unternehmens haften. „Der Unternehmer kommt so aus seinen Schulden heraus und kann neu starten. Die Gläubiger profitieren von einem ordnungsgemäßen Verfahren und können mit dem Unternehmer weiter Geschäfte machen. Vor allem bekommen die Unternehmer eine zweite Chance, etwas aufzubauen. Das ist auch volkswirtschaftlich besser als jahrelang alle Einkünfte über der Pfändungsfreigrenze an die Gläubiger abzuliefern.“ Die EU hat 27 Mitgliedsstaaten und damit 27 unterschiedliche Rechtssysteme. Das führt gerade bei Insolvenzen größerer Unternehmen – die nur noch selten national, sondern zumeist über Ländergrenzen hinweg stattfinden – zu Herausforderungen.

fahren von einem sogenannten Monitor, der nach der Übernahme in der Liquidationsphase die Restabwicklung übernehmen soll. Die Gerichte spielen bei den Pre Pack-Verfahren eine wichtige Rolle: Sie sollen laut Entwurf bewerten, ob ein Kaufangebot im besten Interesse der Gläubiger ist und den Verkauf genehmigen. Zudem sollen die Gerichte entscheiden, ob Verträge, die übergehen sollen, tatsächlich für die Fortführung wichtig sind und welche im Schuldnerinteresse beendet werden. „Die Aufgaben, die auf die Gerichte zukommen, sind komplex und vielschichtig. Bis dato laufen übertragende Sanierungen ohne gerichtliche Beteiligung ab. Das wird für die Gerichte eine Aufgabe mit erhöhtem fachlichen Abstimmungs- und Zeitaufwand“, sagt Tashiro. Asset Tracing-Register Neben dem Pre-Pack- und dem KleinunternehmenVerfahren enthält der Vorschlag auch eine Insolvenzantragspflicht und daran anknüpfende Haftungsregeln für ganz Europa. Ebenfalls interessant sind Vorschriften zur Erleichterung des Asset Tracing. „Das geplante europäische Register und ein zentraler Zugang für Kontodaten und Grundbücher wird bei grenzüberschreitenden Insolvenzen sehr hilfreich sein“, ist sich Tashiro sicher. „Bis dato musste das für jedes Land einzeln geprüft werden oder man war angewiesen, rein zufällig über Hinweise zu stolpern.“ Digitalisierung und Automatisierung Maßgeblich für das neue vereinfachte Verfahren ist, dass viele Verfahrensschritte digital und automatisiert ablaufen sollen – etwa bei der Anmeldung und Anerkennung von Forderungen der Gläubiger. Nach dem Vorschlag soll das Kleinunternehmen-Verfahren zudem ohne Verwalter ablaufen. Dabei erhält das Schuldnerunternehmen einen Vertrauensvorschuss, muss aber gleichzeitig im Verfahren eine aktive Rolle übernehmen. „Gläubiger haben die Möglichkeit, in bestimmten Konstellationen einen Verwalter zu fordern, müssen sich aber an dessen Kosten beteiligen“, sagt Tashiro. „Die Kleinverfahren sollen zudem nicht zwingend bei den Gerichten angesiedelt sein. Es wäre auch eine eigene, neu geschaffene Stelle oder Behörde möglich. Dadurch würden auch die Gerichte nicht belastet.“ Eine echte Kostenfrage Die Gerichte benötigen aber trotzdem mehr Kapazitäten, um sich um das im Richtlinienentwurf vorgesehene Pre-Pack-Verfahren zu kümmern, das sich in eine Vorbereitungs- und eine Liquidationsphase unterteilt. „Mit diesem Verfahren wäre es möglich, eine schuldenfreie Unternehmensübernahme bereits vor der Insolvenzeröffnung vorzubereiten. Eine solche ist zwar auch schon jetzt mit der übertragenden Sanierung möglich, allerdings ziehen sich Übernahmen insolventer Unternehmen oftmals bis nach der Eröffnung hin – mitunter sogar Monate. Das ist dann eine echte Kostenfrage, wie zum Beispiel die Gehälter im eröffneten Verfahren gedeckt werden. Dies ließe sich mit dem Pre-Pack-Verfahren reduzieren“, sagt Tashiro. Begleitet wird das Pre-Pack-VerBrille aufsetzen

Herr Weber, laut einer Umfrage des Ifo-Institut hat jedes dritte Unternehmen, das im Dezember Kredite verhandelt hat, bei den Banken merkliche Zurückhaltung gespürt. Wie schätzen Sie das ein? Weber: Tatsächlich sind die Finanzierer bei der Kreditvergabe „strenger“ geworden. Bei der letzten Befragung – im September 2022 – waren es noch unter 25 Prozent der Unternehmen, die die Zurückhaltung bei der Kreditvergabe gespürt haben, darunter vor allem Dienstleister. Von den Kleinstunternehmen und Selbstständigen klagte jeder Zweite über die Schwierigkeit, Kredite zu erhalten. Der Wunsch nach Krediten ist nachvollziehbar: Es ist zu beobachten, dass immer mehr Unternehmen Bedarf nach Restrukturierungen und Sanierungen haben. Ein Ende kann ein Anfang sein Thema „Multi-Dauerkrise“ hat gute Chancen, zum Unwort des Jahrzehnts zu werden – zumindest aus Sicht der deutschen Unternehmen. Denn sie spüren neben den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krisen, die sich die Klinke in die Hand geben, nun auch die restriktive Kreditvergabe der Banken aufgrund der hohen Zinsen. Dr. Ludwig J. Weber, Finanzierungs- und Sanierungsspezialist bei Schultze & Braun beleuchtet im Interview, worauf deutsche Unternehmen achten sollten, um ihre Finanzierung im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltig zu gestalten.

Welche Gründe hat diese Entwicklung? Weber: Das sind zum einen immer noch die wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie, mit denen vor allem der NonFood-Einzelhandel weiterhin zu kämpfen hat. Zum anderen sind weiterhin viele Lieferketten gestört, der Krieg in der Ukraine und in dessen Folge die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise – mittlerweile kann man von einer „Multi-Dauerkrise“ sprechen. Allerdings ist jedes Unternehmen anders von den Herausforderungen betroffen. Und wie gelangen Unternehmen in dieser herausfordernden Situation an Kredite? Weber: Finanzierer wollen in Geschäftsmodelle investieren, die langlebig und erfolgreich sind. Geschäftsführer tun gut daran, beim Thema Nachhaltigkeit auch an Langlebigkeit zu denken. Besonders in Krisenzeiten wie diesen ist das wichtig – gerade dann, wenn ein Unternehmen Kapital für die eigene Restrukturierung benötigt. Der Finanzierer will wissen: Kann man mit dem neuen Geschäftsmodell wirklich Geld verdienen? Hier gilt: Transparenz ist Trumpf. Der zeitliche Horizont von Kapital und Vermögen muss stets zusammenpassen: Langfristig gebundenes Anlagevermögen sollte durch Eigen- oder langfristiges Fremdkapital gedeckt sein. Einerseits soll das Eigenkapital zum Verlustausgleich und als Haftungsfunktion dienen, andererseits auch, um neue Geschäftsaktivitäten zu finanzieren. Wie kann ein Insolvenzverfahren zum nachhaltigen Fortbestand eines Unternehmens beitragen? Weber: Zunächst einmal ist es so, dass ein Insolvenzantrag nicht zwangsläufig das Ende der Unternehmensgeschichte bedeutet. Vielmehr kann eine Sanierung mit Hilfe der Instrumente des Insolvenzrechts, sofern sie gut geplant ist, die Chance auf einen Neuanfang darstellen und in vielen Fällen das Unternehmen aus einer finanziellen Krise wieder auf eine finanziell gesunde Basis stellen. Dabei gilt: Die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Sanierung ist höher, wenn man die Gründe für eine mögliche finanzielle Schieflage früh erkennt und schnell und direkt angeht. Sie sprechen von einer Insolvenz als Weg aus der Krise. Wie sieht das konkret aus? Weber: Die erste Untersuchung zur Nachhaltigkeit von Unternehmenssanierungen, die wir als Schultze & Braun im März des vergangenen Jahres veröffentlicht haben, zeigt, dass sowohl Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren, aber auch Regelinsolvenzverfahren für erfolgreiche und nachhaltige Unternehmenssanierungen stehen. Zudem steht Unternehmensentscheidern mit der vorinsolvenzlichen Sanierung des StaRUG seit rund zwei Jahren eine Möglichkeit zur Verfügung, bei der sie „unter dem Radar“ eine finanzielle Kurskorrektur durchführen können. Funktioniert das auch, wenn sich ein Unternehmen ratingmäßig im Sub-Investment-Bereich befindet? Weber: Die Lösungsfindung in solchen Fällen sollte bei den Ursachen für das schlechte Rating ansetzen: Ist es ein rein finanzielles Problem oder sehen wir grundlegende Schwächen des Geschäftsmodells? Muss man sich von nicht rentablen Standorten, Produkten oder Mitarbeitern trennen? Erdrücken Schulden das Unternehmen, das aber über ein grundsätzlich rentables Geschäftsmodell verfügt? Von der Antwort auf diese Fragen hängt das optimale Verfahren ab, das man für die Sanierung wählen sollte. Ein Gespräch mit einem Experten, der die Sanierung begleiten kann, bringt Geschäftsführer meistens einen guten Schritt weiter. Mehr zu den Besonderheiten bei finanziellen Restrukturierungen und der Langlebigkeit von Unternehmensfinanzierungen lesen Sie in den beiden Interviews mit Dr. Ludwig J. Weber auf dem Blog von Schultze & Braun.

T e r m i n e Februar 2023 Insolvenz und Sanierung von Krankenhausbetrieben 27.02.2023, online Insolvenz natürlicher Personen 15.02.2023, online Sanierungskredite 28.02.2023, online Die Assistenz: Ein Allround-Talent 14. – 15.02.2023, online Selbst- und Task-Management 4.0 16.02.2023, online

März 2023 Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz 10.03.2023, online Insolvenzrecht: intensiv und kompakt 30.03.2023, online Update Insolvenzanfechtungsrecht 27.03.2023, online Cash-Pooling, EAV & Unternehmensverträge 23.03.2023, online Die Eigenverwaltung nach SanInsFoG und IDW S9 2022 29.03.2023, online LeasingFORUM 16. und 17.03.2023, Präsenz Berlin, Maritim pro Arte Update Factoring 30.03.2023, online Erfolg durch Fokus und Konzentration 27.03.2023, online Erfolgsfaktor Kommunikation 23.03.2023, online Kontopfändungen rechtssicher bearbeiten 22.03.2023, online

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